Rotzig & Rotzig
Fenster trat und einen Blick voll väterlich wohlwollender Strenge auf das lärmende Treiben im Pausenhof warf. Als Wähler hatte er mich schon so gut wie im Sack.
„Das heißt also, Yves und Sean sind gute Schüler?“ Irgendetwas daran überraschte mich und dann auch wieder nicht.
Dr. Brettschneider überlegte einen Moment, bevor er antwortete. Bloß keine unbedachten Äußerungen. „Ja, das kann man so sagen. Auch wenn sie von den Noten her immer leicht unter ihren Möglichkeiten bleiben. Wie man es oft findet bei Schülern, denen das Lernen leichtfällt.“
Unangestrengte Vorbereitung auf legale Karrieren nach Erreichen des strafmündigen Alters, dachte ich. Smart. „Doch was führt Sie zu mir?“
„Mein Gewissen, wenn man so will. Ich bin Privatdetektiv und eine Fehleinschätzung von mir hat dazu geführt, dass das Jugendamt Yves und Sean ihrer Mutter weggenommen hat. Kurz, ich fühle mich verantwortlich.“ Dr. Brettschneider lehnte sich gegen das Fensterbrett und nickte, seine Miene schwankend zwischen Verständnis und Unverständnis. „Trotzdem ...“
„Es treibt mich die Wand hoch, dass von jetzt ab ein Behördenapparat über das Schicksal der beiden entscheiden soll. Deshalb versuche ich, quasi als letzten Ausweg, ihren leiblichen Vater zu finden.“ Der Pausengong ertönte, und Dr. Brettschneider drehte sich um und überwachte den Wiedereinzug der Schülerschaft ins Gebäude. „Soweit ich informiert bin“, sagte er langsam, „versucht das Jugendamt das schon seit geraumer Zeit. Erfolglos. Was ...“, er wandte sich wieder zu mir um, „was glauben Sie, besser machen zu können als solch eine Behörde mit all ihren Möglichkeiten?“ Ich zuckte die Achseln. Alles, dachte ich. Vieles. Manches?
„Sagen wir es so: Meine Methodik ist eine andere. Es fängt damit an, dass ich meinen Arsch bewege. Was ich von Ihnen erfahren möchte, ist: Hat sich hier an der Schule mal jemand nach Yves und Sean erkundigt? Ein Fremder, kann sich als Onkel ausgegeben haben oder was auch immer?“
Er dachte wieder nach, schüttelte dann den Kopf. „Ist mir nicht bekannt“, sagte er knapp. „Und ... Ihre Methodik. Ich habe damit ein Problem. Am allerwenigsten gefällt mir, dass Sie, wie Sie es ausdrücken, Ihren Arsch, Ihre Methodik und Ihre daraus resultierenden beruflichen Fehlleistungen hierhin, an meine Schule, bewegt haben.“
Was hatte er denn? Ich verzog keine Miene, sah nur zu ihm auf. „Mit anderen Worten: Das Schicksal der Zwillinge ist Ihnen scheißegal.“
„Aber keineswegs!“ Die tadellose, kerzengerade Haltung geriet sichtlich aus den Fugen. Rot flammte über seine Wangen. „Doch solche Geschichten fallen früher oder später immer auf die Schule zurück, und damit auf ihren Leiter. Und ich habe keine Lust, irgendwelche Fragen der Presse zu solch einem spekulativen Thema zu beantworten, nicht gerade jetzt.“
„So kurz vor der Wahl.“
„Ach, denken Sie, was Sie wollen. Von mir werden Sie, um es unmissverständlich zu formulieren, keinerlei Unterstützung erfahren. Darüber hinaus dulde ich auch nicht, dass Sie den Lehrkörper mit Ihren privaten Interessen von der Arbeit abhalten.“
Ich blickte ihm gerade in die Augen, las Angst darin, Angst um den bisher so vielversprechend verlaufenden Wahlkampf. „Sie kennen den Vater der Zwillinge“, stellte ich mit einiger Kühle fest und sah, wie sich seine Pupillen verengten. „Und Sie decken ihn. Na, kommen Sie: Wer ist es? Einer aus dem Lehrkörper? Oder ein Parteifreund?“
Das Rot seiner Wangen nahm einen Stich ins Blaue an, und er ächzte geradezu vor mühsamer Beherrschung. „Ich möchte“, presste er hervor, „dass Sie augenblicklich dieses Büro und das Schulgelände verlassen. Ich erteile Ihnen hiermit uneingeschränktes Hausverbot.“
Es ist schon sagenhaft, wie ich es immer wieder verstehe, die Leute für mich einzunehmen. „Weiß Ihr Mann von Ihrer Vergangenheit, Frau Ohloff?“
Sie fuhr in ihrem Sitz herum und starrte mich durch ihre getönten, bierdeckelgroßen Gläser an. „Was bist du doch für ein Arschloch geworden, Kristof.“ Im Laufe der Jahre habe ich so viele Aufträge, meistens Suchaufträge, durch Vermittlung der Mülheimer Drogenberatungsstelle ausgeführt, dass sie mir irgendwann die Zugangsdaten ihrer Kartei gegeben haben. Mit diesen Akten fange ich jede Suche innerhalb der Szene an, gibt es doch so gut wie immer Querverbindungen.
Von einem Internetcafe an der Eppinghofer Straße, das mehr als ein
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