Rotglut - Kriminalroman
Bistros und Cafés einen kleinen Imbiss einzunehmen. Hölzles Blick fiel auf einen der gut besetzten Tische, und beinahe hätte sein Mittagessen den Rückwärtsgang eingelegt.
In trauter Zweisamkeit, so schien es Hölzle, saßen dort Christiane und Mark Delano. Er hielt vor einem Schaufenster inne und beobachtete die beiden, die sich im Glas spiegelten. Bei genauerem Hinsehen musste er sich eingestehen, dass Christianes Gesicht einen zornigen Ausdruck angenommen hatte. ›So‹, dachte er, ›blicksch du’s endlich, was der für ’n Lompaseggel 7 isch?‹ Schade, dass er nicht hören konnte, um was es in diesem Gespräch ging. Er beobachtete, wie Delano ihr beruhigend den Arm tätschelte und den Kopf noch mehr zu ihr neigte. Die Zornesfalten glätteten sich, und wenige Augenblicke später zauberte Christiane ein Lächeln auf ihre Lippen.
Es war nicht zu fassen, beinahe hätte Hölzle sich dazu hinreißen lassen, sich umzudrehen und Delano eine in die verhasste Visage zu hauen. Er ballte die Fäuste in der Hosentasche und atmete mehrere Male tief durch. Das würde nichts bringen. Im Gegenteil, mit einer solchen Aktion würde er seine Freundin nur noch mehr in die Arme dieses Schweins treiben, und einen tätlichen Angriff konnte er sich als Polizist so oder so nicht leisten. Das wäre Wasser auf des Kartoffelsacks Mühle. Hölzle blieb nichts anderes übrig, als den Dingen ihren Lauf zu lassen. Entweder entschied sich Christiane für oder gegen ihn, so einfach war das. Markus Rotenboom hatte Hölzle zwar geraten, Christiane zu erzählen, mit wem sie sich da einließ, aber Heiner hatte abgelehnt.
»Es ist doch vollkommen egal, wer er ist. Schlimm ist die Tatsache, dass ihr bei mir offenbar etwas fehlt, was er ihr aber bietet. Statt dass Christiane mit mir redet, wenn sie unglücklich ist, hängt sie sich an den nächstbesten Anzughansel.« Markus hatte ihm daraufhin recht geben müssen.
Hölzle ging weiter, die gute Laune nach dem Gespräch mit Wiegand war wie weggeblasen und in seinem Mund herrschte ein schaler Geschmack. Er beschloss, seine Mittagspause etwas zu verlängern und gönnte sich einen Spaziergang durch die Wallanlagen. Hölzle stoppte an einem Eiscafé und kaufte sich drei dicke Kugeln in den Geschmacksrichtungen Schokolade – klar –, Stracciatella und Haselnuss. Zumindest das hob seine Laune wieder etwas.
Als er 20 Minuten später am Parkscheinautomaten stand und seine letzten Euromünzen zusammenkramte, um sein Ticket zu bezahlen, tippte ihm jemand auf die Schulter.
»Herr Hölzle, was für eine nette Überraschung.« Der Sarkasmus war unüberhörbar, und Hölzle brauchte sich nicht umzudrehen, um zu wissen, wer hinter ihm stand. ›Dr Lompaseggel. Mach jetzt bloß koin Fehler, Heiner‹, ermahnte er sich selbst. Dann wandte er sich ganz langsam um.
»Eher wohl eine unerwünschte Begegnung, um es mal nett auszudrücken, Delano.«
»Ich war gerade mit einer ganz reizenden jungen Dame Kaffee trinken, und ich glaube, Sie kennen sie auch«, versuchte Delano, ihn zu provozieren. Doch Hölzle dachte nicht daran, sich ärgern zu lassen. Auch wenn es schwerfiel.
»Wie schön für Sie. Und? Sonst noch was?« Gemächlich warf er die Münzen in den Automaten und wartete darauf, dass sein Parkschein wieder ausgeworfen wurde.
»Ach, ich dachte, wenn ich Sie hier schon treffe, dann kann ich Sie auch gleich schon einmal darauf vorbereiten, dass Christiane und ich heute Abend im Parkhotel zum Essen verabredet sind. Die Parksuite habe ich bereits reservieren lassen, man hat so einen fantastischen Blick aus der Designerbadewanne direkt auf den Bürgerpark. Sie haben also den ganzen Abend und die Nacht für sich allein, Hölzle. Machen Sie doch mal wieder einen drauf, das tut Ihnen sicher gut.«
Die Worte fühlten sich an wie ein Schlag in den Magen. Hölzle schwieg, zog sein Ticket, schob die Hände, zu Fäusten geballt, in die Hosentaschen und ließ Delano einfach stehen. Als er sein Auto aufschloss, spürte er, wie ihm Tränen des Zorns in die Augen stiegen. War es tatsächlich nur Zorn? Nein, musste er sich eingestehen, denn mehr als alles andere fühlte er sich zutiefst verletzt. Doch das musste er jetzt beiseiteschieben, denn Harry und er trafen sich gleich, um Elvira Theuerholz aufzusuchen. Hölzle riss sich zusammen, er musste sich jetzt ganz auf den Fall konzentrieren. Im Moment war keine Zeit für Gefühle, mal abgesehen davon, war das ganz genau das, was Delano bezweckte.
Elvira Theuerholz
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