Roulette der Liebe
sicher.«
Reno zuckte mit den Schultern, äußerlich gleichgültig. Unter dem Tisch tastete er unauffällig nach seinem Revolver.
Das gespannte Schweigen im Saloon ging in lautes Gemurmel über, als die Männer ihre Drinks auf der Theke stehenließen und ihre Aufmerksamkeit dem Pokertisch zuwandten, wo die Einsätze jetzt aus einer Perlenschnur bestanden, einem alten Smaragdring, einer spanischen Schatzkarte... und einem Mädchen namens Evening Star.
Reno war sich der Echtheit des Ringes sicher, hatte jedoch seine Zweifel, was die Perlen und die Schatzkarte betraf, und er fragte sich, wie das Mädchen mit den zitternden Lippen und den ruhigen goldenen Augen als Pokergewinn im verrufensten Saloon von Canyon City gelandet war.
»Fünf Karten werden abgehoben«, sagte Eve ruhig. »Ich gebe. Einverstanden?«
»Wir haben bereits zugestimmt«, erklärte Raleigh ungeduldig. »Teilen Sie aus.«
»Sie können es wirklich kaum erwarten, den Rest Ihres Geldes loszuwerden, nicht wahr?« fragte Reno gelassen.
»Hören Sie zu, Sie verdammter Hund...«
»Mund halten, Raleigh«, unterbrach Slater ihn brüsk. »Dir bleibt noch Zeit genug, dich abknallen zu lassen. Ich bin hierher gekommen, um Karten zu spielen.«
»Der einzige, der hier überhaupt sterben wird, wird dieser rebellische Überläufer sein«, gab Raleigh zurück.
»Ich sehe keine rebellischen Überläufer«, sagte Reno träge lächelnd. »Sie etwa?«
Renos wölfisches Lächeln und Slaters unverblümte Warnung, er könne getötet werden, sagten Raleigh, daß er einen Fehler gemacht hatte, als er den gelassen dreinblickenden Fremden als ungefährlich abgetan hatte.
»Nichts für ungut«, murmelte Raleigh.
»Schon gut, ich nehme es Ihnen nicht übel«, erwiderte Reno leichthin.
Beide Männer logen.
Eves Herz begann heftig zu klopfen, als sich der Moment näherte, wo sie aufhören würde zu mischen und mit dem Austeilen der Karten würde beginnen müssen. Hätte sie die Wahl gehabt, wäre sie aufgestanden und vor dem schmutzigen Saloon und den drei gefährlichen Männern geflohen. Aber ihr blieb keine echte Wahl.
Sie hatte keinen Ort, wo sie hingehen konnte, kein Geld, um für sich selbst zu sorgen, ihr Magen knurrte vor Hunger, und mehr noch als alles andere brannte ein Verlangen nach Rache wie Säure in ihrem Blut. Raleigh King hatte die beiden einzigen Freunde getötet, die Eve je besessen hatte.
Und ihr war eine Möglichkeit eingefallen, wie sie sich revanchieren konnte.
Eve flehte insgeheim, daß der grünäugige Fremde so tödlich war, wie sie ihn einschätzte, dann holte sie tief Luft und begann, mit großer Vorsicht und ungeheurer Geschwindigkeit die Karten auszuteilen. Die Karten machten ein leicht knackendes Geräusch, als sie eine nach der anderen vor jeden der drei Männer und vor sich selbst verdeckt auf den Tisch legte.
Slater und der Fremde beobachteten Eves Hände. Raleigh starrte auf die Stelle, wo sich die rote Seide über der Rundung ihrer Brüste spannte. Obwohl der Ausschnitt des Kleides dezent war, ließ die Paßform keinen Zweifel daran, daß sich sehr weibliche Formen darunter befanden.
Während Eve austeilte, vermied sie es, Jericho Slater anzusehen, denn sie wußte, seine eiskalten blauen Augen würden ihr sagen, daß sie mit Tricks nicht weit käme. Sie war mit ihren Händen - die immer noch zerschunden und voller Blasen waren, nachdem sie Don und Donna Lyon hatte begraben müssen - einfach nicht schnell genug, um sich lange gegen einen Glücksspieler von Slaters Geschicklichkeit behaupten zu können.
Und auch die kleine Pistole, die sie in der Tasche ihres roten Seiden-
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kleides versteckt hatte, würde ihr nicht viel nützen gegen die schweren Handfeuerwaffen, die sowohl Slater als auch Raleigh trugen.
Es muß einfach gelingen, dachte Eve verzweifelt. Nur dieses eine Mal müssen die Schwachen über die Grausamen und Starken siegen.
Sie gönnte dem grünäugigen Fremden keinen weiteren Blick. Ein so gut aussehender Mann hätte schon unter normalen Umständen irritierend auf sie gewirkt, um wieviel mehr jetzt noch, da ihr Leben von ihrer ganzen Aufmerksamkeit abhing!
Fünf Karten lagen jetzt verdeckt vor jedem Spieler. Eve schob den restlichen Kartenstapel beiseite und nahm ihre eigenen Karten auf, während sie sich fragte, was sie sich selbst wohl ausgeteilt hatte. Aus den Augenwinkeln beobachtete sie den Fremden. Falls er über die Möglichkeiten des Blatts, das er jetzt in den Händen hielt, erfreut war, spiegelte es
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