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Rott sieht Rot

Rott sieht Rot

Titel: Rott sieht Rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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Fotogeschäft arbeite ich drei Tage die Woche; ansonsten ziehe ich mit meiner Kamera rum oder bin hier in meinem kleinen Labor.« Sie belichtete das nächste Bild. »Es ist eine ziemlich einsame Tätigkeit.«
    »Und Tristan Sülzbach? Interessiert der sich nicht dafür, was Sie so machen?«
    Die Belichtung war beendet. Die Lampe an dem Riesenmikroskop erlosch. Alles war wieder in Rot getaucht. »Schon. Aber er hat eben viel zu tun. Er ist Manager in einer Musikfirma.«
    »Das weiß ich.«
    »Dann können Sie es sich ja denken.« Sie klang plötzlich etwas frostig.
    »Warum haben Sie ihn nicht eingeladen?«, fragte ich.
    »Er hat einen Geschäftstermin«, sagte Svetlana. »Worauf wollen Sie eigentlich hinaus? Tristan liebt mich. Er wird diese Baronin verlassen. Seien Sie sicher.«
    »Woher wissen Sie das so genau?«
    Sie sah mich an; ihre Augen wirkten unnatürlich groß. »Er hat mir sein Wort gegeben.«
    »Aber das hat er der Baronin gegenüber auch getan.«
    »Wahrscheinlich hat er sich durch den Namen blenden lassen. Oder sie hat es auf sein Geld abgesehen. Es gibt da so eine eigenartige Freundin.«
    »Noch eine?«
    Sie sah mich böse an. »Ich meine eine Freundin der Baronin. Die hat anscheinend die Kupplerin gespielt.«
    »Ach. Kennen Sie sie?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Nein, aber Tristan hat mal so was angedeutet. Das ist irgend so eine stinkreiche Tussi, die im Auftrag der Baronin auf Männerfang gegangen ist. Widerlich.«
    Ich biss mir in Gedanken auf die Zunge und beschloss, das Thema nicht mehr anzuschneiden. Ich versuchte auch nicht daran zu denken, dass Sülzbach dieses Mädchen belog. Ich wusste schließlich, dass er mit seiner Baronin und Jutta essen war.
    Eine Weile arbeitete Svetlana mit geübten Händen; bald schwammen zehn Aufnahmen im Waschbecken. Ich hatte auf dem Friedhof gar nicht mitbekommen, dass sie so oft auf den Auslöser gedrückt hatte. Sie stocherte prüfend mit der Zange zwischen den Blättern herum; dann nahm sie zwei davon und drückte sie an die Kacheln über der Badewanne. Sie waren so nass, dass sie kleben blieben.
    »Ein alter Trick«, sagte sie, als sie mein Erstaunen bemerkte. »Die Blätter müssen noch richtig in der Maschine getrocknet werden, aber so kann man sie sich schon mal ansehen. Gefallen sie Ihnen? Moment, ich mache das große Licht an.«
    Sie verschloss sorgfältig den Karton mit dem Fotopapier und drückte auf den Lichtschalter. Schlagartig verscheuchte eine Lampe über dem Waschbecken die schummrige Atmosphäre. Das Bad sah plötzlich furchtbar unaufgeräumt aus. Zwischen dem Fotozubehör wurden die typischen Utensilien eines von einer Frau benutzten Bades sichtbar. Kleine Körbchen mit Cremetuben und Fläschchen, eine Schachtel Kleenex, an der Tür hing ein lila Bademantel.
    »Schön«, sagte ich, aber das entsprach nicht der Wahrheit. Ich fand mich auf den Fotos fremd. Verkrampft. Meine Geheimratsecken waren in letzter Zeit größer geworden. »Fotografieren Sie eigentlich auch in Farbe?«, fragte ich.
    »Wenig. In Schwarzweiß kann man mehr zum Ausdruck bringen.«
    Wir betrachteten die Bilder eine Weile.
    »Möchten Sie was trinken?«, fragte Svetlana. »Ich könnte uns einen Tee machen.«
    Ich war froh, dass die Pause überbrückt war. »Gern.«
    Sie bat mich ins Wohnzimmer. Ich nahm auf einem der beiden Rattanstühle Platz und bemerkte, dass die Wände bis auf den Platz, wo das Bücherregal stand, mit Fotos behängt waren. Ich sah dramatisch fotografierte Bahnlinien, an denen das Unkraut wucherte und die so schnurgerade in der Ferne verschwanden, dass man glaubte, zum Horizont gezogen zu werden. Knorrige Bäume an Waldrändern, Details irgendwelcher Betonmauern und glitzernde Wasserflächen - wahrscheinlich von bergischen Talsperren. Keine Menschen, außer auf einem einzigen Bild: Da stand Tristan Sülzbach neben seinem Porsche und hielt lächelnd die Tür auf.
    Bei der Betrachtung von Svetlanas Arbeiten bemerkte ich einen kleinen Schreibtisch. Darauf standen Tassen, aus denen Stifte ragten, daneben befand sich ein zugeklapptes Notebook.
    Svetlana kam mit einem Tablett herein. Aus einer flachen Teekanne dampfte es. Die Tassen waren klein und sahen asiatisch aus.
    »Das Service hat mir Tristan aus Tokio mitgebracht«, erklärte sie.
    Wir tranken den Tee, der nach Jasmin schmeckte, und redeten wenig. Ich hatte das Gefühl, für Unterhaltung sorgen zu müssen, wusste aber nicht, wie ich anfangen sollte. Mein Blick streifte immer wieder ihre nackten Beine,

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