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Rousseau's Bekenntnisse

Rousseau's Bekenntnisse

Titel: Rousseau's Bekenntnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Jacques Rousseau
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Absichten Grimms und der Holbachschen Sippschaft eingehend, vereinigte sie ihre Anstrengungen mit jener Bemühungen, um mich zu Grunde zu richten. Während sie in Paris arbeiteten, arbeitete sie in Genf. Grimm, der sich dort später zu ihr gesellte, vollendete, was sie begonnen hatte. Tronchin, den zu gewinnen ihnen nicht schwer fiel, unterstützte sie kräftig und wurde der grimmigste meiner Verfolger, ohne von mir eben so wenig wie Grimm die geringste Veranlassung zur Klage erhalten zu haben. Im Stillen säeten alle drei in Übereinstimmung den Samen in Genf aus, den man dort vier Jahre nachher aufschießen sah.
    In Paris, wo ich bekannter war und wo die weniger zum Haß geneigten Herzen dessen Eindrücke weniger leicht aufnahmen, hatten sie mehr Mühe. Um ihre Schläge mit größerer Gewandtheit zu führen, verbreiteten sie zuerst, ich wäre es gewesen, der sie verlassen hätte. (Man lese Deleyre's Brief, Heft B, Nr. 30.) Darauf säeten sie, sich beständig für meine Freunde ausgebend, ihre boshaften Beschuldigungen als Klagen über die Ungerechtigkeit ihres Freundes aus. Dies bewirkte, daß man, weniger auf seiner Hut, geneigter war, sie anzuhören und mich zu tadeln. Die heimlichen Beschuldigungen der Treulosigkeit und Undankbarkeit wurden vorsichtiger und deshalb wirkungsvoller verbreitet. Ich wußte, daß sie mir abscheuliche Schlechtigkeiten nachsagten, ohne je erfahren zu können, worin sie sie bestehen ließen. Alles, was ich aus dem öffentlichen Gerüchte schließen konnte, war, daß mir folgende vier Hauptverbrechen zur Last gelegt wurden: 1. meine Rückkehr auf das Land; 2. meine Liebe zu Frau von Houdetot; 3. meine Weigerung, Frau von Epinay nach Genf zu begleiten; 4. mein Verlassen der Eremitage. Fügten sie noch andere Klagen hinzu, so trafen sie ihre Maßregeln doch so vorsichtig, daß es mir unmöglich gewesen ist, je ihren eigentlichen Gegenstand zu erfahren.
    In diese Zeit glaube ich deshalb die Einrichtung eines Verfahrens setzen zu müssen, das sich diejenigen, welche über mich verfügen, so reißend schnell und erfolgreich angeeignet haben, daß es jedem wunderbar erscheinen würde, der nicht wüßte, mit welcher Leichtigkeit sich alles festsetzt, was der Bosheit der Menschen zu Statten kommt. Ich halte mich für verpflichtet, das, was dieses dunkle und tiefe System für meine Augen Sichtbares hat, mit wenig Worten auseinanderzusetzen.
    Bei einem schon berühmten und in ganz Europa bekannten Namen hatte ich die Einfachheit meiner ersten Neigungen bewahrt. Mein unüberwindlicher Widerwille gegen alles, was Partei und Parteilichkeit heißt, hatte mich frei, unabhängig und ohne eine andere Fessel als die Neigungen meines Herzens erhalten. Allein, fremd, einsam, ohne Stütze, ohne Familie, mich nur nach meinen Grundsätzen und Pflichten richtend, blieb ich unerschrocken auf geradem Wege, auf Kosten der Gerechtigkeit und der Wahrheit niemandem schmeichelnd, niemand schonend. Noch mehr: seit zwei Jahren in die Einsamkeit zurückgezogen, ohne schriftlichen Verkehr, ohne Beziehung zu den Welthändeln ohne von etwas unterrichtet oder aus etwas neugierig zu sein, lebte ich vier Meilen von Paris, von dieser Hauptstadt durch meine Sorglosigkeit eben so getrennt, wie ich es auf der Insel Tinian durch das Meer gewesen wäre.
    Grimm, Diderot, von Holbach dagegen, im Mittelpunkte des Strudels, lebten in den Kreisen der vornehmsten Welt, die sie fast alle unter sich vertheilt hatten. Große, Schöngeister, Schriftsteller, Juristen, Frauen, alle schenkten ihnen offenes Ohr. Man sieht schon den Vortheil, welchen diese Stellung drei gegen einen Vierten in der meinigen fest verbundenen Menschen giebt. Allerdings waren Diderot und Holbach (ich kann es wenigstens nicht glauben) nicht die Leute, um ganz schändliche Verschwörungen anzuzetteln, der Eine besaß nicht die dazu nöthige Bosheit, [Fußnote: Ich gestehe, daß alles, was ich nach Abfassung dieses Buches durch die mich umringenden Geheimnisse hindurchschimmern sehe, mich befürchten läßt, Diderot nicht gekannt zu haben. – (Diese Anmerkung befindet sich nicht in den Ausgaben vor dem Jahre 1801.)] und der Andere nicht die Geschicklichkeit, aber gerade das war für das Gelingen des Planes nur um so günstiger. Grimm allein entwarf ihn in seinem Kopfe und zeigte den beiden anderen von ihm nur soviel, als sie zur Mitwirkung bei der Ausführung sehen mußten. Das Uebergewicht, welches er über sie gewonnen hatte, erleichterte diese Mitwirkung und die

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