Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rotkehlchen

Rotkehlchen

Titel: Rotkehlchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
Vom Netzwerk:
oder später durch.«
    »Wovon redest du?«, lachte sie.
    »Mit einer Kollegin auf einem Betriebsfest zu tanzen.« » Ich zwinge dich nicht.«
    Er lächelte. Es hätte am Ende der Welt sein können, man hätte den Ententanz rückwärts auf einer Ukulele spielen können – für diesen Tanz hätte er alles getan.
    »Was hast du da?«, fragte sie.
    »Nun, das ist keine Pistole, und ich freue mich wirklich, dich zu sehen. Aber …«
    Harry nahm das Handy von seinem Gürtel und ließ sie los, um es oben auf den Lautsprecher zu legen. Sie streckte ihm die Arme entgegen, als er zurückkam.
    »Ich hoffe, hier klaut keiner«, sagte er. Das war ein uralter Witz im Polizeipräsidium und sie musste ihn hundertmal gehört haben, aber dennoch lachte sie weich in sein Ohr.
     
    Ellen ließ Harrys Handy klingeln, bis sich die Box meldete, ehe sie auflegte. Dann wählte sie die Nummer noch einmal. Sie stand am Fenster und sah auf die Straße hinunter. Kein Auto. Natürlich nicht, sie hörte Gespenster. Tom war sicher auf dem Weg nach Hause in sein Bett. Oder in ein anderes Bett.
    Nach drei Versuchen gab sie es auf, Harry anzurufen, und rief stattdessen Kim an. Er klang müde.
    »Ich hab das Taxi heute Abend um sieben abgeliefert«, sagte er. »Ich bin zwanzig Stunden gefahren.«
    »Ich muss nur noch kurz duschen«, sagte sie. »Wollte nur sicher sein, dass du da bist.«
    »Du hörst dich gestresst an.«
    »Ach, es ist nichts. Ich bin in einer Dreiviertelstunde da. Ich werd wohl ein paarmal bei dir telefonieren müssen und bleib dann bis morgen.«
    »Schön, kannst du vielleicht im 7-Eleven im Markveien vorbeischauen und noch Zigaretten kaufen?«
    »Okay. Ich nehm ein Taxi.«
    »Warum das denn?«
    »Das erklär ich dir später.«
    »Du weißt doch, dass heute Samstagabend ist. Das kannst du vergessen, du kommst bei der Taxizentrale niemals durch. Und es dauert doch nur vier Minuten, bis hierher zu laufen.«
    Sie zögerte.
    »Du?«, fragte sie.
    »Ja?«
    »Liebst du mich?«
    Sie hörte sein leises Lachen und stellte sich seine halb geschlossenenschläfrigen Augen und den mageren, beinahe ausgemergelten Körper unter der Decke in seiner miserablen Wohnung in der Helgesensgate vor. Von der Wohnung aus konnte man den Akerselva sehen. Er hatte alles. Und einen Augenblick lang vergaß sie Tom Waaler fast. Aber nur fast.
     
    »Sverre!«
    Sverre Olsens Mutter stand am Fuß der Treppe und brüllte aus vollem Hals. Solange er denken konnte, hatte sie das so getan. »Sverre, Telefon!«
    Sie schrie, als ob sie Hilfe brauchte, als wäre sie am Ertrinken. »Ich nehm hier oben ab, Mama!«
    Er hob die Beine vom Bett, nahm den Hörer vom Tisch und wartete auf das Klicken, das verriet, dass seine Mutter unten aufgelegt hatte.
    »Hallo?«
    »Ich bin es.« Prince im Hintergrund. Immer Prince.
    »Hab ich mir gedacht«, sagte Sverre.
    »Warum?«
    Die Frage kam sehr scharf. So scharf, dass Sverre sich sogleich in der Defensive fühlte, als ob er es wäre, der Schulden hatte, und nicht umgekehrt.
    »Sie rufen wohl wegen meiner Nachricht an?«, fragte Sverre.
    »Ich rufe an, weil ich gerade die Liste der bei mir eingegangenen Anrufe überprüfe. Daraus entnehme ich, dass du heute Abend um 20 Uhr 23 mit jemandem gesprochen hast. Von was für einer Nachricht schwafelst du?«
    »Wegen der Kohle. Ich werd langsam klamm, und Sie haben mir doch versprochen …«
    »Mit wem hast du geredet?«
    »Hä? Na, mit der Tussi auf Ihrem Anrufbeantworter. Ziemlich gerissen. Ist das eine Neue …?«
    Keine Antwort. Bloß leise Prince. You sexy motherfucker … Die Musik wurde plötzlich ausgestellt.
    »Sag mir genau, was du gesagt hast.«
    »Ich hab bloß gesagt, dass …«
    »Nein! Genau. Wort für Wort.«
    Sverre gab es so exakt wie möglich wieder.
    »Ich hab mir schon gedacht, dass es so etwas sein musste«, sagte der Prinz. »Du hast soeben unsere ganze Aktion an eine Außenstehende verraten, Olsen. Wenn wir dieses Leck nicht sofort schließen, sind wir fertig. Verstehst du?«
    Sverre Olsen begriff nichts.
    Der Prinz hörte sich wieder ganz ruhig an, als er erklärte, dass sein Handy in falsche Hände geraten sei.
    »Das war kein Anrufbeantworter, den du gehört hast, Olsen.« »Wer war es dann?«
    »Nennen wir es den Feind.«
    »Monitor? Haben die da Spione, oder?«
    »Die Betreffende ist jetzt auf dem Weg zur Polizei. Es ist dein Job, sie zu stoppen.«
    »Meiner? Ich will bloß mein Geld und …«
    »Halt deine Klappe, Olsen.«
    Olsen hielt seine Klappe.
    »Es geht um

Weitere Kostenlose Bücher