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Rotes Meer

Rotes Meer

Titel: Rotes Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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würden.«
    »Nein.«
    »Irgendwas ist schiefgegangen.«
    »Vielleicht. Für Reinholz ist es schiefgegangen, nicht für die anderen.«
    »Es war von Anfang an geplant? Der Mord war geplant? Sie wussten, was passieren würde, nur er nicht?«
    »Kommt ganz darauf an, was du mit Anfang meinst.«
    Ringmar antwortete nicht. Das war eine schwere Frage. Es konnte sich um Stunden handeln, Wochen, Jahre.
    Sie waren bis zur Shell-Tankstelle gegangen und kehrten bei der Autowaschanlage um. Das Gebäude erinnerte an Jimmys Laden, ungefähr die gleichen Proportionen, aber zusammengewachsen mit dem größeren Tankstellenkomplex.
    »Und was war der Grund für Reinholz’ Besuch?«
    »Kurier«, antwortete Winter.
    »Etwas abholen oder abgeben?«
    »Abholen.«
    »Noch was anderes abholen als Waren?«
    »Vielleicht.«
    »Die Mörder? Die Mörder abholen?«
    »Mhm.«
    Am Parkplatz kehrten sie wieder um und gingen in westliche Richtung.
    »Sie waren verabredet?«, fragte Ringmar.
    »Sie mussten ja irgendwie weg, oder?«
    »Eigenes Auto.«
    »Nein, kein eigenes Auto.«
    »Woher weißt du das so genau?« Winter antwortete nicht.
    »Okay, sagen wir mal, sie sind weggelaufen, über die Felder, über den Weg zur Siedlung.«
    Winter nickte.
    »Mit leichten Schritten«, sagte Ringmar.
    »Nein.«
    »Hat es überhaupt leichte Schritte gegeben?«
    »Doch, schon.«
    »Das hat der Taxifahrer behauptet.«
    »Ich glaube, er sagt die Wahrheit.«
    »Warum?«
    »Warum nicht?«
    »Falls er nicht mehr weiß, als er sagt …«
    »Er war nicht auf den Anblick vorbereitet, der ihn erwartete«, sagte Winter. »Als ich mit ihm gesprochen habe, war er erleichtert, dass er etwas aussagen konnte, das richtig war.«
    »Inwiefern richtig?«
    »Etwas, das jedenfalls wahrheitsgemäß dem entsprach, was er wirklich gehört hatte.«
    »Wahrheitsgemäß«, wiederholte Ringmar. »Das ist ein seltsames Wort. Gemäß der Wahrheit. Was bedeutet das?«
    »Bist du nicht dahintergekommen nach all diesen Jahren im Verhörraum?«
    »Ich bin kein guter Verhörleiter«, sagte Ringmar.
    »Du bist besser, als du glaubst.«
    »Woher weißt du das?«
    »Dieser Fall wird es beweisen.«
    »Der Fall? Du sprichst im Singular, Erik.«
    »Dann eben die Fälle. Aber alles hängt zusammen.«
    »Wann tut es das nicht?«
    »Ich hab nicht philosophiert, Bertil.«
    »Wann wollen wir den Kerl einbestellen?«
    Winter sah auf seine Armbanduhr und warf dann einen Blick in den Himmel hinauf.
    »Wollte Angela heute Nachmittag nicht ans Meer fahren?«, fragte Ringmar.
    »Das wollen wir alle«, sagte Winter. »Aber der Tag ist noch lang. Heute wird es nicht Abend.«
    »Reinholz verschwindet nicht. Der taucht nicht ab. Wenn er das wollte, hätte er es schon längst getan.« Ringmar betrachtete den Himmel. »Es kann ein langer Abend werden, eine lange Nacht.« Er drehte sich zu Winter um. »Im Augenblick ist es ruhig. Vielleicht ist es gar nicht verkehrt, ein paar Stunden freizunehmen. Wer weiß, wann wir die nächste Gelegenheit haben.«
    »Wir bestellen Reinholz sofort ein«, sagte Winter.

    »Komm nach Hause, dann fahren wir für ein paar Stunden weg«, sagte Angela am Telefon. »Die Kinder brauchen das und du auch. Du bist heute Morgen um vier losgefahren. Wenn du jemanden verhören musst, kannst du das auch noch am Abend machen.«
    Er antwortete nicht. Ringmar hatte das Verhör noch nicht arrangiert. Es hatte den Anschein, als warte er auf eine Nachricht, und zwar nicht von Winter.
    »Abends ist besser als nachmittags«, sagte Angela. »Dann schüttelst du sie alle ordentlich durch. Abends ist es sogar noch besser als morgens.«
    »Okay«, sagte er.

    Und das Meer war besser als alles andere. Er schnitt Baguette auf und griff nach dem Sardellenöl. Eine eigene Kreation.
    »Hoffentlich brauche ich kein schlechtes Gewissen zu haben«, sagte Angela.
    Er hielt die Flasche gegen das Sonnenlicht, zog dann den Korken heraus und roch an dem Öl. Es war gut.
    »Jetzt gebe ich ein bisschen auf das Brot«, kündigte er an.
    »Hast du gehört, was ich gesagt habe?«
    »Nein.«
    »Gut.«
    »Reich mir bitte mal die Petersilie und den Behälter mit dem Thymian.«
    Sie reckte sich über die Decke und reichte ihm die frischen Kräuter.
    Winter hörte die Kinder im Wasser hinter sich. Möwen schrien, hier lachte niemand ein hohles, unheimliches Lachen. Der Sand war warm. Es war sein Sand, wenn man Sand besitzen konnte, wie jemand Bäume besaß. Es war ihr Grundstück, das Grundstück der Familie Hoffmann-Winter.

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