Rotkäppchens Rache
sah. Der schwefelige Gestank eines Elfenfluchs, vermischt mit dem blutigen Moschusgeruch der Hunde. Zwei Hunde, aber nur ein Jäger. Der lederumwickelte Stiel ihres Hammers knarrte unter ihrem Griff. Sie konnte sich noch gut daran erinnern, wie sie zum ersten Mal einen Blick auf einen Elfenjäger erhascht hatte, wenngleich sie damals nicht gewusst hatte, was sie da sah. Närrin, die sie gewesen war, hatte sie ihn für einen Befreier gehalten, der gekommen war, um sie vor dem Wolf zu retten, der ihre Großmutter gefressen hatte.
Plötzlich wurden im Hof Schreie laut. Schritte dröhnten durch den Gang, als die Patienten, die noch dazu in der Lage waren, die dringenden Bitten der Schwestern ignorierten und die Flucht ergriffen. Als Antwort darauf wurde das Bellen der Hunde lauter.
»Hier rein!«, rief Roudette. Der Erste, der durch die Türöffnung kam, war ein junger Mann mit einem geschienten Arm. Roudette zeigte nach hinten. »Weiterlaufen!«
Er verschwand durch den rückwärtigen Ausgang. Vier weitere stürzten durch den Garten, und dann erschien der Jäger.
Wie er so von seinen Hunden flankiert wurde, hätte er als Mensch durchgehen können. Ein mit schwarzem Rosshaar besetzter Bronzehelm verdeckte sein Gesicht. In einer Hand hielt er einen Speer mit blattförmiger Spitze, die dunkel von frischem Blut glänzte.
Blaue Wirbel, die entweder aufgemalt oder eintätowiert waren, schmückten seine nackte Brust. Seine weite blaue Hose war an den Knien zusammengebunden. An einer Hüfte hing ein Messer mit Knochenheft, ein Horn mit Bronzerand an der anderen.
Die Hunde trugen weder Halsbänder noch Leinen, doch schienen sie an unsichtbaren Ketten zu zerren. Langbeinig und hager, die Ohren flach angelegt, knurrten sie Roudette an. Ihre Augen besaßen ein schwaches, blaugrünes Glühen, das im Mondlicht kaum zu sehen war.
Freude wallte in Roudettes Herz auf, als sie den Jäger angriff. Seine Hunde sprangen mit mächtigen Sätzen nach vorn, um ihr den Weg abzuschneiden. Sie sah, wie Talia sich aus dem Schatten stürzte, lautlos wie die Dunkelheit.
Roudette schwang den Hammer gegen den Hund rechts von ihr, und das eiserne Gewicht zerschmetterte dem Tier die Schulter. Der andere Hund krachte in sie; sie fiel hin, ließ die Waffe los und vergrub beide Hände in seinem Hals. Sie rammte ihm die Beine in die Rippen und schleuderte ihn durch die Luft, sodass er in den Teich hinter ihr klatschte.
Der Jäger war Talias erstem Angriff ausgewichen. Er trieb sie mit seinem Speer zurück, dann ergriff er das Horn an seinem Gürtel. Als er es an die Lippen hob, schlug Talia den Speer zur Seite und führte einen hohen Tritt aus: Ihr Fuß zerbrach das Horn und schlug dem Gegner mehrere Zähne aus. »Jetzt versuch mal, in das Ding zu blasen!«, forderte sie ihn schwer atmend auf.
Grinsend richtete Roudette ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Hunde. Zuerst erledigte sie den verwundeten, indem sie ihm auf den Schädel stampfte. Dann hob sie den Kadaver auf und schleuderte ihn auf den zweiten Hund, den der Aufprall zu Boden schlug.
Talia war inzwischen in der Defensive. Ihre Geschwindigkeit und Reflexe waren elfengesegnet, aber das hier war ein Elfenjäger. Sie parierte jeden Angriff, aber der Mann war unglaublich schnell. Jedes Mal, wenn sie versuchte zuzuschlagen, zischte der Speer wie eine Schlange vor. Talia verlagerte ihr Gewicht, und die Speerspitze schnitt ihr in den Oberschenkel. Ein zweiter Stoß zerriss den Ärmel ihrer Robe.
»Ich kümmere mich um den Hund! Du hilfst Talia!« Die Stimme gehörte Danielle, die, das Glasschwert in Händen, auf der anderen Seite des Gartens stand. Sie starrte auf den verbleibenden Hund, und ihre Stirn legte sich vor Konzentration in Falten. »Komm zu mir!«
So eine Idiotin! Das war kein gewöhnlicher Köter! Der Hund stürmte bereits auf Danielle zu - selbst wenn sie jetzt flöhe, das Tier wäre zu schnell. Mit gefletschten Zähnen sprang der Hund.
Schnee trat aus dem Schatten heraus, die flache Hand an den Lippen. Als sie daraufblies, flogen dunkle Splitter von ihrer Handfläche und trafen den Hund.
Danielle drehte sich zur Seite, als das Tier zusammenbrach und vor Schmerzen wimmernd auf dem Boden liegen blieb.
Roudette lachte und hob ihren Hammer auf. »Vergiss die Prinzessin und stell dich mir, du elfenverfluchter Dreckskerl!«
Danach war der Kampf schnell zu Ende. Roudette war nicht sicher, wer den entscheidenden Treffer gelandet hatte: Talia war es, die dem Jäger eine Schnittwunde an
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