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Rotzig & Rotzig

Rotzig & Rotzig

Titel: Rotzig & Rotzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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Schwesterjauchzte, als er sie erst zurückzog und dann kräftig und vorsichtig zugleich nach vorn schubste.
    An der Wand hinter Frau Wittigs Schreibtisch hing ein Poster von Tokio Hotel, wohl um zu zeigen, wie geerdet die Amtsleiterin im Thema Jugend war. Ich hatte ein bisschen insistieren müssen, um vorgelassen zu werden, doch nun saß ich Frau Wittig gegenüber, die schon bei meinem Reinkommen auf ihre Armbanduhr geblickt hatte. Offenbar schätzte sie Unmissverständlichkeit.
    „Frau Wittig, gleich mehrere der Anschuldigungen gegen die Zwillinge werden einer näheren Untersuchung nicht standhalten.“
    Sie hob den Kopf. „Sie stellen die Ergebnisse Ihrer eigenen Nachforschungen infrage?“
    „Ja.“
    Die Jugendamtsleiterin blickte mich baff an. Als wäre sie nicht recht vertraut mit Selbstkritik, oder höchstens auf einer abstrakten Ebene, nicht in der praktischen Anwendung.
    „Ich muss bei der Aufklärung der Einbrüche noch mal ganz von vorn anfangen. Was passiert in der Zwischenzeit mit den Jungs?“
    „Wenn wir Glück haben, bringen wir sie rasch in einer Pflegefamilie unter, bei der sie bleiben können, bis sie das Alter für eine betreute Wohngruppe erreicht haben. Natürlich unter dem Vorbehalt der guten Führung. Nur ein einziges weiteres Vergehen, und die Einweisung in eine geschlossene Institution ist unausweichlich.“ Vergehen ist einer dieser extrem weit gefassten Begriffe. Ich fühlte mich unbehaglich, wie so oft im Umgang mit dem Apparat.
    „Ist das klug, sie so komplett aus ihrem gewohnten Umfeld zu reißen?“
    „In manchen Fällen, ja.“ In anderen, nein, hieß das.
    „Was ist, wenn die Mutter eine Therapie macht?“
    „Die müsste sie erst mal erfolgreich abschließen, und dann würden wir eine bestimmte Zeit lang ihre Lebensumstände prüfen. Falls wir dabei einen positiven Eindruck gewinnen, wäre eine Rückführung der Jungen denkbar.“
    All das klang langwierig, schwierig und zäh. Und deshalb unwahrscheinlich. So, wie ich die Bengel kannte, wirkte eine Einweisung in die erwähnte geschlossene Institution viel wahrscheinlicher. Ein Gedanke, der mir den Kragen zuschnürte.
    Der tablettenfressenden Mutter sind die eigenen Kinder lästig, der daddelnde Stief wird mit den renitenten Zwillingen nicht fertig, also was tun? Ab ins Heim mit ihnen.
    Und ich, dachte ich und fühlte einen Anfall kalter Wut, ich hab's bis heute noch nicht mal fertiggebracht, auch nur die verfluchte Katze ins Heim zu stecken.
    „Frau Wittig, es muss doch irgendeine andere Lösung geben. Hätte der leibliche Vater denn das Sorgerecht?“
    „Ja, natürlich.“
    „Automatisch?“
    „Sicher. Frage ist, ob er davon Gebrauch machen würde.“
    „Jetzt mal unter uns: Haben Sie wirklich keine Ahnung, wer der Vater ist?“
    Die Amtsleiterin zog die Brauen hoch. „Herr Kryszinski, wir zahlen seit über neun Jahren Unterhalt für die beiden. Ich weiß nicht, wie oft ich Frau Kerner darauf hingewiesen habe, dass das eigentlich Sache des Erzeugers ist. Doch sie weigert sich, den Namen zu nennen. Meine Vermutung ist, dass sie es selber nicht weiß.“ Ganz spitze Lippen, beim letzten Satz. „Mal angenommen, ich finde den Mann ...“
    „Kann er sich schon mal auf satte Rückerstattungsforderungen unsererseits gefasst machen.“
    „Sehr hilfreich, Frau Wittig, ganz sicher.“
    „Auch eine Behörde wie die unsere muss sehen, woher sie die Mittel nimmt.“
    „Ja, Frau Wittig. Ja.“
    Ata schob sich eine Mettwurst in seinen schwarzen Bart, und als er sie wieder rauszog, war sie ein Stück kürzer. Dann verfuhr er ähnlich mit einer Flasche Ramazotti. Nur mit dem Unterschied, dass die ihre Länge behielt. Dafür war der Inhalt deutlich reduziert. „Ich hab mit Larry gesprochen“, sagte Ata, rülpste mich an und trieb mir damit beinahe die Nase in die Stirnhöhle.
    Wir standen, umgeben von Hunden, auf der überdachten Laderampe von Atas >Recyclinghof<. Eisiger Nieselregen deprimierte das Land.
    „Und?“, fragte ich. Larry die Sperrmüllratte ist ein langhaariger und mittlerweile zahnloser Speedfreak, dessen Hirnstrom sich auch mit modernsten Messgeräten nicht mehr von dem einer Moorleiche unterscheiden lässt.
    Struppi setzte sich auf meinen rechten Fuß, das Fell auf seinem Rücken zu einem Irokesen aufgerichtet, und gab Rolls und Royce, Atas riesigen Doggen, nachdrücklich zu verstehen, in was für einer tödlichen Gefahr sie sich befanden. Sie wirkten auf eine gutmütige Art amüsiert und stubsten ihn

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