Rotkäppchens Rache
und zermalmte Steine wühlten. Der Umhang fachte ihre Wut an, bis sie sich nur unter Aufbietung ihrer ganzen Willenskraft davon abhalten konnte, Uf’uyan und diese ganze Verhöhnung einer Kirche zu zerschmettern. »Ich habe gesehen, woran deine Art in Wahrheit glaubt.«
»Alle, die richten, müssen sich auch richten lassen, Kind.« Die Ruhe in seiner Stimme rief in Roudette den Wunsch hervor, ihn zu erwürgen. »Die Wilde Jagd tötet, weil es in ihrer Natur liegt. Du tötest, weil du Vergnügen daran findest, und nimmst jeden zum Ziel, für dessen Jagd man dich bezahlt.«
»An manchen Aufträgen finde ich mehr Vergnügen als an anderen.« Roudette umklammerte den Hammer mit beiden Händen, dass das Leder am Griff quietschte.
Uf’uyan beugte sich zu Talia hinüber. »Ich werde versuchen, euch zu helfen, genau wie ich es bei Faziya getan habe.«
»Dann sag uns, wo wir Zestan finden!«, forderte Roudette ihn auf.
»Sie hat sich nie dazu herabgelassen, Jahrasima persönlich zu besuchen. Sie arbeitet durch ihre Diener, Menschen ebenso wie Elfen.«
Wieder spuckte Roudette aus. »Diener wie du!«
»Zestans Einfluss ist stark, aber nicht jeder teilt ihre Ansichten.« Uf’uyan lächelte. »Mir sind sogar Gerüchte zu Ohren gekommen, dass es ein Priester der Kirche war, der Königin Lakhim vor dem Elfenkomplott gegen sie gewarnt hat.«
»Was ist mit Faziya?«, fragte Talia. »Wo habt Ihr sie hingeschickt?«
»Ich sagte ihr, sie solle in den Tempel zurückgehen«, antwortete er ohne Zögern. »Sie weigerte sich; stattdessen sprach sie über die Raikh.«
»Rajil!« Talia zog ein saures Gesicht. »Könnte sie wissen, wie man Zestan findet?«
»Ich kann es nicht sagen.« Uf’uyan seufzte. »Es gibt Gerüchte, dass sie Zestan folgt, weil sie in ihr Aratheas Erlöserin sieht. Falls Faziya zu ihr gegangen ist …«
Roudette ließ den Hammer in den Händen kreisen, denn sie konnte diese ölige Stimme keinen Moment länger mehr ertragen. »Was gewinnst du durch den Verrat an deiner Herrin, Schlange?«
Uf’uyan lachte tatsächlich. »Was soll ich denn für mich zu gewinnen hoffen, wenn du vorhast, mich zu töten? Ich diene nur einem Herren, und ich helfe euch, weil es meine Pflicht ist, das zu tun.« Er zeigte auf den Schreibtisch. »Bitte bringt mir die Schriftrolle mit dem verblassten grünen Band.«
Schnee ging hinüber, um besagte Rolle zu holen, und betrachtete sie prüfend, bevor sie sie weiterreichte.
Uf’uyan entrollte das Pergament; zum Vorschein kam ein Bild grüner Berge unter einem wolkenlosen blauen Himmel. Die Farbe schien rissig, Linien liefen durch die Berge. »Wisst ihr, was das ist?«
»Ja.« Roudette hatte als Heranwachsende ähnliche Illustrationen gesehen, auch wenn keine so kunstvoll gemalt gewesen war wie diese. »Die Kirche predigt, dass die Elfenrasse in Arathea auf unsere Welt gefallen ist, tief im Süden. Der erste Elfenhügel war kein von Schirmlingen umringter Erdhügel, sondern ein mächtiger Berg aus grünem Kristall, der all eure Macht und Zauberkraft enthielt.«
Schnee betrachtete das Pergament. »Es heißt, die Peri hätten sich auf den Berg zurückgezogen, nachdem sie die Deev vertrieben hatten, und dass sie bis zum heutigen Tag dort geblieben sind.«
»Wo sie auf die Rückkehr in den Himmel warten«, ergänzte Uf’uyan. »Seht genauer hin!« Er berührte die Risse, wo die Farbe abgeblättert war: Statt fleckigem Papier waren an den Stellen schwarze Schatten zu sehen. »Es wird gesagt, dass der Zufluchtsort der Peri zerfallen wird, sollte Aratheas Glaube schwinden, und dass dann die Deev aus ihrem unterirdischen Gefängnis hervorkommen werden.«
»Worauf willst du hinaus?«, fragte Roudette.
Uf’uyan rollte das Pergament wieder zusammen. »Ich glaube, Zestan-e-Jheg ist eine Deev.«
Kapitel 12
»Ausgeschlossen!« Talia suchte in Uf’uyans Miene nach einem Hinweis auf betrügerische Absichten. Deev waren Monster aus den Kindheitsgeschichten, Albträume, die sich in den dunklen Zimmern des Schlosses versteckten, deren Betreten für Talia und ihre Geschwister eine Mutprobe gewesen war. »Die Deev wurden eingesperrt und werden sowohl von Elfenzauberei als auch von Sterblichen bewacht!«
»Und welche Sterblichen wurden mit dieser Aufgabe betraut?«, fragte Uf’uyan.
Talia presste die Lippen zusammen. »Die Kha’iida.«
»Ich hoffe, ich irre mich. Denn wenn ein Deev entkommen kann, könnten andere folgen.«
»Habt Ihr Faziya von Eurem Verdacht erzählt?«, fragte
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