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Rotes Meer

Rotes Meer

Titel: Rotes Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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Angela hieß jetzt Hoffmann-Winter. Das klingt nach einer preußische Promenade, hatte er gesagt. Gut, dass du nicht preußischer Marsch gesagt hast, hatte sie zurückgegeben.
    »Übrigens klingt es nach einem deutschen Biathlonläufer«, hatte er gesagt.
    Hinter ihm kreischten Elsa und Lilly Winter. Sturzwellen. Er hatte den Schärendampfer gehört, ihn gesehen. Weiß und hübsch. Hier draußen war alles hübsch: er und sie und die Kinder, das Wasser, der Himmel, die Klippen und der Sand. Es war ein schwedisches Paradies. Sie selber waren ein schwedisches Paradies. Wir sind das Paradies, dachte er. Dieses Land.

    Der Junge fuhr auf seinem Fahrrad durch seine Welt. Er versuchte sich zu erinnern, was er gesehen hatte. Es war wie ein Film gewesen.
    Und noch etwas anderes. Es war wie eine Erinnerung, von der er nicht wusste, dass er sie besaß. Vielleicht hatte ihm jemand davon erzählt, aber das glaubte er nicht. Kann man sich an etwas erinnern, was es gar nicht gegeben hat?, dachte er.
    Er wollte sich nicht erinnern.
    Er wollte es nicht wissen.
    Er wollte erzählen.

    Hama Ali Mohammad lebte in zwei Welten. Die eine Welt war der Tag, die andere die Nacht.
    Er gehörte nicht zu denen, die sich auf Diskussionen einließen. Das hatte er schon frühzeitig für sich entschieden. Als er alt genug war, selbst zu entscheiden. Niemand sollte sich mit ihm anlegen können. Er würde alles auf der Stelle durchschauen. Es bedeutete nichts. Das Einzige von Bedeutung war Geld. Ohne Geld gab es keine Welt, so sah Hama Ali es jedenfalls. Geld, das man stehlen konnte. Es war ja genügend vorhanden.
    Und so war er bei der Polizei gelandet, ganz brüderlich, sozusagen. Er hatte einem Polizisten vom Revier Angered » lack, shoo !« zugerufen, als er den Platz überquerte, und der Polizist hatte auf Arabisch geantwortet: »Du bist auch hässlich.« Und daraufhin hatte Hama Ali noch was gesagt. Und so hatte es angefangen. Er fand es aufregend.
    Und jetzt hatte er etwas erfahren, von dem er nicht wusste, was er damit anfangen sollte. Das war allerdings mehr Aufregung, als ihm lieb war. Das war Psychose. Etwas zu viel Psychose.
    Er wollte es nicht wissen.
    Er wollte es nicht erzählen.
    Er hatte große Angst.
    Er flog.

    Vor dem Treffen mit dem Taxifahrer Reinholz sollte noch ein anderes Gespräch stattfinden. Er betrachtete es nicht als Verhör. Er bezeichnete Verhöre fast nie als Verhör. Selten ging es um starkes Licht im Gesicht, das war ein Klischee, das kaum noch im Kino vorkam.
    Mozaffar Kerim erschien pünktlich im Entree des Polizeipräsidiums.
    Winter nahm ihn unten in Empfang und fuhr mit ihm in die Räume des Fahndungsdezernats hinauf.
    Kerim fragte ihn im Fahrstuhl, um was es eigentlich gehe.
    »Nur einige Details«, sagte Winter. »Es dauert nicht lange, hoffe ich.«

    »Bitte, nehmen Sie Platz«, sagte Winter in seinem Büro. Er setzte sich Kerim gegenüber.
    Kerim saß auf der äußersten Stuhlkante, als wollte er jede Sekunde davon stürmen. Es war ganz offensichtlich, dass er sich weit weg wünschte.
    »Warum haben Sie gesagt, dass Sie die Familie Aziz kaum kennen?«, fragte Winter.
    Kerim zuckte zusammen. »Wie bitte?« Winter wiederholte seine Frage.
    »Ich verstehe nicht … was Sie meinen.«
    »Soll ich die Frage noch einmal wiederholen?«
    »Ich kenne sie nicht«, sagte Kerim.
    »Denken Sie noch einmal nach«, sagte Winter.
    »Ich kenne sie nicht näher.«
    »Wie nicht näher?«
    »Ich habe nicht mit ihnen zusammengearbeitet.«
    »Was bedeutet das?«
    »Ich habe nicht für sie gedolmetscht.«
    »Auf welche andere Art kannten Sie die Familie Aziz?«
    Kerim antwortete nicht.
    »Lassen Sie mich die Frage anders formulieren. Haben Sie irgendein Mitglied der Familie Aziz früher schon einmal getroffen? Einmal oder öfter?«
    »Ich kenne keinen von ihnen.«
    »Danach habe ich nicht gefragt.«
    »Warum stellen Sie mir all diese Fragen?«
    »Ich stelle nur eine einzige, auf die ich eine Antwort haben möchte.«
    Kerim schien nachzudenken und sah aus dem Fenster. Vielleicht war es nichts anderes als Sehnsucht nach der Welt da draußen, weg von der Frage, weg von Winter.
    »Wo liegt das Problem, Kerim? Warum wollen Sie mir nicht antworten?«
    »Ich habe nur Hiwa getroffen«, sagte Kerim leise.
    »Warum haben Sie das nicht gleich gesagt?«
    Kerim bewegte kaum merklich die Schultern.
    »Wo haben Sie ihn getroffen?«
    »In einem Café.«
    »In welchem Café?«
    »Limonell.«
    »Wo ist das?«
    »Es gibt mehrere.«
    »Zum Teufel,

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