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Rotes Meer

Rotes Meer

Titel: Rotes Meer
Autoren: Åke Edwardson
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wahrscheinlich früher, aber mit nur vagen Details. Im Rauschgifthandel waren die Details immer vage.
    Und Winter musste sich um die Waffenfrage kümmern. Auf den Straßen, in den Gangs, gab es immer mehr Waffen. Was vor zehn Jahren undenkbar gewesen war, war jetzt alltäglich. Neue Mitbürger auf den Straßen, neue Waffen, mehr Waffen. Abrechnungen mit Schusswaffen auf Plätzen, in Restaurants, auf den Straßen. An Stränden, Abrechnungen unter Gangstern al fresco.
    Winter hielt vor einer roten Ampel in der Avenyn. An diesem warmen Sommerabend waren viele Leute unterwegs. Winter versuchte sich zu erinnern, welcher Tag es war, gab jedoch auf. Im letzten halben Jahr hatte er die Übersicht verloren, und es war schwer, die Gewohnheit zu durchbrechen. Montag, Dienstag, Freitag, Sonntag. Sonntag war es nicht, das wusste er, doch das war auch alles.
    Sein Handy klingelte. Es lag auf dem Beifahrersitz. Die Nummer auf dem Display kannte er.
    »Ja, Bertil?«
    »Pia ist da gewesen. Sie sagt, es ist irgendwann gegen Morgen passiert.«
    »Morgen? Wann am Morgen?«
    »Früh, ein paar Stunden nach Mitternacht, bis spätestens sieben.«
    Die Ampel sprang auf Grün um und Winter fuhr an.
    »Die Frage ist, wann Said den Laden betreten hat«, sagte er.
    »Ja. Pia meint, die Schüsse müssen in dieser Zeitspanne in der Morgendämmerung gefallen sein. Aber das wissen wir ja.«
    Bisher hatten sie noch keinen Zeugen gefunden, der die Schüsse gehört hatte. Das war merkwürdig. Als hätten die Mörder Schalldämpfer benutzt. Aber nach den Verletzungen der Opfer zu urteilen, war das nicht möglich. Die Hauswände dämpften etwas, allerdings nicht sehr. Der Laden war vielleicht zu weit entfernt von den Mietshäusern. Dort hatte man die Schüsse womöglich für Verkehrsgeräusche, Fehlzündungen oder für irgendein anderes Geräusch der Sommernacht gehalten.
    Sie könnten es testen. Ein paar Schüsse abgeben.
    »Wir wissen nicht, ob sich noch mehr Personen im Laden befunden haben«, sagte Winter. »Abgesehen von den Opfern und den Mördern.«
    »Jemand, der entkommen konnte, meinst du?«
    »Ja.«
    »Die Schritte, die der Taxifahrer gehört hat?«
    »Nein, ich dachte nicht an die Schritte. Ich überlege, ob noch jemand dabei war, dem die Flucht geglückt ist. Oder der den Ort verlassen durfte, mit Erlaubnis sozusagen.«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Ich weiß es nicht. Irgendwas stimmt da nicht. Ich will morgen früh sofort wieder rausfahren und alles noch mal überprüfen.«
    »Ich muss … erst noch etwas anderes erledigen. Ich komme später.«
    »Ich hab gesagt, dass ich hinfahre, Bertil. Du brauchst nicht nachzukommen.«
    »Das möchte ich aber.«
    »Okay, dann sehen wir uns also.« Winter trennte die Verbindung.
    Er bog zum Vasaplatsen ab und fuhr einmal um den Häuserblock und hinunter in die Parkgarage.
    In der Bäckerei, die sich in dem Haus befand, in dem er wohnte, kaufte er ein Baguette. Der Bäcker backte mehrere Male am Tag frisches Baguette. Winter war ganz erstaunt gewesen, als er festgestellt hatte, dass er auch am frühen Abend noch frisches französisches Weißbrot bekam. Das war ein starkes Argument, die Wohnung nicht aufzugeben.
    Im Fahrstuhl dachte er an den Jungen, der ihn auf dem Hof neben den Häusern, zweihundert Meter entfernt von dem einsamen kleinen Gebäude, in dem drei Menschen gestorben waren, beobachtet hatte.

    Bo Lundin und Isak Holmström von der Spurensicherung aus Borås hatten in ihrem Arbeitsleben schon Ähnliches gesehen. Sie hielten auch mit der neuen Zeit Schritt und waren vertraut mit jener Methode zur DNA -Analyse, die auf der Basis von low-copy number- oder LCN -Proben Spuren fand, wo man früher unmöglich Spuren hatte entdecken können. Jetzt konnte man Spuren an Stellen suchen, wo die Suche früher sinnlos gewesen war.
    Bo Lundin kam das Küchenfenster beim Ehepaar Rezai ungewöhnlich gut geputzt vor, besser als die Fenster in den anderen Räumen. Durch dieses Fenster sah er einen verlassenen Spielplatz in der Sonne. Möglicherweise hatte jemand das Fenster abgewischt, das war an sich schon interessant. Und noch interessanter war die Möglichkeit, dass dieser Jemand das Fenster beim Abwischen angehaucht und dass dieses winzige Ausatmen ein wenig DNA hinterlassen haben könnte. Jemand hatte sich vielleicht die Mühe gemacht, eine Spur zu verwischen, die ihn womöglich gar nicht überführt hätte, während genau diese Handlung dazu beitragen konnte, dass die Spurensicherung der Polizei doch
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