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Rott sieht Rot

Rott sieht Rot

Titel: Rott sieht Rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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sprechen kommen, dass er doch wohl demnächst heiraten will.«
    Ihr Gesicht wurde wieder weich, und sie sah nach unten, als sei sie verlegen. »Ja«, sagte sie. »Das ist eine gute Nachricht. Ich bin schon sehr aufgeregt deswegen. Wissen Sie, es wurde einfach Zeit, dass Tristan die Richtige findet.« Sie legte die Hände in den Schoß und faltete sie, als wolle sie ein Gebet sprechen. »Wo haben Sie ihn doch gleich kennen gelernt, sagten Sie?«
    »Wir haben zusammen studiert. Damals in Köln. Und jetzt bin ich wieder einmal in der Gegend, aber ich konnte ihn einfach nicht erreichen. Es ist wie verhext. Er geht nicht ans Telefon, obwohl er mir neulich noch seine Visitenkarte geschickt hat.« Ich zog das Kärtchen heraus, das Sülzbach mir gegeben hatte, um den Eindruck zu unterstützen.
    »Ach entschuldigen Sie, Herr Rott«, sagte sie plötzlich. »Ich habe Ihnen gar nichts angeboten. Möchten Sie vielleicht etwas trinken?«
    »Nein danke, Frau Sülzbach. Das ist sehr nett, aber ich komme gerade von einem geschäftlichen Termin mit einem Kunden. Da wird man immer so abgefüttert, wissen Sie …«
    Sie nickte. »Ja, davon erzählt Tristan auch immer. Wahrscheinlich ist er auch deswegen im Moment nicht zu erreichen. Er hat so viel zu tun vor dem großen Fest. Es findet ja bereits morgen statt. Wussten Sie das?«
    Ich tippte mir mit der Hand an die Stirn. »Richtig! Er hatte mir das Datum ja mitgeteilt. Wie doch die Zeit vergeht…«
    »Vielleicht können Sie ja so lange bleiben? Er würde sich bestimmt freuen, Sie zu sehen.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Leider muss ich morgen früh wieder zurück nach München. Am Nachmittag fliege ich bereits weiter nach …« Ich dachte nach, »Paris. Es war wirklich nur ein Kurzbesuch.«
    Ich war froh, die Kurve bekommen zu haben, und sah Frau Sülzbach erwartungsvoll an. Ich überlegte, wie ich ihr ein paar brauchbare Informationen über Kontakte ihres Sohnes entlocken oder das Gespräch zumindest am unauffälligsten auf Hanna Schneider bringen konnte. Plötzlich sagte sie etwas Merkwürdiges.
    »Sie haben sicher genauso viel zu tun wie er. Arbeiten Sie denn auch in der Automobilbranche?«
    »Wo?«
    »In der Automobilbranche. Tristan leitet doch in Remscheid ein großes Autohaus. Haben Sie das nicht gewusst?«
    Als ich versuchte, mein Erstaunen zu verbergen, war es bereits zu spät. »Ich hatte angenommen, er sei bei einer Schallplattenfirma beschäftigt.«
    Sie sah mich an und schüttelte langsam den Kopf. Dabei lächelte sie wie ein Lehrer über einen dummen Jungen, der beim Gedichtaufsagen stecken geblieben war. »Nein, nein. Mit Musik macht mein Sohn nichts. Obwohl ich es ihm immer ans Herz gelegt habe. Er hat als Schüler Klavierunterricht genommen. Aber er hatte dafür kein Durchhaltevermögen. Er kam mehr nach seinem Vater. Er ist einfach ein Geschäftsmann.« Sie hob den rechten Zeigefinger. »Und ein guter!«
    »Aber Frau Sülzbach«, wandte ich ein. »Ich war der festen Überzeugung, Ihr Sohn sei Musikmanager. Sehen Sie, wir haben doch damals zusammen in der Band gespielt, und da hat er jede Menge Talent bewiesen …«
    Der Blick der alten Dame wurde abweisend. »In einer Band? Welche Band?« Sie schüttelte den Kopf, als wolle sie den Makel loswerden, überhaupt dieses englische Wort ausgesprochen zu haben. »Meinen Sie etwa diese schreckliche Rock-Musik? Nein. So etwas hat mein Sohn im Leben nicht gemacht. Sie scheinen ihn aber nicht sehr gut zu kennen!«
    Ich sah sie eine Sekunde lang an und merkte, dass es besser war, nicht weiterzubohren. »Merkwürdig«, murmelte ich. »Da habe ich mich wohl vertan.«
    »Ganz sicher, junger Mann. Ganz sicher.«
    Richard Wagners tote Marmoraugen starrten mir entgegen; all die Helden und Heldinnen auf den Fotos schienen ebenfalls zu missbilligen, dass ich unterstellt hatte, ein Spross dieses Hauses beschäftige sich mit »schrecklicher Rock-Musik«.
    »Tja, ich muss leider weiter, Frau Sülzbach. Vielleicht könnten Sie mir noch sagen, welches Autohaus Ihr Sohn leitet. Dann kann ich ihn dort anrufen oder eine Nachricht hinterlassen.«
    »Das wird eine Weile nicht gehen, Herr Rott. Mein Sohn und Agnes fahren erst einmal in die Flitterwochen. Aber wenn es Sie interessiert, kann ich Ihnen natürlich die Adresse sagen.« Sie nannte eine Hausnummer in der Lenneper Straße. »Die Telefonnummer weiß ich leider nicht. Ich rufe meinen Sohn immer auf dem Mobiltelefon an. Das ist einfacher.«
    »Ach, da fällt mir noch etwas ein«, sagte ich.

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