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Rott sieht Rot

Rott sieht Rot

Titel: Rott sieht Rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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schlechte Geschäfte gemacht?«
    »Schlechte für uns, gute für ihn. Er hat versucht, die teuren Playbacks an einen Koreaner zu verhökern. Was heißt, versucht. Er hat es getan. Das Ganze kam durch Zufall heraus. Ein Bekannter von mir war in Seoul und hörte plötzlich in einem Hotel unsere Songs, natürlich nur das Playback - übertüncht mit koreanischem Gesang.«
    Ich versuchte mir vorzustellen, wie »Wunder gibt es immer wieder« auf Koreanisch klingen würde.
    »Zum Glück konnten wir das juristisch alles regeln«, erklärte Gregor weiter. »Aber Tristan durfte ich einen solchen Vertrauensbruch nicht durchgehen lassen.«
    »Vielleicht ist er ja nach Korea abgehauen? Vielleicht wurde ihm da ein Jobangebot gemacht?«
    Gregor zuckte mit den Schultern. »Das kann natürlich sein. Aber ich glaube, dass die Firma, mit der er da zusammengearbeitet hat, nicht besonders an ihm interessiert ist. Die haben nicht gewusst, dass er ihnen illegal Material verkauft hat. Wenn Sie mich fragen - von Sülzbach nimmt in der ganzen Branche keiner mehr ein Stück Brot. Du sollst eben nicht stehlen …«
    »Was hat ihm denn der Deal gebracht?«
    »Hunderttausend ungefähr. Mark. Ich habe sie mir auf Heller und Pfennig zurückzahlen lassen.«
    »Und was wollte er, als er noch mal bei Ihnen auftauchte?«
    »Er hat versucht, mich anzupumpen. Ich ließ mich aber nicht darauf ein. Für mich ist der Mann gestorben. Das Musikgeschäft ist in vielen Bereichen Vertrauenssache. Ich kann das mit den Werten, die wir vermitteln, in keinster Weise vereinbaren.«
    Ich starrte eine Weile auf das T-Shirt und versuchte mir auszumalen, wie Jesus in einer Plattenfirma arbeitete. Dann konnte ich mir eine Bemerkung nicht verkneifen. »Glauben Sie wirklich, dass diese Schlager zu einem christlichen Inhalt passen?«, fragte ich. »Normalerweise ist doch Kirchenmusik ganz anders.«
    »Sie meinen altmodischer«, sagte er. »Aber das ist es ja gerade. Man muss die frohe Botschaft Medien anvertrauen, die die Menschen auch erreichen. Intelligenter Inhalt, angenehm verpackt. Das ist die Zauberformel. Jesus selbst hat es auch so gemacht. Er ist zu den einfachen Leuten gegangen. Und er wurde verstanden. Das Prinzip ist simpel. Und Jahrtausende alt.«
    Ich überlegte, ob Gregor mit dem intelligenten Inhalt tatsächlich die Texte meinte, die er eben mit dem Reimlexikon hingeschludert hatte, und kam zu dem Ergebnis, dass der Mann vollkommen von sich überzeugt war. Jedenfalls, wenn die Kasse stimmte.
    »Eine Frage hätte ich noch«, sagte ich. »Das heißt - eigentlich drei.«
    »Schießen Sie los. Aber schnell, ich muss wieder an die Arbeit.«
    »Wie sind Sie mit Tristan zusammengekommen?«
    »Wir haben beide in Köln studiert. Und wir haben schon während unseres Studiums zusammen Musik gemacht - nebenbei. Tristan hatte dann andere Jobs. Ich bin in den Achtzigern zur EMI gegangen. Das war die Zeit, als der Kölschrock boomte - vielleicht erinnern Sie sich. Ein paar Jahre später habe ich dann meine eigene Firma aufgebaut. Sakro-Pop ist eine Marktlücke.«
    »Und was war mit Sülzbach?«, stoppte ich seine Firmengeschichte.
    »Wissen Sie, damals im Studium hatte ich nicht viel Geld, und die anderen aus der Band auch nicht. Tristan schon, der kam aus reichem Haus. Sein Vater hatte irgend so eine medizinische Firma, und seine Mutter war Sängerin. Klassische Musik. Jedenfalls hat er uns immer unterstützt. Mit Proberäumen und den ersten Demobändern, als wir noch von einer großen Karriere geträumt haben.«
    »Und weiter?«
    »Zunächst haben wir uns aus den Augen verloren. 1999 tauchte er dann plötzlich hier auf. Er hatte keine Lust mehr auf seine Jobs in den Firmen, in denen er vorher gearbeitet hatte. Wo, weiß ich gar nicht. Und er hat mich gefragt, ob ich ihm jetzt einmal einen Gefallen tun könnte.«
    »Und so haben Sie ihn eingestellt.«
    »Warum nicht? Immerhin ist er ausgebildeter Betriebswirt. Im Gegensatz zu mir hat er sein Studium abgeschlossen. Ich konnte ja nicht ahnen, wie es ausgeht.« Er stand auf. »Jetzt muss ich Sie aber wirklich rausschmeißen.«
    »Moment noch. Haben Sie das schon mal gesehen?« Ich zog das Kästchen mit den Edelsteinen heraus. Gregor wirkte erstaunt.
    »Es sind Rubine«, erklärte ich.
    »Kenne ich nicht. Wo haben Sie die her?«
    »Spielt keine Rolle. Ich dachte, sie würden Ihnen vielleicht etwas sagen.«
    »Nein, tut mir Leid.«
    »Letzte Frage: Haben Sie schon mal den Namen Hanna Schneider gehört?«
    Er dachte nach.

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