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Rotes Meer

Rotes Meer

Titel: Rotes Meer
Autoren: Åke Edwardson
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vorstellen«, sagte Halders.
    »Das ist gut. Ohne Empathie erreichen wir in diesem Fall nichts. Den Fällen. Empathie und Fantasie.«
    »Jetzt redest du wie Winter.«
    »Ich rede wie ich selber.«
    Halders schwieg. Er gab der Frau hinter dem Tresen ein Zeichen und holte seine Brieftasche hervor.
    »Ich finde, das soll die Firma zahlen. Arbeitsfrühstück zur Mittagszeit.«
    Aneta Djanali beugte sich über den Tisch.
    »Was sollen wir tun, Fredrik?«
    Halders nahm die Rechnung entgegen und die Frau kehrte zum Tresen zurück. Er zog ein paar Scheine aus seiner Brieftasche und schaute auf.
    »Wie meinst du das?«
    »Ich glaube auch, dass einer oder mehrere in der Familie etwas wissen, was sie uns nicht erzählt haben. Aber wir müssen vorsichtig sein. Dieser Fall liegt anders, ganz anders. Alles ist anders.«
    »Ich weiß, Aneta.«
    »Wenn wir etwas erfahren wollen, müssen wir behutsam vorgehen und unsere Fragen sehr genau überlegen, und auch die Antworten müssen wir vielleicht anders deuten als üblich.«
    »Wenn wir überhaupt Antworten bekommen.«
    »Das werden wir.«
    Die Frau kam zurück und nahm das Geld entgegen. Ihr Äußeres verriet, dass sie aus einem Land im Nahen Osten stammte, aber vielleicht war auch sie in einem Krankenhaus in Göteborg geboren worden. Aneta Djanali sah ihr nach, als sie sich entfernte. Die Frau stellte sich wieder neben die Kasse. Hinter ihr schnitt ein Mann Fleisch von einem dicken Kebabspieß ab. Wenn Aneta Djanali gelegentlich Kebab aß, bevorzugte sie aufeinander geschichtete dicke Scheiben Lammfleisch, aber diese Art war in Schweden nicht bekannt. Der Begriff Kebab hatte ohnehin einen schlechten Klang. Wie etwas Zweitklassiges. Ein Import aus einem Teil der Welt, aus dem wir keine Importe haben wollen. Allenfalls Oliven. Oder Datteln. Datteln gab es seit den fünfziger Jahren in schwedischen Haushalten, vielleicht schon seit den vierziger Jahren. Datteln waren mittlerweile durch und durch schwedisch. Wie Kohlrouladen. Schwedische Kohlrouladen, keine orientalischen. Noch gab es keinen schwedischen Kebab, obwohl man die Kebabspieße selbst auf dem Land in jedem Nest bekam.
    Halders wollte sich gerade erheben, erstarrte jedoch.
    »Ist sie das nicht?« Er nickte zum Marktplatz vor dem Fenster. »Die Schwester?«
    Aneta Djanali drehte sich um. Sie sah eine Frau den hinteren Teil des Platzes rasch überqueren. Im ersten Moment war sie eine Silhouette vor der Sonne, dann hatten sich Anetas Augen an das Licht und den Abstand gewöhnt. Die Frau trug keinen Schleier, deswegen meinte Halders, sie erkannt zu haben, und er hatte Recht. Es war die siebzehnjährige Schwester des toten Hiwa. Aneta Djanali war ihr Name entfallen, aber sie hatte ihn in ihrem Notizbuch vermerkt. Plötzlich schämte sie sich, dass sie sich nicht an den Namen erinnern konnte.
    »Wo will die hin?« Halders ging schnell auf den Ausgang zu.
    »Wir können doch ni …«, sagte Aneta Djanali, aber Halders war schon auf dem Marktplatz.
    Die Frau war aus Aneta Djanalis Blickfeld verschwunden.
    Nasrin. Sie hieß Nasrin. Aneta Djanali hatte ihre Notizen hervorgeholt.
    Sie war Halders nach draußen gefolgt und spürte plötzlich Wind im Gesicht. Er war heiß und erinnerte sie an den Wind, den sie am Stadtrand gespürt hatte, als sie ihren Vater besucht hatte. Der Stadtrand war gleichzeitig der Rand der Wüste gewesen. Beides ging ineinander über.
    Aneta Djanali überquerte den Platz. Sie sah Fredrik in fünfzig Metern Entfernung. Er stand still, winkte, als er sie sah, drehte sich in verschiedene Richtungen.
    »Ich hab sie verloren«, sagte er.
    »Hat sie dich gesehen?«
    »Glaub ich nicht. Sie war schon weg, als ich hier ankam.«
    Vor ihnen lag ein größerer Parkplatz.
    »Sie kann ja nicht in ein Auto gestiegen sein«, sagte Halders. »Das hätte ich gesehen.«
    »Da hinten ist noch ein Parkplatz.«
    »Es gibt auch reichlich Wege.« Halders zeigte nach Westen. »Und Büsche.«
    »Ich glaube nicht, dass sie sich zu verstecken versucht«, sagte Aneta Djanali.
    »Jedenfalls möchte ich wissen, wohin sie unterwegs war«, sagte Halders.

    »Irgendwohin«, sagte Ringmar auf der Nachmittagskonferenz.
    »Nein«, sagte Halders, »ich hatte den Eindruck, dass sie möglichst schnell ein bestimmtes Ziel erreichen wollte.« Er sah Aneta Djanali an. »Oder?«
    »Ich weiß es nicht.« Sie wich seinem Blick aus.
    »Das weißt du sehr wohl.«
    »Es braucht ja nichts zu bedeuten«, sagte Bergenhem.
    Halders antwortete nicht. Er schien nicht
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