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Roter Staub

Roter Staub

Titel: Roter Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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zurückgebunden.
    Die andere Person, in einem weißen Lederanzug, der vor
Kieseln funkelte, dessen Vorderseite v-förmig bis zum Nabel
offenstand, war der ›King of the Cats‹. Um seine Schultern
lag ein weißes Cape, durchwirkt mit Goldstoff, der ausgestellte
Kragen innen scharlachrot. Sein breiter goldener Gürtel trug die
Aufschrift ›The World Champion Entertainer‹. An seinen
Fingern glitzerten mit Diamanten, Rubinen und Smaragden besetzte
Ringe.
    Ohne ein Gefühl von Ehrfurcht oder Überraschung stand
Lee auf und folgte Miriam und dem ›King of the Cats‹ ins
Licht.
    Sie befanden sich in einer durchsichtigen Kugel, die an einer
Seitenwand eines ausgehöhlten Felsens im
sternübersäten Himmel hing. Wie Geister trieben sie in der
kühlen Luft, die nach Pinien duftete.
    »Es ist noch immer zu früh, um Bedauern zu
empfinden«, sagte Miriam, »aber ich weiß, daß
dies ein Ort ist, den ich vermissen werde.« Ihr langes blondes
Haar lag ihr fächerförmig um das Gesicht. Wie das Haar war
auch ihre Haut gebleicht.
    Lee fragte: »Hier hast du gelebt?« Er mußte
einfach unentwegt den King ansehen, der grinste und ihm
zublinzelte.
    »Dies ist nur ein Raum. Ich bin hergekommen, um anzuschalten,
einzustellen und auszusteigen. Der größte Teil des Nexus
besteht aus Agoraphoben. Sie mögen Tunnel und kleine Kammern,
Wärme und rotes Licht. Sie mögen es, sich aneinander zu
kuscheln.«
    »Arme kleine Anarchisten!« sagte der King. »Sie
fürchten das brodelnde Schweigen der Leere!« Sein
glänzendes schwarzes Haar war ebenso wie Lees Haar glatt
zurückgekämmt. Oder war es andersherum? Er pflückte
ein weißes Seidentuch aus der Luft und legte es sich um den
Hals. »Hör genau zu«, sagte er, »und du kannst
das Echo des Worts hören, das Gott sprach, um das Universum zum
Leuchten zu bringen.«
    Lee fragte sich, welchen Gott er meinte.
    »Es gibt viele Götter«, sagte Miriam. »Ja,
natürlich kann ich deine Gedanken lesen, Wei Lee. Sind wir nicht
darin?«
    »Red gefälligst von dir«, sagte der King. Ein
Winkel seines Munds mit den vollen Lippen hob sich genau zu dem
Ausdruck, mit dessen Einübung Lee soviel Zeit verbracht hatte.
»Ich bin nur auf Besuch. Und, nebenbei bemerkt, in dieser
gegenwärtigen Inkarnation bin ich zu jung für diesen
SFigen-Anzug. Aber, hee, gib dir keine Mühe, mich altern zu
lassen. Körperwirklichkeit ist relativ.«
    Lee fragte: »Ihr kennt einander?«
    Der King hob die Schultern. »Über die Jahre hinweg habe
ich die eine oder andere von Miriams Inkarnationen gekannt. Sie ist
ein populärer Agent auf beiden Seiten. Ein richtiger Knaller.
Ein Colt, wenn du weißt, worauf ich
hinauswill.«
    »Wie in Frankie and Johnnie? Der mit der wirklichen
Kugel, wo er doch leer sein sollte?«
    Der King sagte gedehnt: »Nun, ich habe stets Flaming Star den Vorzug gegeben.«
    »Lee, ich habe dir gesagt, daß mein genetischer
Ursprung Besitz war«, sagte Miriam, wobei sie dem ›King of
the Cats‹ einen verzweifelten Blick zuwarf. »Miriam ist
mein eigener Geburtsname, Makepeace ist der Handelsname meiner
Klon-Ahnenreihe, Mbele der Name der Familie, welche den Nexus besitzt
und mich besitzt. Es ist nicht so wie Sklaverei, weil ich
schließlich legal tot bin. Ich habe keine Rechte, ansonsten
würden die Toten alles besitzen.«
    »Tun sie auch, auf der Erde«, sagte der King.
    »Niemand besitzt dort irgend etwas. Das ist der
Punkt.«
    »Niemand besitzt das Leben, aber jeder, der eine Bratpfanne
besitzt, besitzt den Tod. Den Toten gehört die Erde, also
gut.«
    »Ich habe geglaubt, jeder auf Erden würde die
Muttergottheit der Welt verehren«, sagte Lee. Er verspürte
eine Ruhe, als schwebte er einen Zentimeter über dem eigenen
Schädel. Ein Aussichtspunkt. Ein Beobachter.
    Der King sagte: »Niemand auf Erden ist am Leben gelassen
worden, außer so eine Art Wiederauferstandener wie Miriam hier.
Alte Genotypen in neuen Körpern. Du kennst sie als Conchies. Sie
tun das Werk des irdischen Konsens, und der irdische Konsens dient
der Muttergottheit der Welt. Welche die Welt ist, kapiert? Die
Erde lag im Sterben, erstickte am Müll der menschlichen
Zivilisation, an Überhitzung, an Kohlendioxid. Der irdische
Konsens hatte zwei Wahlmöglichkeiten, den irdischen Orbit weiter
von der Sonne wegzubewegen oder die Quelle des Problems zu
beseitigen. Die erste Lösung war technisch nicht machbar, also
hat er die zweite angewendet.«
    »Oh, sie war technisch machbar«, sagte Miriam.
    »Nicht, ohne den Mond zu verlieren

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