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Rotes Gold: Ein kulinarischer Krimi. Xavier Kieffers zweiter Fall

Rotes Gold: Ein kulinarischer Krimi. Xavier Kieffers zweiter Fall

Titel: Rotes Gold: Ein kulinarischer Krimi. Xavier Kieffers zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Hillenbrand
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Männer die Fische aus dem Wasser. Sie arbeiten jeweils zu acht. Die Männer außen haben die längsten Gaffs, die in der Mitte sehr kurze.«
    »Warum?«
    »Das werden Sie gleich sehen.«
    Vier Männer kletterten nun auf den schmalen Steg zwischen Todeskammer und Bastardella und machten sich an dem Schott unterhalb des Kreuzes zu schaffen. Sie zogen an vier Griffen und wuchteten dünne Metallplatten empor. Der Durchgang unter Wasser öffnete sich. Kieffer konnte sehen, wie der ganze Ponton erzitterte, als die Fische durch die Öffnung schossen. Nach etwa fünf Minuten verschlossen die Männer das Schott wieder.
    »Wie genau funktioniert das mit der Todeskammer?«
    »Sie ist wie ein Behälter, der oben offen ist. Unter dem Ponton befindet sich ein geschlossenes Netz, vier Seiten, ein Boden. Es hängt zwanzig, dreißig Meter tief ins Wasser. Und es ist voller Fische. So unser Herr will.«
    Der Raís stand in seinem kleinen Boot. Gebieterisch breitete er die Arme aus und begann etwas zu rufen. Seine tiefe, klare Stimme war trotz des Meeresrauschens und des Tuckerns der Dieselmotoren klar zu verstehen, und Kieffer meinte, dass man sie noch am mehrere Kilometer entfernten Ufer würde hören müssen.
    »Na sarvirriggina a matri ri diu ri Tràpani!«
    Die Männer hatten ihre Mützen abgenommen und die Köpfe gesenkt. Zu Felipo tat es ihnen gleich.
    »Was sagt er? Ist das Sizilianisch?«

    »Ja. Er sagt: ›Ein Avemaria für die Muttergottes von Tràpani!‹«
    Der Raís hatte erneut zu sprechen begonnen. Zwischen den Anrufungen ließ er Pausen von etwa 15 Sekunden, vermutlich, damit die versammelte Mannschaft das Gebet im Stillen nachsprechen konnte. Zu Felipo übersetzte für ihn:
    »Ein Avemaria für Unsere Liebe Frau vom Rosenkranz!«
    »Ein Avemaria für die Mutter Gottes vom Kalvarienberg!«
    »Ein Avemaria für die Heilige Theresa.«
    »Ein Avemaria für die Madonna von Fatima!«
    »Ein Vaterunser für Joseph, unseren Schutzheiligen.«
    »Ein Vaterunser für den Heiligen Franziskus von Paola!«
    »Ein Vaterunser für das Heilige Herz Jesu!«
    »Ein Vaterunser für den Heiligen Antonius!«
    »Ein Vaterunser für den heiligen Petrus, auf dass er beim Herrn um einen guten Fang bitte.«
    Nun antworteten die Männer: »Möge Gott es gewähren.«
    Die Tonnarotti setzten ihre Mützen wieder auf. Der Raís gab ein Signal und ein viertes Boot wurde in Position gebracht, um die letzte offene Seite der Todeskammer zu schließen. Dann brüllte er: »Aisa!« Die Männer begannen nun, das Netz einzuholen, das an den Schandecks ihrer Schiffe festgemacht war und von dort in die Tiefe der Kammer hinabhing. Dabei sangen sie ein rhythmisches Lied.
    »Was singen sie?«
    »Ai-a-mola, ai-a-mola. Zieh, du Maure.«

    Fasziniert betrachtete Kieffer das Schauspiel, welches, wie er wusste, nur das Präludium zur eigentlichen Mattanza war. Das Netz musste unglaublich schwer sein. Die etwa 80 Fischer zogen es mit bloßen Händen aus dem Wasser, Stück für Stück, Masche für Masche. Währenddessen sangen sie unentwegt, immer wieder das seltsame Ai-a-mola, aber auch andere Seemannslieder, die ein Vorsänger anstimmte. Der Raís stand während der ganzen Prozedur still und unbeweglich in seinem Boot und starrte ins Wasser. Nur ab und zu fuhr seine Rechte in eine der Manteltaschen, griff nach etwas und führte es zum Mund. Dann kaute der Raís andächtig, um danach wieder in Starre zu verfallen.
    Irgendwann, Kieffer hatte jedes Zeitgefühl verloren, begann das dunkle Wasser in der Kammer sich aufzuhellen und in Bewegung zu geraten. Schließlich sah er sie. Thunfische, einige deutlich länger als ein Mensch, erschienen an der Wasseroberfläche. Das ganze Becken brodelte nun wie ein kochender Whirlpool, Gischt spritzte in alle Richtungen, während die Fische in Panik nach Luft schnappten und verzweifelt einen Ausweg aus der tödlichen Falle suchten. Doch es gab kein Entrinnen. Die Bluefins schlugen gegen die Beckenwände und gegeneinander, Blut vermischte sich mit weißem Schaum. Und in der Mitte dieses brodelnden Kessels aus Flossen, Mäulern und silberblau schimmernden Leibern stand ruhig der Raís in seinem Boot. Das Ganze dauerte wohl zehn Minuten, dann begannen die Fische zu erschlaffen. Ihre Augen wurden trübe, die Bewegungen kraftlos. Die Haut der Tiere verlor ihren Glanz. Der Raís riss nun die Arme empor und rief: »Spara a tunina!«
    Die Männer packten ihre Gaffs und begannen, diesterbenden Thunfische damit aus dem Wasser zu hieven. Die

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