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Rousseau's Bekenntnisse

Rousseau's Bekenntnisse

Titel: Rousseau's Bekenntnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Jacques Rousseau
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glücklichen Erfolg, und das Schiff wurde lange vor der Ankunft der Antwort des Ministers frei gegeben. Der Kapitän wollte mir ein Geschenk machen. Ohne darüber Verdruß zu zeigen, klopfte ich ihm auf die Schulter und sagte: Kapitän Oliver, wähnst du, daß der, welcher von den Franzosen die herkömmlichen Paßgebühren nicht annimmt, fähig sei, ihnen den Schutz des Königs zu verkaufen?« Wenigstens wollte er mir jedoch an Bord seines Schiffes ein Gastmahl geben, welches ich auch annahm und zu dem ich den spanischen Gesandtschaftssecretär, einen gewissen Carrio mitnahm, einen geistreichen und sehr liebenswürdigen Mann, den man später als Gesandtschaftssecretär und Geschäftsträger in Paris gesehen hat, und dem ich mich nach dem Beispiele unserer Gesandten in inniger Freundschaft angeschlossen hatte.
    Während ich so mit vollkommenster Uneigennützigkeit alles Gute, was ich irgend vermochte, that, würde es mir vorteilhaft gewesen sein, wenn ich es verstanden hätte, in alle diese kleinen Angelegenheiten auch genügende Ordnung und Pünktlichkeit zu bringen, um nicht hinter das Licht geführt zu werden und nicht anderen auf meine Kosten zu dienen. Allein in Stellungen, wie die meinige, in denen auch die kleinsten Fehler nicht ohne Folgen sind, war meine ganze Aufmerksamkeit lediglich darauf gerichtet, in keiner Weise gegen meinen Dienst zu verstoßen. In allem, was meine eigentlichen Pflichten betraf, war ich bis zu Ende von der größten Ordnung und der gewissenhaftesten Pünktlichkeit. Außer einigen Irrthümern, welche ich in übertriebener Eile beim Dechiffriren beging und über die sich die Beamten des Herrn Amelot einmal beklagten, hatte mir weder der Gesandte noch irgend jemand je auch nur eine einzige Nachlässigkeit in meinen Amtsgeschäften vorzuwerfen, was für eine sonst so nachlässige und so unbesonnene Person wie ich bin, gewiß bemerkenswerth ist. Aber in den Privatgeschäften, die ich übernahm, war ich mitunter vergeßlich und ließ es an der nöthigen Sorgfalt fehlen, und in meinem Gerechtigkeitsgefühle bin ich stets aus eigenem Antriebe für den Schaden aufgekommen, ehe jemand daran dachte, sich zu beschweren. Ich will davon nur ein einziges Beispiel anführen, welches mit meiner Abreise von Venedig in Zusammenhang steht, und dessen Folgen ich später in Paris empfunden habe.
    Unser Koch Rousselot hatte aus Frankreich einen alten Schuldschein über zweihundert Franken, welchen einer seiner Freunde, ein Friseur, von einem venetianischen Edelmanne, Namens Zanetto Nani, für gelieferte Perücken empfangen hatte, mitgebracht. Rousselot übergab mir diesen Schuldschein mit der Bitte, den Versuch zu machen, ob sich nicht durch Vergleich wenigstens ein Theil dieser Summe retten ließe. Ich wußte es eben so gut wie er, daß es bei den venetianischen Nobili zur völligen Sitte geworden ist, die im Auslande gemachten Schulden nach ihrer Heimkehr nie zu bezahlen. Bei Anwendung von Zwang halten sie den unglücklichen Gläubiger so lange und unter so großen Kosten hin, daß er den Muth verliert und schließlich alles aufgiebt oder sich mit fast nichts abspeisen läßt. Ich bat Herrn Le Blond mit Zanetto zu reden; dieser gestand die Richtigkeit des Schuldscheines zu, ohne jedoch Zahlung zu leisten. Nach heftigem Streite versprach er endlich drei Zechinen. Als ihm Le Blond den Schuldschein brachte, waren die drei Zechinen nicht zur Stelle; er mußte warten. Während dieses Wartens kam ich plötzlich mit dem Gesandten in Streit, der meinen Austritt aus seinem Dienste herbeiführte. Die Papiere der Gesandtschaft ließ ich in der größten Ordnung zurück, aber Rousselots Schuldschein fand sich nicht vor. Herr Le Blond versicherte, ihn mir zurückgegeben zu haben. Ich kannte ihn als einen zu ehrlichen Mann, um seine Behauptung in Zweifel zu ziehen: aber es wollte mir durchaus nicht einfallen, was aus diesem Scheine geworden war. Da Zanetto die Schuld anerkannt hatte, bat ich Le Blond sich zu bemühen, die drei Zechinen gegen Quittung zu erhalten oder ihn zur Ausstellung eines neuen Scheines zu bewegen. Als aber Zanetto den Verlust des Scheines erfuhr, wollte er sich weder zu dem Einen noch zu dem Andern verstehen. Ich bot Rousselot die drei zur Einlösung des Scheines verabredeten Zechinen aus meiner eigenen Tasche an. Er wies sie zurück und forderte mich auf, mich in Paris mit dem Gläubiger, dessen Adresse er mir gab, zu vergleichen. Der Friseur, von dem Vorgefallenen in Kenntnis gesetzt, verlangte

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