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Roth, Philip

Titel: Roth, Philip Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nemesis
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niemandem gelungen war, ein Heilmittel oder wenigstens einen Weg zu finden, wie man die Ausbreitung unterbinden könnte. Seht euch Weequahic an, sagten sie, das sauberste Viertel in der ganzen Stadt, und jetzt sind wir am schwersten betroffen. Jemand sagte, man überlege, ob man den schwarzen Putzfrauen verbieten solle, nach Weequahic zu kommen, aus Sorge, sie könnten die Kinderlähmung aus den Slums einschleppen. Ein anderer sagte, seiner Meinung nach werde die Krankheit durch Geld übertragen, durch das Papiergeld, das von Hand zu Hand ging. Es sei wichtig, fuhr er fort, sich jedesmal, wenn man Papiergeld oder Münzen angefasst habe, die Hände zu waschen. Und was ist mit der Post?, fragte einer. Könnte es nicht sein, dass die Viren mit der Post verbreitet werden? Denkt doch mal an all die Leute, durch deren Hände die Briefe gehen. Und was willst du dagegen tun?, fragte ein anderer. Soll die Post nicht mehr zugestellt werden? Dann käme die Stadt je praktisch zum Stillstand.
    Vor sechs, sieben Wochen noch hätte man über den Krieg gesprochen.
    Er hörte das Telefon läuten und merkte, dass das Geräusch von oben, aus der Wohnung, kam. Das musste Marcia sein, die aus dem Sommercamp anrief. Im vergangenen Jahr hatten sie sich während der Unterrichtszeit jeden Tag ein- oder zweimal auf dem Korridor gesehen und die meisten Wochenenden zusammen verbracht, und jetzt waren sie zum ersten Mal für längere Zeit voneinander getrennt. Marcia fehlte ihm, und die Familie Steinberg, die ihn von Anfang an sehr freundlich, ja herzlich behandelt hatte, fehlte ihm ebenfalls. Marcias Vater war Arzt, ihre Mutter war früher Englischlehrerin an einer Highschool gewesen, und sie wohnten, zusammen mit Marcias beiden jüngeren Schwestern - es waren Zwillinge, die in die sechste Klasse gingen - in einem gemütlichen, geräumigen Haus in der Goldsmith Avenue, ein paar Meter von der Elizabeth Avenue entfernt, wo Dr. Steinberg seine Praxis hatte. Nachdem Mrs. Kopferman ihm vorgeworfen hatte, er habe sträflich fahrlässig gehandelt, hatte Mr. Cantor daran gedacht, Dr. Steinberg aufzusuchen, um mit ihm über diese Epidemie zu sprechen und mehr über diese Krankheit zu erfahren. Dr. Steinberg war ein gebildeter Mann (und in dieser Hinsicht ganz anders als Mr. Cantors Großvater, der nie ein Buch las), und wenn er etwas sagte, war Mr. Cantor überzeugt, dass der Arzt wusste, wovon er sprach. Er war kein Ersatz für den Großvater - und ganz gewiss kein Ersatz für einen eigenen echten Vater -, aber er war jetzt der Mann, den er am meisten bewunderte und auf dessen Urteil er sich verlassen konnte. Bei ihrer ersten Verabredung hatte er Marcia nach ihrer Familie gefragt, und sie hatte ihren Vater als einen Menschen beschrieben, der nicht nur wunderbar im Umgang mit seinen Patienten war, sondern auch dafür zu sorgen verstand, dass alle Familienmitglieder zufrieden waren, und alle kleinen Streitigkeiten zwischen ihren Schwestern gerecht schlichtete. Es gab keinen besseren Menschenkenner als ihn. »Meine Mutter«, sagte sie, »nennt ihn >das unbestechliche Thermometer der emotionalen Familientemperatur<. Ich kenne keinen Arzt«, fuhr sie fort, »der menschlicher ist als mein Vater.«
    »Du bist es!«, rief er, als er die Treppe hinauf gerannt war und den Hörer abgenommen hatte. »Hier ist es schrecklich heiß. Nach sieben und trotzdem noch so heiß wie mittags. Man hat das Gefühl, die Thermometer sind kaputt. Wie geht es dir?«
    »Ich muss dir was sagen. Ich habe wunderbare Neuigkeiten. Stell dir vor«, sagte sie, »Irv Schlanger hat gerade seinen Einberufungsbefehl gekriegt. Er verlässt uns, und sie brauchen einen Ersatz. Sie brauchen dringend einen, der für den Rest der Ferien die Badeaufsicht führt. Ich hab Mr. Blomback von dir erzählt, und er will dich einstellen, unbesehen.«
    Mr. Blomback war der Besitzer und Leiter von Indian Hill und ein alter Freund der Steinbergs. Bevor er das Camp gegründet hatte, war er ein junger Konrektor an einer Highschool in Newark und Mrs. Steinbergs Vorgesetzter gewesen, als sie ihre Laufbahn als Lehrerin begonnen hatte.
    »Aber Marcia«, sagte Mr. Cantor, »ich habe doch schon eine Stelle.«
    »Aber so könntest du der Epidemie aus dem Weg gehen. Ich mache mir solche Sorgen um dich, Bucky. In der heißen Stadt mit all den Kindern. In so engem Kontakt mit ihnen - und genau in dem Viertel, das am meisten betroffen ist. Und dann diese Hitze, jeden Tag diese Hitze.«
    »Ich habe auf dem Sportplatz an die

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