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Roter Zar

Roter Zar

Titel: Roter Zar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Eastland
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den Wänden.
    Pekkala sog die modrige Luft ein, huschte zum Eingang des alten Abstellraums und spähte hinein. Er erkannte kaum mehr als die gestreifte Tapete in dem fahlen Licht. Nur der pudrige, abgebröckelte Verputz am Boden schimmerte wie verdreckter Schnee.
    Erneut hörte er das Weinen, und dann entdeckte er eine Gestalt, die in der hintersten Ecke mit dem Gesicht zur Wand kauerte.
    Anton trat neben Pekkala, seine Augen leuchteten in der Dunkelheit.
    Auf ein Nicken von Pekkala stürzten die beiden Männer in den Raum.
    Die kniende Gestalt drehte sich um. Ein Mann. Aus seinem Weinen wurde ein schreckliches Wehklagen.
    »Erschieß ihn!«, schrie Anton.
    »Nein! Bitte nicht!« Der Mann kauerte vor Pekkalas Füßen.
    Anton legte ihm die Waffe an den Kopf.
    Pekkala schlug die Waffe weg und packte den Fremden am Kragen. »Die Laterne!«, rief er zu Kirow.
    »Tun Sie mir bitte nicht weh!«, wimmerte der Fremde.
    Ein Streichholz flammte auf. Kurz darauf fiel der sanfte Lichtschein der Laterne auf die Wände.
    Pekkala stieß den Mann nach hinten und zwang ihn auf den Rücken.
    Die Laterne in Kirows Hand schwang hin und her, Schatten huschten über die von Einschusslöchern zerrissenen Wände.
    Der Mann hielt sich die Hände vors Gesicht, als würde ihn das Licht blenden.
    »Wer sind Sie?«, fragte Pekkala.
    »Nehmen Sie die Hände weg!«, schrie Kirow.
    Langsam glitten die Finger zur Seite. Der Mann hatte die Augen fest geschlossen, das Gesicht wirkte im Lichtschein der Laterne unnatürlich blass. Er hatte eine breite Stirn, ein festes Kinn, dazu einen dunklen Oberlippenbart und einen sauber gestutzten Vollbart.
    Pekkala schob Kirows Arm fort, damit die Laterne dem Mann nicht mehr direkt ins Gesicht leuchtete.
    Zögernd schlug er die Augen auf.
    »Pekkala!«, murmelte er.
    »Mein Gott«, flüsterte Pekkala. »Alexej.«
     
    »Wie können Sie sich so sicher sein?«, zischte Kirow.
    Er war mit Pekkala in den Hof gegangen. Drinnen bewachte Anton den Fremden.
    »Er ist es«, sagte Pekkala. »Ich weiß es.«
    Kirow packte Pekkala am Arm und schüttelte ihn. »Es ist mehr als zehn Jahre her, dass Sie Alexej das letzte Mal gesehen haben. Ich frage noch einmal: Wie können Sie sich so sicher sein?«
    »Ich habe Jahre mit den Romanows verbracht«, erklärte Pekkala. »Deshalb hat das Büro für besondere Operationen mich angefordert. Damit ich sie identifizieren kann, egal, ob sie tot oder noch am Leben sind. Und ich sage Ihnen, das ist Alexej. Er hat das Kinn, er hat die Stirn seines Vaters. Auch wenn Sie nur Bilder der Familie kennen, sollten für Sie keinerlei Zweifel bestehen, dass er ein Romanow ist.«
    Zögernd ließ Kirow Pekkalas Arm los. »Ich glaube, er ist auch derjenige, den ich in der Nacht vor dem Fenster gesehen habe.«
    »Sie haben doch selbst gesagt, er hätte wie der Zar ausgesehen.«
    »Also gut«, sagte Kirow. »Aber angenommen, er ist tatsächlich Alexej, was zum Teufel treibt er hier?«
    »Genau das werde ich herausfinden.«
    Kirow nickte zufrieden. »Wenn wir also einer Meinung sind, würde ich sagen, dass wir so schnell wie möglich aufbrechen. Solange wir ihn nicht nach Moskau geschafft haben, ist niemand sicher hier.«
    »Anton soll Wache halten«, sagte Pekkala. »Ich will ihn nicht im Zimmer haben, wenn wir Alexej befragen. Er hätte ihn unten im Keller fast erschossen.«
    Sie brachten den Mann in die Küche. Er nahm am Tisch Platz, Kirow und Pekkala setzten sich ihm gegenüber.
    Anton stand draußen im Hof. Er wirkte erleichtert, bei der Befragung nicht dabei sein zu müssen. Seit dem Anschlag auf Majakowski schien es für ihn nichts anderes mehr zu geben, als so schnell wie möglich die Stadt zu verlassen.
    Es war immer noch mitten in der Nacht.
    Eine Laterne stand auf dem Tisch, ihre gleichmäßig vor sich hin brennende Flamme wärmte ein wenig den Raum.
    Der Wind pfiff durch den Pappkarton, mit dem sie das zerbrochene Küchenfenster notdürftig zugeklebt hatten.
    Alexej sah krank und ungepflegt aus. Er war vorzeitig gealtert, er saß da mit eingefallenen Schultern und kratzte sich nervös am Arm, während er redete. »Man hat mir gesagt, Sie wären fort, Pekkala, aber das habe ich nie geglaubt. Als ich hörte, dass Sie nach Swerdlowsk zurückgekehrt sind, musste ich mich selbst davon überzeugen, dass es stimmt.«
    »Das haben Sie gehört?«, fragte Kirow. »Wer hat Ihnen das erzählt?«
    »Wer sind Sie, um mit mir in diesem Ton zu reden?«, erwiderte Alexej.
    »Ich bin Kommissar Kirow, und sobald

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