Rotkäppchens Rache
tuscheln.
Vater Uf’uyan richtete sich höher auf als jeder Mensch. Er kaute auf der Unterlippe, während er um sich blickte, zuerst auf die Elfen auf der Empore, dann auf die unten versammelten Menschen. »So viele neue Gesichter. Vielleicht ist dies der erste Segen der Ereignisse von vergangener Nacht. Diejenigen, die vielleicht vom rechten Weg abgekommen wären, sind zurückgekehrt, während andere den Weg zum ersten Mal gefunden haben.
Ich weiß, dass ihr euch fürchtet. Die Deev sind aus unserer Welt verschwunden, aber ihre Schatten sind noch da. Ich habe die Straßen unserer Stadt gesehen: Ich weiß, dass ihr Freunde und Familie verloren habt. Ich habe die Zerstörung gesehen, die die Wilde Jagd in ihrem Kielwasser hinterlassen hat, und ich trauere mit euch.«
Er warf einen Blick hinter sich, sah durch den Torbogen auf die vom Nebel verwischte Landschaft. Eine Illusion zweifelsohne, die den Eindruck üppiger Gärten und Parks vermitteln sollte.
Danielle beugte sich dicht an Talia heran. »Er wirkt nervös.«
»Er ist zur Hälfte Schlange«, wandte Schnee ein. »Woher willst du das wissen?«
»Er ist auch zur Hälfte Mensch.«
Talia musterte Uf’uyan. Sie hätte erwartet, dass ein Mann in seiner Position seine Worte sorgfältig wählte; dennoch gab es hier keine Spur der übermäßig geschliffenen Beredtheit, die sie so oft von Adligen gehört hatte.
»Meine Freunde! Meine Kinder! Ich habe euch enttäuscht. Dafür bitte ich euch um Vergebung.«
Talias Augenbrauen gingen in die Höhe.
»Unser Geschlecht wurde wegen unseres Stolzes aus dem Himmel vertrieben«, fuhr er fort. »Ungezählte Jahre lang bemühten wir uns, Erlösung zu erlangen durch Dienst an der Menschheit, indem wir euch entlang des Pfads der Erlösung führten, euch vor Sünde und Bösem bewahrten. Bei dieser Aufgabe, eine Quelle des Guten zu sein, vergessen wir, dass das Elfengeschlecht auch selbst der Ursprung von Bösem sein kann.
Als die ersten Elfen fehlten, wählten die Peri den Pfad der Erlösung. Sie kämpften darum, der Menschheit zu helfen, denn sie hofften, durch ihre Handlungen Vergebung zu erlangen. Ihre Brüder, die Deev, wählten den Pfad des Chaos. In ihrer Wut strengten sich die Deev an, alles zu zerstören, was Gott gemacht hatte - um den sterblichen Menschen zu bestrafen, über den sie sich ärgerten. Diejenigen unter uns mit Elfenblut dürfen nie vergessen, dass wir beides in uns tragen, sowohl das Potenzial für die Weisheit der Peri als auch jenes für die Zerstörungswut der Deev.«
Ein Raunen lief durch die Kirche, nicht von den Menschen, sondern von den Elfen auf der Empore. Elfen konnten schwer zu deuten sein, aber in Talias Augen sahen sie nicht glücklich aus.
»Wir beschreiten diesen Pfad gemeinsam. Wir teilen unsere Kraft, wenn die Prüfungen härter werden. Die Wilde Jagd ist nichts als ein Hindernis, das überwunden werden muss. Sie ist ein Fluch, der vom Stolz und Bösen der Deev über uns gekommen ist. Gebt euch nicht der Furcht hin! Versucht, weder zu kämpfen noch zu fliehen! Sucht Kraft im Gebet und im Pfad der Erlösung!«
»Er weiß Bescheid!«, flüsterte Talia. Uf’uyan warnte seine Anhänger davor, sich einzumischen, stimmte die Menschen versöhnlich für Zestans Diener. Er wusste, dass die Jagd wiederkommen würde und dass jeder, der versuchte, gegen sie zu kämpfen, niedergemetzelt werden würde.
Ein weiterer Priester kam durch den Nebel. Dieser trug einen Mahagonihelm, der in Form eines Schakalkopfs geschnitzt war. Als er vom Podium heruntertrat, trieb der Nebel nach vorn und löste sich in der Menge auf. Talia konnte die kalten Tröpfchen auf der Haut spüren.
Vater Uf’uyan hob die Arme. »Mögen die Wasser des Himmels euch von euren Sünden reinigen und euch Kraft geben. Hütet euch vor Stolz und seid der Worte der Propheten eingedenk! Verbannt die Sünde erst aus eurem Herzen und dann aus eurem Heim!«
Talia beobachtete ihn scharf. Vater Uf’uyan schickte sich an, noch mehr zu sagen, schien es sich dann aber anders zu überlegen. Er senkte seinen Oberkörper, glitt zur Seite und ließ den anderen Priester die Gemeinde durch die abschließenden Gebete führen.
Danach begaben sich Menschen und Elfen aus der Kirche. Viele der Menschen schienen in den Worten Uf’uyans echten Trost gefunden zu haben, und mehrere Familien fanden sich vorne ein, um ihm zu danken.
Talia mischte sich unter sie. Sie wartete, während Vater Uf’uyan für einen Jungen, der ungefähr so alt wie Jakob war,
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