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Rotkehlchen

Rotkehlchen

Titel: Rotkehlchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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Chef?«
    »Die Formulierung stammt nicht von mir. Aber die Konsequenz ist in jedem Fall, alles unter Verschluss zu halten. Um keine Unsicherheit zu verbreiten. Und keine Lücken im Sicherheitsapparat aufzuzeigen. Ein Attentat ist so ansteckend wie …«
    »Ich weiß, was du meinst«, unterbrach ihn Harry und blies den Rauch durch die Nase aus. »Aber in erster Linie tun wir das doch für die Verantwortlichen, oder? Diejenigen, die früher Alarm hätten schlagen können und müssen.«
    »Wie gesagt«, brummte Møller, »an manchen Tagen ist Bergen eine echte Alternative.«
    Sie schwiegen eine Weile. Ein Vogel trippelte vor ihnen her, wippte mit dem Schwanz, hackte mit dem Schnabel ins Gras und sah sich aufmerksam um.
    »Eine Bachstelze«, sagte Harry. »Motacilla alba. Ein vorsichtiges Kerlchen.«
    »Was?«
    »Laut Handbuch der Vogelkunde. Was machen wir mit den Morden, die Gudbrand Johansen begangen hat?«
    »Die waren doch vorher schon hinreichend aufgeklärt, oder?« »Wie meinst du das?«
    Møller druckste herum.
    »Wenn wir damit jetzt wieder anfangen, reißen wir doch nur alte Wunden bei den Betroffenen auf und riskieren, dass sich irgendjemand für die ganze Geschichte interessiert. Die Fälle waren doch gelöst.«
    »Soso. Even Juul. Und Sverre Olsen. Wie steht es mit dem Mord an Hallgrim Dale?«
    »Niemand wird sich dafür interessieren. Dale war doch nur, äh …«
    »Nur ein alter Säufer, um den sich keiner kümmerte?«
    »Bitte, Harry. Mach es nicht schwieriger, als es ist. Du weißt gut, dass mir die Sache auch nicht gefällt.«
    Harry drückte die Zigarette auf der Armlehne der Bank aus und steckte die Kippe zurück in das Päckchen.
    »Ich muss wieder rein, Chef.«
    »Wir können also damit rechnen, dass du die Sache für dich behältst?«
    Harry lächelte lakonisch.
    »Stimmt es, was ich darüber gehört habe, wer meinen Job im PÜD übernehmen wird?«
    »Ja, sicher«, antwortete Møller. »Tom Waaler hat gesagt, er wolle sich bewerben. Meirik hat ja angedeutet, dass er dieser Position die ganze Neonaziabteilung unterordnen will, und dann wird das vielleicht wirklich so etwas wie ein Sprungbrett zu den Topstellungen. Ich werde ihn im Übrigen empfehlen. Dir ist es doch sicher mehr als recht, wenn er verschwindet, jetzt, wo du ins Dezernat für Gewaltverbrechen zurückkehrst? Jetzt wird ja diese Kommissionsleiterstelle bei uns frei.«
    »Das ist also die Belohnung dafür, die Klappe zu halten?«
    »Aber wie kommst du denn darauf, Harry? Das ist, weil du der Beste bist. Das hast du doch wieder bewiesen. Ich frage mich bloß, ob wir dir vertrauen können.«
    »Du weißt, woran ich arbeiten will?«
    Møller zuckte mit den Schultern.
    »Der Mord an Ellen ist aufgeklärt.«
    »Nicht ganz«, wandte Harry ein. »Es gibt ein paar Sachen, die wir noch nicht wissen. Unter anderem, wo die zweihunderttausend Kronen des Waffenhandels abgeblieben sind. Vielleicht gab es ja noch mehr Mittelsmänner?«
    Meiler nickte.
    »Okay. Du und Halvorsen – ihr bekommt noch zwei Monate. Wenn ihr bis dahin nichts findet, wird die Sache abgeschlossen.« »Okay, das ist fair.«
    Møller stand auf, um zu gehen.
    »Eine Sache ist mir noch nicht ganz klar, Harry. Wie bist du darauf gekommen, dass das Passwort ›Oleg‹ war?«
    »Nun. Ellen hat mir immer eingebläut, dass das Erste, was ihr bei einer Sache einfiel, fast immer das Richtige wäre.«
    »Beeindruckend.« Møller nickte stumm. »Und das Erste, was dir einfiel, war also der Name von seinem Enkel?«
    »Nein.«
    »Nein?«
    »Ich bin nicht Ellen. Ich musste nachdenken.«
    Møller sah ihn scharf an.
    »Willst du mich jetzt verarschen, Hole?«
    Harry lächelte. Dann nickte er in Richtung der Bachstelze.
    »Ich habe in diesem Vogelbuch gelesen, dass niemand weiß, warum die Bachstelze mit dem Schwanz wippt, wenn sie still steht. Das ist ein Rätsel. Man weiß bloß, dass sie es nicht lassen kann …«
     
    Polizeipräsidium, 19. Mai 2000
     
    117 Harry hatte es sich gerade bequem gemacht, die perfekte Sitzhaltung gefunden und die Füße auf den Schreibtisch gelegt, als das Telefon klingelte. Um die angenehme Haltung nicht zu verlieren, beugte er sich vor und spannte die Gesäßmuskeln an, um den neuen Bürostuhl mit den verräterisch gut geölten Rollen unter Kontrolle zu halten. Er erreichte den Hörer gerade eben mit den Fingerspitzen.
    »Hole.«
    »Harry? Esaias Burne speaking. How are you?«
    »Esaias? This is a surprise. «
    »Wirklich? Ich melde mich bloß, um dir zu

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