Rotglut
Sogleich rief sie: »Kommen Sie rein!« Der drahtige kleine Mann schlüpfte durch die Tür und setzte sich neben Hölzle. Markus Rotenboom kam gleich zur Sache.
»Moin, zusammen. Wir haben an der Leiche Haare gefunden, die nicht zum Opfer gehören. Meine Damen haben schon die Datenbanken durchsucht, aber keinen Treffer gelandet. Wäre ja auch zu schön gewesen. Die Haare müssen ja nicht zwangsweise vom Mörder stammen. Allerdings von den beiden Frauen, die ihn gefunden haben, stammen sie ganz sicher nicht. In der Nähe des Tatorts fand sich auch noch ein zerbrochener Anhänger aus Silber, der lag da aber schon länger, so wie er aussieht. Gibt’s hier noch Kaffee?«
Die Rechtsmedizinerin deutete auf die Thermoskanne, die seitlich auf einem kleinen Tisch stand. Daneben Tassen, Würfelzucker und Dosenmilch. Markus verzog das Gesicht, er hasste Dosenmilch, da würde er den Kaffee lieber schwarz trinken. Aber der war immer noch besser als der Kaffee aus Adlerblicks Kühlhallen.
»Viel ist das ja nicht, aber besser als nix«, kommentierte Hölzle, der sich fragte, ob sich in diesem Büro vielleicht auch etwas Süßes finden würde. Zu dumm, dass er keinen Schokoriegel mitgenommen hatte. »Der Anhänger muss ja auch nichts mit dem Mord zu tun haben. Wir gehen davon aus, dass wir es beim Mörder mit einem Mann zu tun haben, und welcher Mann trägt schon Silberschmuck um den Hals.«
»Aber, aber, Hölzle, seien Sie doch nicht so naiv. Es gibt genügend Männer, die Schmuck tragen. Und die müssen keineswegs aus dem homosexuellen Milieu stammen«, entgegnete Adler-Petersen. Das trieb Hölzle, wie immer, wenn sich die Gerichtsmedizinerin über ihn lustig machte, schon wieder die Röte ins Gesicht. Wer war hier naiv? Er doch nicht!
»Sie müssen es ja wissen. Aber zurück zur Sache. Harry ist auf ein altes Foto gestoßen, der Fall Stegmann könnte mit der Entführung des Bankiers Rosenberg aus dem Jahr 1974 zu tun zu haben«, erzählte er dann, um Adlerblick auf ein anderes Thema zu bringen.
Sabine Adler-Petersen hob die Augenbrauen. »1974? Wie kommen Sie denn darauf, dass unsere Leiche damit zu tun hat?«, fragte sie skeptisch. Auch Rotenboom blickte Hölzle erstaunt an.
Heiner fuhr sich mit gespreizten Fingern durchs Haar und berichtete in knappen Sätzen über den momentanen Stand der Nachforschungen und die von Peter Dahnken geäußerten Vermutungen. Als er geendet hatte, blickte er Markus und Adler-Petersen erwartungsvoll an.
»Sollen wir jetzt Beifall klatschen, Herr Hölzle?«, fragte der Adlerblick spöttisch. Heiner senkte den Kopf und starrte sie von unten mit zusammengezogenen Augenbrauen böse an. ›Du bleede Spinatwachtel, jetzt langt’s dann aber!‹ Bevor er aber eine wütende Bemerkung machen konnte, mischte sich Markus Rotenboom ein.
»Also, mal ehrlich, ich finde, das Ganze hat was. Habt ihr denn mittlerweile herausgefunden, bei welcher Sicherheitsfirma unser Opfer damals angestellt war? Ich werde nach all dem, was du eben berichtet hast, das Gefühl nicht los, dass dieser Stegmann kein Unschuldslamm gewesen sein kann. Dieser vorgetäuschte Tod und sein jahrelanges Abtauchen in Afrika sprechen schon dafür, dass er Dreck am Stecken hatte.«
Hölzle warf seinem Freund einen dankbaren Blick zu. Sabine Adler-Petersen verzog missmutig die Lippen. »Ich weiß nicht, hört sich alles weit hergeholt an. Haben Sie schon mit Henri gesprochen, Herr Hölzle?«
Der Kriminalhauptkommissar schüttelte den Kopf. »Hab sie noch nicht erreicht, aber in der Geschäftsstelle eine Nachricht hinterlassen.« Sein Handy klingelte. Peter Dahnken. »Was gibt’s denn?«, fragte Hölzle, als er das Gespräch entgegennahm.
»Ich habe neue Informationen über Stegmann alias Renard herausgefunden«, hörte er die aufgeregte Stimme seines Kollegen. »Da kommst du nie drauf«, machte Peter es spannend.
»Ich hab jetzt keine Lust auf Rätsel«, brummte Hölzle, »also sag schon, was weißt du Neues über ihn?«
Als er hörte, was Peter Dahnken ihm berichtete, wurden seine Augen immer größer und er konnte spüren, wie auch bei Adler-Petersen und Rotenboom die Spannung stieg. Dann legte er auf.
»Und?«, sagten Rotenboom und die Gerichtsmedizinerin gleichzeitig.
»Peter hat einen Anruf von einer der Sicherheitsfirmen bekommen. Der Chef, oder besser dessen Vater, erinnert sich noch an Stegmann. Er sagt, Stegmann war früher einer ihrer besten Leute. Aber er hatte noch mehr zu erzählen: Bei einem Einsatz kam es zu einer
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