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Rotkäppchens Rache

Rotkäppchens Rache

Titel: Rotkäppchens Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim C. Hines
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gewesen und zurückgeblieben? Wenn Talia versagte -
    Wenn das geschah, wäre sie wenigstens nicht mehr lange genug da, um sich in Schuldgefühlen oder Kummer zu ergehen.
    Die Wilde Jagd erwartete sie, um sie ins Innere zu eskortieren. Viele Jäger saßen noch auf, zumeist die in älterer Rüstung. Talia fragte sich, ob etwas dran war an dem Gerücht, dass es die ursprünglichen Jäger umbringen würde, falls sie jemals abstiegen. Sie kämpfte gegen den Drang, einen vom Pferd zu zerren und es herauszufinden.
    Stattdessen blieb sie am Eingang zum Schloss stehen, um eine der alten Statuen zu berühren. Der Stein war rau, rissig und zernarbt vom Alter. Als Kind hatte sie die Statuen Qazella und Anil genannt, ›Große Nase‹ und ›Hässlich‹. Ihr Vater war nicht erfreut gewesen, als ihm diese Spitznamen zu Ohren kamen.
    Talia folgte den Jägern die Treppe hoch. Sie und ihre Brüder hatten immer untereinander gewetteifert, wer von der höheren Stufe springen konnte. Sie lächelte, als sie sich an den Tag erinnerte, an dem diese Spiele ein Ende gefunden hatten. Sie war damals sieben Jahre alt gewesen, und zum ersten Mal hatte sie erfahren, dass ihre Elfengaben sie nicht vor der eigenen Dummheit beschützen konnten. Ihr gebrochenes Bein war schließlich verheilt, aber wichtiger war der jungen Talia gewesen, dass keiner ihrer Brüder sich getraut hatte, ihren letzten Sprung nachzumachen.
    Die Kanten der Stufen waren im Lauf der Jahre abgebröckelt. Sie warf einen Blick nach unten in das, was einmal die große Halle gewesen war. Einst hatten ihres Vaters Jagdtrophäen diese Wände geschmückt. Wie oft hatten sie und ihre Geschwister sich hinuntergeschlichen, um sich auf die Throne ihrer Eltern zu setzen? Sie hörte noch die Stimme ihrer Schwester, eine perfekte Imitation ihrer Mutter, wie sie sich an die imaginäre Menge richtete.
    Am Ende der Treppe gab es keine Tür. Auch Wachen waren keine da, wenigstens keine, die Talia sehen konnte. Zestan stand auf der Mauer und blickte herab auf die Menschen.
    »Ich kann sie nicht gehen lassen, nachdem sie mich gesehen haben«, sagte Zestan. »Aber ich werde mein Wort halten. Im Austausch gegen deine Kapitulation werde ich ihre Leben verschonen.«
    »Das ist deine Gnade?« Talia ging auf sie zu, aber zwei Jäger schnitten ihr den Weg ab. »Was wirst du tun - sie in Tiere verwandeln, die keine Erinnerung daran haben, wer sie einmal waren?«
    »Sie werden wohlauf sein und weder Sorgen noch Angst leiden. Wie viele deiner Rasse können das von sich behaupten?«
    Talia sah auf die Sandstürme hinaus, die Zestan entfacht hatte: Trotz ihres Tobens war die Luft hier ruhig und still, als wäre sie mit dem Betreten des Schlosses in eine andere Welt hinübergegangen. »Ich nehme an, ich sollte dir danken.«
    »Ach ja?« Zestan spreizte die Flügel.
    »Wenn du nicht gewesen wärst, hätte ich Nagesh nie gefunden.« Wäre Talias Lächeln nur noch etwas wölfischer gewesen, wären ihr Reißzähne gewachsen.
    Zestan wischte mit der Hand durch die Luft. »Nagesh hat ihren Zweck erfüllt. Das Gift ist angefertigt. Dich kann ich selbst kontrollieren, wenn es sein muss, sobald wir diesen Umhang vernichtet haben.«
    »Kontrolliert zu werden, habe ich hinter mir«, sagte Talia.
    Zestan lachte, ein Geräusch, das so freudlos war, dass sie genauso gut hätte weinen können. »Beabsichtigst du, mir meinen Sieg zu stehlen, indem du dich selbst umbringst?« Sie deutete auf die Jäger. »Elfenmagie ist stärker als der Tod. Dein Selbstmord würde die Sache verzögern, aber ein Wechselbalg, das mit deinem Blut aufgezogen wird, würde denselben Zweck erfüllen. Allerdings bin ich des Wartens müde geworden.«
    Die beiden Jäger neben Talia reagierten wie ein Mann, packten ihre Arme und zogen sie unter dem Umhang hervor. Sie stöhnte vor Schmerz, als sie sie ihr nach hinten bogen.
    Zestan betrachtete das Kristallmesser in Talias rechter Hand. »Diese Klingen haben wir erschaffen. Hast du etwa gedacht, ich würde ihre Gegenwart nicht spüren?«
    Talia nahm das Messer andersherum in die Hand und stieß dem rechten Jäger die Spitze ins Handgelenk. Es trat kein Blut aus. Sie stach tiefer, aber die Finger, die ihren Arm umklammerten, drückten bloß fester zu. Trotz der Stärke des Wolfs konnte sie diesem Griff nicht entkommen. Über kurz oder lang würden ihre Knochen brechen. Sie versuchte es ein letztes Mal und drückte das Messer so tief hinein, wie sie konnte.
    Die andere Hand des Jägers schloss sich über

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