Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rotes Meer

Rotes Meer

Titel: Rotes Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
Vom Netzwerk:
Steinbrocken, mit Präzision und berechnetem Abstand hingeschleudert. Dort. Dort. Dort und dort. Jetzt verbunden durch Schnellstraßen, die die Stadtteile einschlossen. Dazwischen gab es fast nichts. Keinen Fluchtweg … oder: einen Fluchtweg in alle Richtungen.
    Winter hatte das ganze Gebäude umrundet, fünfzig Meter, siebzig Meter. Hörte er da ein Fahrrad? Er drehte sich rasch um, aber es war nur ein Geräusch gewesen, entdecken konnte er niemanden. Er begann zu laufen. Jetzt sah er ihn. Der Rücken des Jungen bewegte sich über einen anderen Gehweg, auf ein anderes Haus zu. Er trat so kräftig in die Pedale, dass sein ganzer magerer Körper auf und ab hüpfte, auf und ab, als wäre er mit einer Maschine verbunden.
    »Warte!«, rief Winter. »Warte! Hallo! Warte! Hallo!«
    Er lief weiter, spürte wieder seine Brust. Er war keine Maschine. Es war eine Sache, die Runde um Ruddalen in einer Geschwindigkeit zu laufen, die einem Spaziergang gleichkam, aber eine andere, aus dem Stand loszusprinten. Das tat er nun zum zweiten Mal. Die Leute an den Fenstern mussten sich ernsthaft fragen, wer der Verrückte da unten war. Winter zweifelte nicht daran, dass er beobachtet wurde. Warum läuft der? Wohin will der? Woher kommt der?
    Beobachtete ihn der Junge, der jetzt weg war? Wieder war er verschwunden wie ein Wesen, das sich mit einer bestimmten Absicht zeigte, die man nicht verstand. Aber es steckte eine Absicht dahinter, und er verstand sie vielleicht. Deswegen wollte er mit dem Jungen reden. Wenn er wieder Luft bekam, wenn er den Arm des Jungen greifen konnte, mit einem leichten Griff, beschützend. Wenn es in seiner Macht stand, ihn zu beschützen. Im Augenblick schien der Junge sich frei bewegen zu können, aber das musste nicht bedeuten, dass es ein Dauerzustand war.
    Winter blieb heftig atmend stehen, strich sich über die Stirn, erwog einen Corps zu rauchen, was im Augenblick die dämlichste Art gewesen wäre, seinen Körper zu behandeln. Nächstes Mal komme ich im Trainingsanzug und lauf mich beim Laden warm.
    Langsam ging er zurück, blieb stehen und zündete sich einen Corps an. Ein Taxi fuhr Richtung Süden vorbei. Er erkannte es.

    »Fährt der da oben rum?«
    Ringmar und Winter gingen durch den Park, der vor dem Polizeipräsidium lag. Sie näherten sich dem Ausgang zum Ullevi-Stadion und kehrten wieder um. Es dauerte nur wenige Minuten. Zwischen den Häusern zu wandern, einmal um die Ecke. Das war ihnen zur Gewohnheit geworden.
    »Du hättest nicht zu kommen brauchen«, sagte Winter. »Wir hätten auch telefonieren können.«
    »Ich hab doch gesagt, dass ich auftauchen würde. Was kann man sich Schöneres wünschen, als an einem schönen Sommertag mit einem guten Freund durch einen schönen Park zu spazieren?«
    »Ziemlich viel«, sagte Winter.
    »Reinholz«, sagte Ringmar, »der Taxifahrer. Er scheint viele Fuhren in der Gegend zu haben. Er hatte wohl gerade wieder eine.«
    »Mhm.«
    »Du hattest einen anderen Eindruck?«
    »Ja.«
    »Aber er war es?«
    »Er war ein Stück entfernt, aber ich habe das Profil erkannt.«
    »Von dem Fahrer?«
    »Vom Auto. Und auch vom Fahrer. Ich hab die Nummer erkannt.«
    »Das ist ja ein Ding.«
    »Ich hatte den Feldstecher dabei.«
    »Na klar.«
    Ringmar dachte über die Lüge nach. Er sah ein Taxi auf dem Weg zum Ullevi vorbeifahren.
    »Willst du ihn einbestellen?«, fragte Ringmar.
    »Vielleicht ist er nur neugierig.«
    »Das hab ich doch gesagt.«
    »Oder er hatte da was zu erledigen in der Nacht, als die Morde begangen wurden.«
    »Wusste er, was er vorfinden würde?«
    »Nein.«
    »Aber er wusste, wer dort sein würde?«
    »Ja.«
    »Alle?«
    »Nein.«
    Sie praktizierten ihre Methode. Gedanken auf der Flucht, alle Möglichkeiten und alle Einbahnstraßen. Lockere Vermutungen, die manchmal handfester waren, als sie zunächst glaubten.
    »Jimmy Foro?«
    »Ja.«
    »Wie heißt er noch … Hiwa?«
    »Vielleicht.«
    »Hussein?«
    »Nein.«
    »Warum nein?«
    »Ich sehe Hussein nicht dort. Nicht in dem Moment.«
    »Wie meinst du das?«
    »Er … ich weiß es nicht. Den lassen wir mal außen vor.«
    »Vielleicht ist er dort gewesen«, sagte Ringmar, »früher.«
    »Wir lassen ihn mal eine Sekunde außen vor«, wiederholte Winter. »Über Hussein reden wir später.«
    »Und Said? Wusste Reinholz, dass Said dort sein würde?«
    »Vielleicht.«
    »Die Mörder?«
    »Vielleicht.«
    »Er hat erwartet, die Mörder anzutreffen?«
    »Vielleicht.«
    »Aber nicht, dass sie Mörder sein

Weitere Kostenlose Bücher