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Roth, Philip

Titel: Roth, Philip Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nemesis
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Spannung. Timing und Balance stimmen auch. Alles in allem ein hervorragender Sprung.«
    Donald kletterte auf den Steg und trocknete sich mit dem Handtuch ab, das Bucky ihm reichte. »Ist es auch nicht zu kühl für dich?«, fragte Bucky. »Frierst du?«
    »Nein, überhaupt nicht«, sagte Donald.
    Die Abendsonne stand noch am blauen Himmel, doch die Temperatur war seit dem Abendessen um gut fünf Grad gesunken. Es war kaum zu glauben, dass er und die Jungen auf dem Sportplatz in Newark vor wenigen Tagen noch unter der Hitze gelitten hatten, eben jener Hitze, welche die Seuche, die seine Stadt heimsuchte und alle ganz verrückt machte, ausgebrütet hatte. Es war kaum zu glauben, wie sich hier oben alles, wirklich alles zum Besseren gewendet hatte. Wenn doch nur auch in Newark die Temperatur so sinken und für den Rest des Juli und den August in angenehmeren Bereichen bleiben könnte!
    »Du zitterst ein bisschen«, sagte Bucky. »Wie wär's, wenn wir morgen um dieselbe Zeit weitermachen?«
    »Nur noch den Salto vorwärts, vom Ende des Sprungbretts«, bat Donald, ging zum Ende des Sprungbretts und stellte sich in Position: die Arme gewinkelt nach vorn gestreckt, die Knie leicht gebeugt. »Der Sprung ist nicht gerade meine Spezialität«, sagte er.
    »Konzentriere dich«, sagte Bucky. »Spring aufwärts, und dann krümm dich zusammen.«
    Donald nahm Schwung, sprang hoch, krümmte sich zusammen, rollte vornüber und tauchte mit den Füßen voran kerzengerade ins Wasser ein.
    »Hab ich's verpatzt?«, fragte er, als er aufgetaucht war. Er musste die Augen gegen die Sonne und ihren blendenden Widerschein auf dem Wasser beschatten, um Bucky erkennen zu können.
    »Überhaupt nicht. Für einen Augenblick haben deine Hände den Kontakt zu den Beinen verloren, aber das macht gar nichts.«
    »Nicht? Ich versuch's nochmal«, sagte Donald und schwamm mit kräftigen Zügen zur Leiter. »Und diesmal mach ich's richtig.«
    »Na gut, Ace«, sagte Bucky lachend und gab Donald den Spitznamen, den er selbst als kleiner Junge wegen seiner spitzen Ohren bekommen hatte, bevor sein Großvater ihn für immer umbenannt hatte. »Ein letzter Salto vorwärts, und dann gehen wir rein.«
    Diesmal nahm Donald Anlauf, ließ das Brett einmal federn und machte einen perfekten Sprung. Seine Hände bewegten sich fehlerfrei von den Schienbeinen zu den Seiten der Knie und dann, bei der Streckung, zu den Oberschenkeln.
    »Großartig!«, sagte Bucky, als Donald auftauchte. »Gute Höhe, gute Drehung. Schön gehalten bis zum Schluss. Was sollen das für lächerliche Fehler sein, von denen du mir erzählt hast? Du machst ja gar keine.«
    »Aber Mr. Cantor«, rief Donald aufgeregt und kletterte auf den Steg, »ich muss Ihnen doch noch den Hechtsprung und den Kopfsprung mit halber Schraube zeigen. Danach können wir reingehen. Ich will nur noch die anderen Sprünge machen. Mir ist nicht kühl, wirklich.«
    »Aber mir ist kühl«, sagte Bucky, »und ich bin trocken und habe ein Hemd an.«
    »Tja«, erwiderte Donald, »das ist eben der Unterschied zwischen siebzehn und vierundzwanzig.«
    »Dreiundzwanzig«, sagte Bucky und lachte abermals. Er freute sich über Donald und seine Beharrlichkeit und auch über die Tatsache, dass Marcia und ihre Schwestern in der Nähe waren. Es war fast, als wären sie bereits eine Familie. Als wäre der nur sechs Jahre jüngere Donald der Sohn von ihm und Marcia und der Neffe der beiden Zwillinge. »Mit jeder Minute wird es kühler. Lass uns hineingehen. Wir haben noch den ganzen Rest des Sommers Zeit fürs Training.« Er warf Donald sein Hemd zu und bestand darauf, dass er sein Handtuch über der nassen Badehose um die Hüfte wickelte.
    Als sie hinauf zur Hütte gingen, sagte Donald: »Wenn ich achtzehn bin, will ich Marineflieger werden. Mein bester Freund ist seit einem Jahr dabei. Wir schreiben uns häufig. Er hat mir alles über die Ausbildung erzählt. Die ist ganz schön hart. Aber ich will in den Krieg, bevor er vorbei ist. Ich will Japaner abschießen. Das will ich schon seit Pearl Harbor. Als der Krieg anfing, war ich vierzehn. Ich war alt genug, um zu verstehen, was da passierte, und wollte was dagegen tun. Ich will dabei sein, wenn die Japaner sich ergeben. Das wird ein toller Tag.«
    »Ich hoffe, du kriegst die Gelegenheit«, sagte Bucky.
    »Wieso sind Sie nicht dabei, Mr. Cantor?«
    »Wegen meiner Augen. Wegen dem hier.« Er tippte an seine Brille. »Meine beiden besten Freunde sind in Frankreich. Sie sind am Tag der

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