Rotkäppchens Rache
Peri!« Sein Gesicht erschlaffte zu einem Ausdruck der Ehrfurcht.
»Eine Peri, die die Wilde Jagd auf die Kha’iida gehetzt hat«, rief ihm Talia ins Gedächtnis.
Ein anderer Kha’iida trat vor. »Es hieß von den Peri, dass sie zu Gottes rechter Hand sitzen. Wenn sie die Prinzessin verlangt, sollten wir ihr vielleicht -«
»Du darfst es gern versuchen.« Talia hob das Schwert und lächelte.
Donner hallte durch die Wüste, so nah, als ob der Himmel selbst über ihnen aufgebrochen wäre. Die Luft wurde still und Talias Haut kribbelte. Bei dem Geruch nach verbranntem Metall rümpfte sie die Nase.
»Peri-Magie!«, hauchte Muhazil.
Rechts von ihnen in der Ferne stieg Sand in die Luft und begann sich aufzutürmen. Schon bald tanzte eine Säule aus wirbelndem Sand auf sie zu.
Die Krieger tuschelten untereinander. Talia konnte ihre Angst riechen, wie Schweiß und Pisse. Ein zweiter Wirbelwind gesellte sich zu dem ersten, dann ein dritter. Rings um sie langte die Wüste nach oben und errichtete Türme aus Sand, die den Himmel selbst zu durchbohren schienen. Sie wanden sich wie lebendige Wesen, krümmten und neigten sich, während sie näher krochen und alles in ihrem Pfad verschluckten. Ganze Hügel wurden schneller ins Nichts gerissen, als Talia zusehen konnte.
Talia hob das Schwert. Sie ignorierte die Wirbelwinde und konzentrierte sich nur auf die Wilde Jagd, die hinter der Mauer in Schlachtordnung Stellung bezogen hatte und wartete. »Helft mir, ihre Reihen zu durchbrechen. Wenn ich an Zestan herankomme -«
Muhazil stieß seine Waffe in den Sand, trat dichter an sie heran und ergriff ihren Arm. »Prinzessin, deine Geister sind besiegt! Unser Leute können keinen weiteren Kampf mit der Jagd überleben!«
»Ihr müsst nicht überleben! Schafft mich einfach nur durch! Ich werde nicht zulassen, dass sie Arathea übernimmt!« Sie hielt inne. Muhazil hatte recht. Alles, was sie wollte, war zu kämpfen, bis entweder sie oder Zestan tot dalagen. Sie konnte nicht einmal mehr die Wut des Wolfs von ihrer eigenen unterscheiden.
»Wenn du fliehst, ermöglicht dir die Magie deines Umhangs vielleicht zu entkommen«, sagte Muhazil. »Die Schnelligkeit des Wolfs -«
»Ich bin davongelaufen und habe mich versteckt, seit ich wach wurde.« Talia berührte ihren Hals. Alles, was den Umhang an Ort und Stelle hielt, war ein dickes Schnürband aus Samt. »Zestan hatte keine Angst vor mir«, flüsterte sie stirnrunzelnd. »Oder vor Roudette. Aber sie hat darauf hingewirkt, das übrige Arathea gegen euch aufzubringen. Sie schickte die Wilde Jagd, um eure Stämme anzugreifen. Wir dachten, es sei, weil sie eine Deev wäre … Muhazil, ich brauche dein Messer!«
Sein Gesicht straffte sich. Er wusste, welches Messer Talia meinte. »Diese Waffe wurde über mehr als fünfzig Generationen an mich weitergegeben.«
»Wieso fürchtet Zestan die Kha’iida?« Ohne auf eine Antwort zu warten, reichte Talia ihm das Glasschwert. »Dieses Schwert gehört meiner Freundin Danielle. Es ist ihr so kostbar wie dir dein Messer. Bitte sorge dafür, dass sie es wiederbekommt.« Unausgesprochen blieb die Voraussetzung, dass jemand von ihnen überlebte.
Muhazil griff unter sein Gewand. Talia stellte sich so, dass Zestan nicht sehen konnte, wie sie das Kristallmesser entgegennahm. Sie steckte es weg und zog dann Schnees Messer.
Talia ließ den Spiegel an der Parierstange aufschnappen. »Ich hoffe, du kannst mich hören«, flüsterte sie. »Ich brauche deine Hilfe.«
»Ich gebe euch eine letzte Chance«, rief Zestan. Blutrote Flammen wuchsen in den Wirbelwinden. Rauch verfinsterte den Himmel.
»Verdammt, Schnee, wach auf oder wir sind alle tot!«
»Hör auf, mich anzuschreien!« Schnees Stimme klang angestrengt. »Was geht da draußen vor? Es hört sich an wie Donner.«
»Das willst du gar nicht wissen. Bist du stark genug für noch einen Zauber?« Hätte Talia nicht schon gewusst, wie erschöpft Schnee war, so hätte das Ausbleiben einer empörten Antwort es ihr gesagt. »Wenn ich eine andere Idee hätte, würde ich nicht fragen.«
Schnee lachte schwach. »Siehst du? Das ganze Kämpfen, und am Ende greifst du doch auf mich und meine Magie zurück.«
*
Talia hielt den Umhang zu, als sie sich dem Schloss näherte. Die Kapuze nahm ihr die Sicht nach den Seiten und entzog ihren Blicken die brennenden Wirbelwinde aus Peri-Magie, die die anderen bedrohten. Die Faziya bedrohten. Sie zwang sich dazu, nicht umzukehren. Wieso war Faziya nicht so vernünftig
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