Rotkäppchens Rache
und Trinken zu versorgen. Mithilfe derselben Stangen ließen sie ihnen auch schmerzlindernde Arzneien zukommen. Denjenigen, die darum baten, schickten sie andere Arzneien, um allem ein Ende zu bereiten.
Ein Prinz überlebte drei Jahre, fünf Monate und elf Tage lang. Das war das Längste - allerdings war er am Ende wahnsinnig, sein Verstand zerstört durch die Einengung und die Hitze der Wüstensonne. Andere starben, wenn ihre Wunden eiterten oder sie einer Krankheit zum Opfer fielen oder sie einfach aufgaben und Essen und Trinken verweigerten, bis sie verdorrten.
Die Schwestern taten alles, was sie konnten, um die Prinzen fortzuschicken. Sie baten jeden angehenden Retter, eine Woche lang arbeitend im Tempel zu verbringen und sich um die armen Narren zu kümmern, die in der Hecke feststeckten. Das reichte, um ein paar Seelen zu retten: diejenigen, die schlau genug waren, um zu erkennen, was sie erwartete. Aber die meisten waren zu eigensinnig, um sich von ihrem Vorhaben abbringen zu lassen. Sie waren Mitglieder von Königshäusern - du weißt, wie die sein können.«
»Ich habe es erfahren«, sagte Danielle trocken.
»Jeder war sicher, dass er würdig sei, die Hecke zu durchdringen und die schlafende Prinzessin, die dahinter gefangen war, zu retten. Jeder versagte, und mit jedem Tod zersplitterte Arathea mehr. Bis Prinz Jihab ankam, hatte Arathea den größten Teil eines Jahrhunderts im Krieg verbracht, und der Tempel der Hecke hatte sich über das Land ausgebreitet und bot seine Dienste allen Bedürftigen an. Die meisten königlichen Blutlinien ließen dem Tempel großzügige Spenden für die Betreuung ihrer Söhne zukommen. Am Ende konnten die Schatzkammern des Tempels mit denen der Elfenkirche wetteifern.«
Danielle warf einen Blick auf Schnee. »Wie sind sie im Behandeln von Kopfverletzungen?«
»Ich bezweifle, dass Khardija viel für sie tun könnte, was Tymalous nicht schon versucht hat.«
»Ich möchte sie trotzdem gern fragen, falls wir Zeit haben.«
»Falls wir Zeit haben.« Talia schürzte die Lippen. »Schnee wird nicht erfreut sein.«
»Um Schnee werde ich mich kümmern.« Danielle blickte um sich, betrachtete die kahlen Wände, die verschlissene Decke. »Gehe ich recht in der Annahme, dass die Geschicke des Tempels einem Wandel unterworfen waren?«
Talia massierte sich die vernarbte Hand. Über das, was als Nächstes kam, sprach sie nur ungern, nicht einmal mit Schnee. »Prinz Jihab und seine Familie brachten verzauberte Äxte gegen die Hecke zum Einsatz. Jahre zuvor war Jihabs Vater der Hecke zum Opfer gefallen, doch als Jihab eintraf, war der Fluch bereits schwächer geworden. Wochenlang hackten sie sich ihren Weg durch die Hecke, bis sie endlich das Schloss erreichten. Jihab betrat es allein. Als es ihm nicht gelang, mich zu wecken, kehrte er durch die Hecke zurück - der erste Prinz, der je lebendig wieder herauskam. Er erklärte mich für tot und befahl, das Schloss von außen zu versiegeln. Es verbreitete sich das Gerücht, dass der Tempel es gewusst hatte, dass die Schwestern Prinzen in die Hecke gelockt hatten, um sein Wachstum zu finanzieren. Auf einmal war Jihab ein Held, weil er die Wahrheit aufgedeckt hatte, und der Tempel fast zugrunde gerichtet. Neun Monate später wachte ich auf.«
Sie ballte die Hand zur Faust und öffnete sie wieder, als sie sich an den schmerzenden Knochen erinnerte, der nach einhundert Jahren immer noch gebrochen gewesen war. »Jeder, den ich jemals gekannt hatte, war inzwischen begraben. Jihabs Familie hatte sie im Schlaf ermordet, um zu verhindern, dass sie jemals aufwachten und ihre Herrschaft infrage stellten. Ich bezweifle nicht, dass er mit mir genauso verfahren wäre, wäre nicht seine Unsicherheit gewesen, welche Auswirkungen mein Tod auf den Fluch haben würde. Er ließ zwanzig Männer zur Bewachung der Hecke zurück, und der Tempel blieb, um sich um die Hand voll überlebender Prinzen zu kümmern. Jihab weigerte sich, seine Äxte zur Verfügung zu stellen, um sie zu befreien.«
Sie schüttelte den Kopf. »Als ich erwachte, war ich schwach und schmerzgepeinigt von der Niederkunft. Ich wankte aus den Ruinen meines Zuhauses und arbeitete mich den Pfad entlang, den Jihabs Männer geschlagen hatten. Die Hecke lag im Sterben, hatte aber noch genug Böses zurückbehalten, um mir bei meiner Flucht blutige Wunden zuzufügen - ihr letzter Akt des Hasses. Mein Erwachen hatte die Überreste des Fluchs gebrochen, und bald danach starb die Hecke endgültig.
An
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