Rotes Meer
Anetas Werk genau wie die eingedeckte Tafel, die überwiegend in blau mit etwas gelb darin gehalten war. Winter und Angela kamen den Hügel herauf, die Töchter auf den Schultern. Winter stellte fest, dass Elsa allmählich zu schwer wurde. Himmel, bald würde sie groß genug sein, um in die Schule zu gehen.
»Seid ihr den ganzen Weg zu Fuß gekommen?«, fragte Halders, der sie an der Gartenpforte erwartete.
»So fühlt es sich an«, sagte Angela und setzte Lilly ab.
»Hej, Lilly!«
Sie versteckte sich hinter Angelas Bein. Das hätte ich auch getan, dachte Winter.
»Hej, Elsa.« Halders streckte eine Hand aus.
»Hej, Onkel Fredrik!« Elsa schüttelte ihm die Hand.
»So gehört sich das«, sagte Halders. »Das musst du deiner kleinen Schwester beibringen.«
»Mach ich.«
Halders warf einen Blick auf seine Armbanduhr.
»In einer Stunde muss sie es können. Dann treffen wir uns an dieser Stelle wieder.«
Elsa nickte lächelnd. Sie war an Fredrik Halders’ Art gewöhnt.
»Wo sind Magda und Hannes?«, fragte sie.
»Die sind mit der Mittsommerstange beschäftigt. Wir wollen sie jetzt schmücken und haben nur noch auf dich und Lilly gewartet.«
In all dem Grün, mit dem die Stange umwickelt war, gab es mindestens sieben Arten von Blumen.
Gemeinsam hatten sie die Stange aufgerichtet und in dem Loch aufgestellt, das Halders und seine Kinder am Vormittag in den Rasen gegraben hatten.
Sie tanzten mindestens sieben Tänze um die Stange, hüpften wie Frösche, säten die Saat, wuschen ihre Kleider und fidelten wie der Spielmann. Was wir machen, was wir machen, wenn wir unsere Kleider waschen. Für Lilly war alles ganz neu. Winter half ihr beim Waschen und Säen. Sie lachte das Lachen, das Eisberge zum Schmelzen bringen kann.
Zum Hering schenkte Halders Aquavit ein, Ödåkra Taffel und Bröndums Kummenakvavit, die beiden schwedischen Aquavite, die von allen auf der Welt am besten gewürzt waren. Die Erwachsenen saßen um den großen Tisch im Garten, und die Kinder kamen und gingen. Aneta hatte Cocktailwürstchen gebraten und Magda hatte Fleischklößchen gemacht. Halders stellte ungeschlagene Sahne für den Hering auf den Tisch, die sich angenehm mit geschmolzener Butter und Heringslake mischte. Das schmeckte besser als saure Sahne, dazu neue Kartoffeln mit Schnittlauch. »Ein Rezept von meiner Großmutter aus Småland«, sagte Halders. »Prost!«
Sie prosteten sich zu, und der Aquavit brannte wie glühendes Eis in Winters Kehle. Die Flaschen hatten wer weiß wie viele Stunden im Tiefkühlschrank gelegen und dampften vor Frost. Es schien fast lebensgefährlich, das erste Glas in einem Schluck zu kippen, wenn die Flasche gerade erst aus dem Eisfach genommen worden war. Der Schnaps würde wie ein Bleigewicht durch sämtliche Magenhäute stürzen. Ein schwedisches Heringsessen konnte im Prinzip genauso gefährlich sein wie ein japanisches Kugelfischessen. Man setzte sich auf eigenes Risiko zu Tisch.
»Wie ist der Hering?«, erkundigte sich Halders besorgt, als sie angefangen hatten zu essen.
»Perfekt«, antwortete Ringmar mit erhobener Gabel. Seine Frau Birgitta, die ihm gegenüber saß, nickte zustimmend. Winter hatte sie in die Arme genommen, als sie sich vor einer Weile begrüßt hatten. Ringmar und Birgitta waren spät gekommen. Birgitta hatte müde ausgesehen, aber jetzt war sie schon fröhlicher. Vielleicht kam das vom Schnaps. Aneta hatte auch Weißwein auf den Tisch gestellt, aber alle nahmen als Erstes einen Schnaps. Das war eher ein Ritual denn eine Tradition.
»Es ist gar nicht so einfach, guten Hering zu ergattern«, sagte Halders. »Das ist wie eine Lotterie. Was in einem Jahr gut war, kann im nächsten Mist sein.«
»Hering ist immer Mist«, sagte Magda, und Elsa lachte.
»Still, du Fratz.« Halders lächelte. »Wenn du groß bist, wirst du Hering lieben.«
»Nie im Leben!«
»Nee, igitt«, sagte Elsa.
»Ich war genau wie ihr, als ich klein war. Aber guckt mich jetzt an!« Halders hielt ein Stück Hering in die Sommerluft.
»Bist du damals auch ein Mädchen gewesen?«, fragte Magda mit Unschuldsmiene und alle brachen in Gelächter aus.
»Darauf singen wir einen«, sagte Halders und stimmte das bekannteste schwedische Trinklied an: »Helan går, sjung hopp faderallan lallan lej! – Prost!«
»Davon gibt’s auch eine englische Übersetzung«, sagte Winter, als sie die Gläser abgesetzt hatten und Halders sich nach den Flaschen streckte, um nachzuschenken.
»Hört zu!«, sagte Winter und
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