Roth, Philip
Invasion über der Normandie abgesprungen. Ich wollte, ich hätte bei ihnen sein können.«
»Ich verfolge mehr den Krieg im Pazifik«, sagte Donald. »In Europa wird er jetzt bald vorbei sein. Das ist der Anfang vom Ende für Deutschland. Aber im Pazifik wird es noch jede Menge Kämpfe geben. Letzten Monat haben wir bei den Marianen in zwei Tagen hundertvierzig japanische Flugzeuge zerstört. Wenn ich nur hätte dabei sein können!«
»Es wird an beiden Fronten noch genug Kämpfe geben«, sagte Bucky. »Du kommst schon noch zur rechten Zeit.«
Als sie die Stufen zu ihrer Hütte hinaufgingen, fragte Donald: »Können Sie sich morgen nach dem Abendessen die anderen Sprünge ansehen?«
»Klar. Warum nicht?«
»Danke, Mr. Cantor. Danke, dass Sie sich so um mich kümmern.«
Auf der Veranda der Hütte schüttelte Donald ihm etwas linkisch die Hand, eine erstaunlich formelle Geste, die einen ganz eigenen Reiz besaß. Eine Trainingsrunde am Sprungbrett, und schon war es, als wären sie alte Freunde. Dennoch gab es Bucky einen unerwarteten Stich, als er am Ende eines herrlichen Sommertages mit Donald dastand, denn er dachte an all die Jungen, die er auf dem Sportplatz zurückgelassen hatte. So sehr er sich auch bemühte, alles hier zu genießen, drangen die Gedanken an seine unentschuldbare Tat und den Ort, wo man ihn nicht mehr schätzte, noch immer zu ihm durch.
Er verabschiedete sich von Donald. Bis zu seinem Rendezvous mit Marcia blieb noch etwas Zeit, und er ging zu der Telefonzelle hinter dem Büro und rief seine Großmutter an. Sie würde wohl nicht zu Hause sein - wahrscheinlich war sie unten, bei den Einnemans, oder sie saß mit ihnen und den Fishers auf Klappstühlen vor dem Haus -, doch zufällig hatte es in der Stadt etwas abgekühlt, auch wenn die Hitze am nächsten Tag wieder zurückkehren sollte, und so konnte sie bei offenem Fenster und laufendem Ventilator in ihrer Wohnung sitzen und sich ihre Lieblingssendungen im Radio anhören. Sie wollte wissen, wie es ihm und Marcia und den Zwillingen ging, und er sagte, allen gehe es gut, und dann sagte er ihr, er und Marcia hätten sich verlobt. »Ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll«, sagte sie. »Mein Eugene.«
»Dann lach«, sagte er und lachte selbst.
»Ach, ich freue mich so sehr für dich, mein Lieber«, sagte sie, »aber ich wollte, deine Mutter hätte das noch erleben können. Ich wollte, sie könnte sehen, was für ein Mann ihr Sohn geworden ist. Und ich wollte, dein Großvater wäre jetzt hier. Er wäre so aufgeregt. So stolz auf seinen Jungen. Dr. Steinbergs Tochter.«
»Ich wollte auch, er wäre hier«, sagte Bucky. »Ich denke hier oben oft an ihn. Als ich gestern vom Sprungturm gesprungen bin, habe ich daran gedacht, wie er mir im YMCA das Schwimmen beigebracht hat. Ich war sechs, und er hat mich einfach ins Wasser geworfen. Und das war's. Wie geht es dir, Grandma? Kümmern sich die Einnemans gut um dich?«
»Natürlich tun sie das. Mach dir um mich keine Sorgen. Die Einnemans sind sehr hilfsbereit, und ich kann sowieso für mich selbst sorgen. Ich muss dir was sagen, Eugene. In Weequahic gibt es dreißig neue Poliofälle. Neunundsiebzig in ganz Newark, an einem einzigen Tag. Neunzehn sind gestorben. Alles neue Rekorde. Und es gibt weitere Fälle unter den Jungen vom Sportplatz an der Chancellor Avenue School. Selma Shankman hat mich angerufen. Sie dachte, du würdest das wissen wollen. Sie hat mir die Namen der Jungen gesagt, und ich habe sie aufgeschrieben.«
»Wer sind die Jungen, Grandma?«
»Lass mich meine Brille und den Zettel holen«, sagte sie.
Mehrere Betreuer standen vor der Telefonzelle Schlange, und er machte ihnen Zeichen, dass sein Gespräch gleich beendet sein würde. Er wartete angsterfüllt auf die Namen der Jungen. Warum Kinder verkrüppeln?, dachte er. Warum eine Krankheit, die Kinder zu Krüppeln macht? Warum unsere unersetzlichen Kinder vernichten? Es sind die besten Kinder der Welt.
»Eugene?«
»Ja, Grandma, ich bin noch dran. Lies mir die Namen vor.«
»Also gut, hier sind die Jungen, die ins Krankenhaus gebracht worden sind: Billy Schizer und Erwin Frankel. Und einer ist gestorben.«
»Wer?«
»Ein Junge namens Ronald Graubard. Er ist krank geworden und noch in derselben Nacht gestorben. Hast du ihn gekannt?«
»Ja, Grandma. Vom Sportplatz und aus der Schule. Ich kenne sie alle. Ronnie ist gestorben? Ich kann es nicht glauben.«
»Es tut mir leid, dir das sagen zu müssen, aber ich dachte, weil
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