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Rousseau's Bekenntnisse

Rousseau's Bekenntnisse

Titel: Rousseau's Bekenntnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Jacques Rousseau
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unvernünftigste war, den sie ersonnen hat, bezweckte die Anlegung eines königlichen Pflanzengartens in Chambery mit einem besoldeten praktischen Lehrer der Botanik; wem diese Stelle zugedacht war, begreift man im voraus. Die Lage dieser mitten in den Alpen gelegenen Stadt war botanischen Zwecken überaus günstig, und Mama, die immer einen Plan durch einen anderen zu erleichtern suchte, hatte die Absicht, mit dem Garten eine Pharmaceutenschule zu verbinden, die in einem so armen Lande, wo die Apotheker fast die einzigen Aerzte sind, in der That sehr nützlich erschien. Die nach dem Tode des Königs Victor erfolgte Uebersiedelung des Leibarztes Grossi nach Chambery schien ihr der Ausführung dieses Planes sehr zu Statten zu kommen und hatte ihn vielleicht erst in ihr angeregt. Wie dem auch sei, sie begann Grossi den Hof zu machen, obgleich er zum Hofmachen nicht sehr angethan war, denn er war der beißendste und gröbste Mensch, den ich je gekannt. Man möge nach einigen Anekdoten, die ich hier als Probe anführen will, selbst darüber urtheilen.
    Eines Tages hatte er mit einigen Aerzten, unter denen sich auch der aus Annecy herbeigeeilte Hausarzt des Kranken befand, eine Consultation. Dieser junge, für einen Arzt noch nicht genügend geschulte Mann wagte die Ansicht des Herrn Leibarztes nicht zu theilen. Statt aller weiteren Antwort fragte ihn dieser, wann er zurückritte und welche Wege er einschlüge. Nach ertheilter Auskunft fragt ihn nun der andere seinerseits, ob er ihm etwa eine Gefälligkeit erweisen könnte? »Nein, nein,« erwiderte Grossi, »ich wollte mich nur an ein Fenster stellen, an dem ihr Weg vorüberführt, um das Vergnügen zu haben, einen Esel zu Pferde einherziehen zu sehen.« – Er war eben so habgierig wie reich und hart. Einer seiner Freunde wollte einst eine kleine Anleihe gegen gute Sicherheit bei ihm machen. »Mein Freund,« sagte er zu ihm, indem er ihm grinsend den Arm drückte, »wenn der heilige Petrus vom Himmel herabstiege, um zehn Pistolen von mir zu leihen, und mir die heilige Dreieinigkeit als Bürgen stellte, würde ich sie ihm nicht leihen.« – Eines Tages von dem sehr frommen Grafen Picon, der Gouverneur von Savoyen war, zur Tafel geladen, erscheint er vor der Eßstunde, und seine Excellenz, gerade mit dem Abbeten des Rosenkranzes beschäftigt, schlägt ihm denselben Zeitvertreib vor. Da er nicht weiß, was er antworten soll, schneidet er ein schreckliches Gesicht und fällt auf die Knie. Kaum hat er jedoch zwei Ave gesprochen, als er sich, da er es nicht länger aushalten kann, schnell erhebt, seinen Stock nimmt und, ohne ein Wort zu sagen, davon läuft. Der Graf Picon rennt hinter ihm her und ruft ihm nach: »Herr Grossi, Herr Grossi, bleiben Sie doch! Es steckt für Sie unten ein herrliches Steinhuhn am Spieß!« – »Herr Graf,« erwidert ihm der andere, sich umwendend, »und wenn Sie mir einen gebratenen Engel vorsetzten, würde ich nicht bleiben.« So war der Herr Leibarzt Grossi, dessen Zähmung Mama unternahm und schließlich zu Stande brachte. Obgleich er sehr beschäftigt war, gewöhnte er sich daran, sie oft zu besuchen, behandelte Anet freundschaftlich, gab zu erkennen, daß er seine Kenntnisse schätzte, redete von ihnen mit Anerkennung und bestrebte sich, was man von einem solchen Bären nicht hätte erwarten sollen, ihm alle Achtung zu erweisen, um die früheren Eindrücke zu verwischen. Denn obgleich Anet nicht mehr auf dem Fuße eines Dieners stand, so wußte man doch, daß er es gewesen war, und es bedurfte nicht weniger als des Beispiels und des Ansehens des Herrn Leibarztes, um den Ton anzugeben, den man ihm gegenüber annehmen mußte und keinem andern zu Liebe angenommen hätte. Mit seinem schwarzen Gewände, seiner wohlgekämmten Perrücke, seiner ernsten und ehrbaren Haltung, seinem verständigen und besonnenen Benehmen und seinen ziemlich umfassenden medicinischen und botanischen Kenntnissen konnte Claude Anet, zumal ihm der Dekan der Facultät günstig war, ziemlich sicher hoffen, die Stelle eines königlichen praktischen Lehrers der Botanik zur Zufriedenheit auszufüllen, wenn die geplante Anlage zur Ausführung kam; und Grossi hatte den Plan wirklich gebilligt, ihn zu dem seinigen gemacht und wartete, um ihn dem Hofe vorzulegen, nur auf den Augenblick, wo der Friede gestatten würde, an nützliche Dinge zu denken und einiges Geld zu ihrer Verwirklichung aufzuwenden.
    Allein dieser Plan, dessen Ausführung mich wahrscheinlich zur Botanik

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