Roxelane
fragte Ibrahim. „Du wirst müde sein,
Pascha?“
Gegen diese Zumutung verwahrte sich Barbarossa aber mit Entschiedenheit. Eine neue Flasche verlangte er!
„Heute wird nicht mehr geschlafen!“ rief er. „Und ich will trotzdem so schnell wieder am Bosporus sein, wie ich hierher kam.“
Und wirklich schwang sich der Pascha am andern Morgen ganz unbeschwert in den Sattel und preschte auf eine Weise davon, daß die andern Last hatten, ihm zu folgen.
29
Auch auf den Werften von Konstantinopel litten die Menschen unter dem neuen Großadmiral. Wenn die Sonne unterging, flammten die Fackeln auf. Tag und Nacht wurde gearbeitet.
Unersättlich war Chaireddin Barbarossa.
Mit derselben rücksichtslosen Kraft, die ihn die Strecke von Konstantinopel nach Haleb und wieder zurück in wenigen Tagen hatte durchreiten lassen, trieb er die andern. Mit Worten. Mit Flüchen. Mit Schlägen. Nicht einmal vor den Schreibkundigen und Beamten machte er halt. Er war völlig unmöglich.
Aber er schaffte es.
Eigentlich schlecht war Solimans Flotte nicht gerade gewesen, und gegen die gut und solide gebauten Schiffe selbst hätte man, was Sicherheit und Stoßkraft anlangte, kaum viel einwenden können. Nur mit der Wendigkeit und Schnelligkeit hatte es ebenso übel ausgesehen wie mit den Besatzungen.
Die Türken kamen eben aus der Steppe, und das Meer war ihnen fremd. So hatte man denn bei der türkischen Abneigung gegen das Schiff Bauern und Hirten zwangsweise in die Flotte eingereiht, und damit war eine Mannschaft zusammengekommen, die es an Siegeswillen mit den Soldaten des Landheers bei weitem nicht hatte aufnehmen können.
Durch Barbarossa änderte sich das mit einem Schlag.
Er besaß die narbenbedeckten Männer, die viele Male das Weiße in den Augen der Feinde gesehen hatten, die tollkühnen Enterer, vor denen sich die christliche Seefahrt bekreuzigte, Leute, die ein feindliches Deck mit Blut zu waschen pflegten und die Seemänner und Soldaten zugleich waren. Zu Lande und auf dem Meer hatten sie sich bewährt. Eine Festung zu berennen oder eine Stadt auszurauben, verstanden sie ebensogut wie Schiffe zu nehmen.
Dieses Raubheer brauchte der Admiral nur durch die Besten aus der kaiserlichen Flotte zu ergänzen.
Seine neuen Schiffe dagegen mußte er erst bauen.
Eins neben dem andern lagen sie in Reihen auf den Helgen des Goldenen Horns, schmaler, schnittiger und auch schneller als die alten. Tag für Tag liefen sie vom Stapel, die größeren Galeeren, die eigentlichen Schlachtschiffe, und die Barbaresker Galeotten, die Aufklärer und Fahrzeuge plötzlicher Überfälle. Tag für Tag wurden die Besatzungen gedrillt, die Seeleute, die Seesoldaten und vor allen die Sklaven.
Denn diese Flotte flachgehender Schiffe, denen die Untiefen und Brandungen der Küste wenig anhaben konnten, verzichteten fast auf Segel. Selbst die Galeotten führten nur geringes Tuch.
nicht durch die Kraft des Windes wurden diese Schiffe getrieben. Die Kraft wurde in sie selbst hineingeladen, die Muskelkraft kriegsgefangener Christen.
Wer von diesen Ärmsten als Rudersklave auf die Galeere kam, hatte freilich ausgesorgt. Denn wenn er nicht bald befreit wurde, erlöste ihn der Tod von der Kette. Im Arsenal fesselte sie ihn an einen Steinblock, an Bord an seine Ruderbank.
Selbst eine Galeotte hatte noch zwanzig Ruderbänke, und an jedem einzigen Ruder hingen mit schwieligen, blutigen Händen sechs nackte Männer.
Die Sonne verbrannte sie, und der Nachtwind erstarrte sie. Aber unerbittlich trieb sie der Gong.
Fünf Meter maß so ein Ruder. Es mußte vorgestoßen werden. Und dann warfen sich sechs Männer zurück, und das Ruderblatt strich und zerschäumte das Wasser.
Der Reis wollte Fahrt. Immer wollte der Reis Fahrt.
Und was der Gong nicht tat, besorgte die Peitsche, Knotenstricke an einem kurzen Stiel. Ins salzige Meerwasser getaucht, krachte sie dumpf auf die Rücken.
Wie reißende Tiere gingen die Antreiber durch die Bänke, Menschen, die Menschen zerfleischten. Befahl der Reis mehr Fahrt, so wurde gepeitscht. Immer wurde gepeitscht. Und die Männer waren nackt und voll Wunden.
Edelleute und Bettler keuchten so nebeneinander stückweise ihre Lungen aus. Zehn, zwölf und selbst zwanzig Stunden am Tag. Brot in Wein getaucht, steckte man ihnen in die rasselnden Rachen, und wer nicht mehr weiter konnte, wurde über Bord geworfen. Sklaven gab es genug. Billig war die Kraft.
Und die verlorenen Männer kannten nur die eine sehnsuchtsvolle Frage: ob nicht
Weitere Kostenlose Bücher