Roverandom
Drachenfest beging oder einen Wutanfall hatte; und häufig gab es Rauchwolken. Es war bekannt, dass er einmal oder zweimal den ganzen Mond in Rot getaucht oder ihn gänzlich verdunkelt hatte. Bei solchen unangenehmen Ereignissen ... ging [der Mann im Mond] einfach in den Keller, ließ seine besten Zaubersprüche los und brachte die Dinge so rasch wie möglich wieder ins Reine.« (Seite 44) In der vorliegenden Episode wird die Verfolgung der beiden Hunde vom Mann im Mond erst im letzten Augenblick durch einen Zauberspruch gestoppt, den er dem Drachen in den Magen schießt. Da der Drache »zu sehr beschäftigt [war], seinen Bauch zu lecken« (Seite 47), fiel die nächste Mondfinsternis aus – ein Bezug zu der früheren Bemerkung im Text, dass Mondfinsternisse durch Drachenrauch verursacht werden.
Elemente dieses Kapitels von Roverandom – eines davon (ein unangenehmer Drache auf dem Mond) war sicherlich im September 1927 Teil der Geschichte, wie die datierte Illustration zeigt – tauchen in einer auffallend ähnlichen Form auch in dem Brief auf, den Tolkien in der Maske des »Weihnachtsmannes« im Dezember jenes Jahres an seine Kinder schrieb. In diesem Brief, einem in der bemerkenswerten Folge der Briefe vom Weihnachtsmann , die Tolkien zwischen 1920 und 1943 schrieb, besucht der Mann im Mond den Nordpol und trinkt zu viel Brandy, während er Plumpudding isst. Er schläft ein und wird vom Polarbären unter das Sofa geschoben, wo er bis zum folgenden Tag bleibt. Während seiner Abwesenheit kommen auf dem Mond Drachen hervor und verursachen einen solchen Rauch, dass es eine Mondfinsternis gibt. Der Mann im Mond ist gezwungen,eilig zurückzukehren, um die Dinge mit einem schrecklichen Zauber wieder in Ordnung zu bringen.
Die Ähnlichkeiten zwischen diesem Text und der Drachen-Episode in Roverandom sind zu deutlich, um Zufall zu sein; und daraus lässt sich folgern, dass Tolkien Roverandom im Kopf hatte, als er im Dezember 1927 seinen »Brief vom Weihnachtsmann« schrieb. Ob er die Bemerkung, dass Mond-Drachen Mondfinsternisse verursachen, zuerst in dem Brief machte oder zu diesem Zweck eine in Roverandom bereits existierende Idee heranzog, kann man nicht sagen; aber es gibt einen Zusammenhang zwischen den beiden Werken.
Die Weihnachtsferien, eine vorlesungsfreie Zeit, hätten Tolkien die Möglichkeit geboten, Roverandom niederzuschreiben; und obgleich sich nicht definitiv sagen lässt, dass er das im Dezember 1927 tat, lässt ein anderer Hinweis auf dieses Datum schließen, zumindest als terminus a quo für die früheste (existierende) Version: der Hinweis in Roverandom auf eine ausgebliebene Mondfinsternis. Im frühesten Text folgt auf »Die nächste Mondfinsternis fiel aus« die Bemerkung: »wie die Astronomen (Fotografen) sagten«. Und das war in der Tat die herrschende Meinung, wiedergegeben in der Times, wo von der totalen Mondfinsternis berichtet wird, die am 8. Dezember 1927 stattfand, wegen einer Wolkendecke in England jedoch nicht zu beobachten war. An dieser Stelle ist der »Brief vom Weihnachtsmann« abermals nützlich, denn er datiert die Mondfinsternis, die während der Abwesenheit des Manns im Mond stattfand, präzise auf den 8. Dezember und bestätigt damit, dass Tolkien von dem wirklichen Ereignis wusste.
Der früheste existierende Text von Roverandom ist einevon vier Fassungen im Tolkien-Nachlass in der Bodleian Library, Oxford. Unglücklicherweise ist eine fünfte verloren, die dem vorliegenden 1. Kapitel und der Hälfte des 2. Kapitels entspricht. Der übrige Text umfasst 22 Seiten in einer gelegentlich schwer entzifferbaren Handschrift mit vielen Verbesserungen. Auf diesen Text folgten drei Fassungen mit Schreibmaschine, ebenfalls undatiert, bei deren Niederschrift Tolkien die Geschichte laufend erweiterte, viele Ausdrücke verbesserte, die Handlung aber nicht wesentlich veränderte. Das erste Typoskript, 39 stark korrigierte Seiten, hält sich eng an die Handschrift und war eine große Hilfe bei der Entzifferung schwer lesbarer Teile der früheren Version. Doch gegen Ende weicht das Typoskript in auffallender Weise von der früheren Fassung ab, denn hier wird die Passage, in der Rover seine ursprüngliche Gestalt und Größe wiedererhält (vorher beinahe eine Antiklimax, jetzt eine dramatische und humoristische Szene), stark ausgeweitet. Der neue Text trug ursprünglich den Titel Die Abenteuer von Rover , doch Tolkien änderte ihn in Roverandom , und bei diesem Titel blieb es.
Das zweite der
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