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Rotwild: Der zweite Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)

Rotwild: Der zweite Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)

Titel: Rotwild: Der zweite Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Signe Danielsson , Roman Voosen
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Samstagabend. Die Hocker am Tresen waren von Männern besetzt, die Biergläser vor sich stehen hatten. Hinter dem Tresen war ein Fernsehschirm angebracht. Es lief ein Eishockeyspiel. Am Tisch neben ihr saß eng umschlungen ein knutschendes Paar Anfang zwanzig. Das Mädchen hatte blonde Zöpfe, deren Spitzen violett gefärbt waren. Das ist ja fast schon Punk, dachte Forss, Provinzpunk. Der Freund hatte sogar einen Irokesenschnitt. Nicht die Jungfußballer-Version, sondern einen echten, mit abrasierten Seiten. Als sich der Junge zurücklehnte, sah sie, dass sie sich vertan hatte: Es war ebenfalls ein Mädchen. Ein lesbisches Liebespaar. Punklesben. In der anderen Ecke des Raums saßen zwei Männer in Rollkragenpullovern, die sich laut unterhielten. Der eine griff in seine Jacke, die neben ihm auf der Sitzbank lag, und holte einen Flachmann heraus. Daraus goss er hinter vorgehaltener Hand etwas in sein Glas. Der weiß, wie man es macht, dachte sie. Sie schloss die Augen. Die Musikanlage hämmerte U2s notorisches Sunday, Bloody Sunday in anstrengender Lautstärke. How long must we stand this song? , dachte sie. Sie spürte, dass sie müde wurde. Vielleicht musste diese Vinylbar warten. Es würde noch viele Wochenenden geben. Sie bat um die Rechnung. Als sie bezahlt hatte, ging sie zu ihrem Hotel zurück. Oben, in ihrem Zimmer, fiel sie in einen traumlosen Schlaf.
    SONNTAG
    1
    Der Volvo raste durch die Dämmerung. Stina Forss hockte auf der Rückbank und sah nach vorn. Am Steuer saß ihre Kollegin Anette Hultin, sie war Anfang dreißig, hatte blonde, kinnlange Haare und trug an diesem Morgen einen sportlichen Fleece-Pulli, auf dem Peak Performance stand. Sie lenkte das Auto mit der Routine und Geschwindigkeit einer Rallyefahrerin. Ingrid Nyström saß neben ihr auf dem Beifahrersitz. In ihr kurzes, dunkles Haar mischten sich bereits einzelne graue Strähnen. Dann schaute Forss aus dem Fenster in den frühen Sonntagmorgen, es war noch nicht lange her, dass Nyströms Anruf sie geweckt hatte. Sie sah Wälder, dazwischen Nebel, in den Senken Schneereste. Hin und wieder schimmerten die bleiernen Flächen kleinerer Seen durch die Bäume. Sie fuhren auf der Landstraße Richtung Skårtaryd, dann nach Dädesjö, vorbei an kleinen Dörfern, Siedlungen und alten Höfen. Hinter Dädesjö ging es nach Ramnåsa. Nyström drehte sich zu ihr um.
    »Der Tote heißt Balthasar Melchior Frost. Ein Engländer, der schon sehr lange hier wohnte.«
    »Kanntest du ihn?«
    »Was heißt schon kennen? Ich war bei einem Vortrag von ihm in der Stadtbibliothek. Da hat er über Insekten gesprochen. Das muss 2007 gewesen sein, im Linné-Jahr.«
    »Im was?«
    »Linné-Jahr. Carl von Linné. Ein Wissenschaftler, der aus unserer Gegend kam. Er hat das System erfunden, mit dem man Pflanzen und Tiere klassifiziert, diese lateinischen Namen, du weißt schon. Er ist in Växjö zur Schule gegangen. 2007 war sein 300. Geburtstag. Da gab es viele Ausstellungen und Vorträge wie den von Frost. Die Lokalzeitung, Smålands Posten , hat damals sogar ein ausführliches Porträt über ihn gebracht.«
    »Über Linné?«
    Nyström lachte auf.
    »Über den auch. Aber ich meinte Frost.«
    Sie bogen von der Straße ab und folgten einem kurvigen Feldweg. Vor den Autofenstern wich allmählich die Dunkelheit zwischen den Bäumen. Ziehende Wolkenfetzen dräuten so niedrig über dem Boden, dass sie die Baumwipfel verdeckten. Der Regen hatte nachgelassen und war in ein kaum sichtbares Nieseln übergegangen. Der Wagen hielt an. Sie standen vor einem zweigeschossigen, gelben Holzhaus.
    In der Auffahrt standen vier Autos und zwei Streifenpolizisten. Die drei Frauen gingen auf das Haus zu. In der geöffneten Tür stand Hugo Delgado und nickte ihnen zu. Er drehte sich gerade eine Zigarette und wirkte angespannt. Nyström und die Kollegen gingen ins Haus hinein, Forss blieb zurück in der Diele, sie konnte am besten denken, wenn sie alleine war. Sie sah sich um. Ein geräumiges, großzügiges Zimmer. Rechts führte eine Treppe ins Obergeschoss, die Stufen bestanden wie der Fußboden aus hellblau lackierten Holzbohlen, die in der Mitte ausgetreten waren. Direkt hinter der Haustür lag ein grob gewebter, bunter Läufer auf dem Boden, ähnliche weiter hinten im Raum und auf der Treppe.
    Unter der Decke hing eine runde, milchige Glaslampe. An der linken Seite hatte der Raum drei Fenster, die zur Straße wiesen, die Rahmen waren weiß gestrichen. Unter ihnen stand ein Sideboard aus hellem

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