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Roter Zar

Roter Zar

Titel: Roter Zar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Eastland
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Zukunft. Aber das alles musste vorerst warten. Obwohl Alexej nach außen hin gefestigt wirkte, konnte Pekkala nur mutmaßen, wie sehr ihn die Ereignisse, deren Zeuge er geworden war, innerlich mitgenommen hatten oder wie sehr er unter seiner Krankheit litt. Kämen solche Erinnerungen zu schnell an die Oberfläche, erginge es ihm vermutlich wie einem Tiefseetaucher, der hochgezogen wurde, ohne sich an den Druck der Welt über dem Wasser anpassen zu können.
    »Mein Leben war nicht einfach«, sagte Alexej, »seitdem wir uns das letzte Mal gesehen haben.«
    »Das bezweifle ich nicht, Exzellenz«, sagte Pekkala. »Aber es gibt allen Grund, optimistisch in die Zukunft zu sehen.«
    »Glauben Sie das wirklich, Pekkala? Kann ich den Leuten in Moskau, zu denen Sie mich bringen, wirklich vertrauen?«
    »Ich gehe davon aus, dass Sie lebend wertvoller sind als tot.«
    »Und falls sie mich wirklich am Leben lassen, was dann?«, fragte Alexej.
    »Das hängt nur von Ihnen ab«, erwiderte Pekkala.
    »Das bezweifle ich, Pekkala. Mein Leben hat noch nie mir gehört, ich habe noch nie tun und lassen können, was ich wollte.«
    »Momentan bleibt uns meiner Meinung nach nichts anderes übrig, als nach Moskau zu fahren und die Bedingungen, die Ihnen angeboten werden, zu akzeptieren.«
    »Vielleicht findet sich eine andere Möglichkeit«, sagte Alexej.
    »Wie auch immer, ich werde jedenfalls mein Bestes tun, um Ihnen zu helfen.«
    »Ich möchte nichts anderes als die Chance auf ein normales Leben.«
    »Manchmal«, sagte Pekkala, »glaube ich, dass Ihr Vater mit Freuden allen Reichtum und alle Macht aufgegeben hätte, um genau das zu bekommen.«
    »Ich hätte gern meine Unabhängigkeit. Ansonsten bin ich nichts anderes als ein Tier im Zoo, eine Kuriosität, die auf die Freundlichkeit von Fremden angewiesen ist.«
    »Da haben Sie recht«, sagte Pekkala. »Aber welche Form von Unabhängigkeit meinen Sie?«
    »Mein Vater hat einen Teil seines Reichtums versteckt«, sagte Alexej.
    »Ja«, antwortete Pekkala. »Allerdings weiß ich nicht, wie viel oder vor allem wo.«
    »Das kann nicht stimmen. Mein Vater hat Ihnen in allem vertraut.«
    »Es gab da einen Offizier, Koltschak …«
    »Ja«, unterbrach Alexej plötzlich voller Ungeduld. »Ich weiß von Koltschak. Ich weiß, er hat Vater geholfen, das Gold zu verstecken, aber er wäre nie das Risiko eingegangen, niemandem zu sagen, wo das Versteck liegt.«
    »Genau das habe ich auch zu hören bekommen, als ich in der Butyrka einsaß, aber selbst dort hat man mir schließlich geglaubt.«
    »Weil Sie durchgehalten haben, Pekkala! Man hat Sie nicht brechen können.«
    »Exzellenz«, sagte Pekkala, »man hat mich gebrochen.«

Auf dem Weg hinunter in den Keller des Gefängnisses strichen seine Fingerspitzen über schwarze Wände aus groben Felsplatten. Sie betraten einen Raum mit einer sehr niedrigen Decke, von der das Kondenswasser tropfte. Die dunkle Erde unter seinen Füßen war so weich wie Puder.
    Die Wärter ließen Pekkala los, und er fiel auf die Knie. Im Licht der vergitterten Glühbirne erkannte er, dass jemand in der Ecke kauerte. Er sah kaum wie ein Mensch aus, eher wie ein blasses, unbekanntes Wesen, das aus den Tiefen der Erde emporgeholt worden war. Der Mann war nackt, er hatte die Beine von sich gestreckt und bedeckte das Gesicht mit den Händen. Sein Kopf war geschoren und übersät mit Abschürfungen.
    Pekkala sah sich um. Verborgen im Schatten standen noch weitere Wärter, sie trugen alle die olivbraune Tscheka-Uniform und blaue, in die kniehohen Stiefel gestopfte Hosen.
    Einer der Männer ergriff das Wort.
    Pekkala erkannte die Stimme sofort: Stalin.
    »Maxim Platonowitsch Koltschak …«
    Koltschak?, dachte Pekkala. Erst dann, bei einem weiteren Blick auf die nackte Gestalt, erkannte er unter den Wunden und Abschürfungen die Gesichtszüge des Kavallerieoffiziers.
    »Sie«, fuhr Stalin fort, »sind konterrevolutionärer Aktivitäten sowie des Diebstahls von Staatseigentum und des Missbrauchs von Rang und Privilegien für schuldig befunden worden. Hiermit werden Sie zum Tode verurteilt.«
    Koltschak hob den Kopf. Als sein Blick auf Pekkala fiel, versuchte er zu lächeln. »Ich grüße Sie, Pekkala«, sagte er. »Ich möchte Ihnen nur sagen, dass ich nichts verraten habe. Sagen Sie Seiner Exzellenz …«
    Die Schüsse hallten ohrenbetäubend durch den engen Raum.
    Pekkala presste die Hände auf die Ohren. Sein Körper zuckte.
    Als die Schüsse verstummt waren, trat Stalin vor und

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