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Roxelane

Titel: Roxelane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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kaiserliche Siegel genau wie der Großwesir.“
    „Ah . . .“, verwunderte sich Giulia. „Aber dann müßten Sie sich doch freuen. Als Venezianerin wird sie ja wohl die Geschäfte Ihrer Heimat fördern?“
    „Sie denkt nicht daran! Sie hat Venedig niemals verziehen. Und außerdem ist sie die Freundin von Roxelane Sultana. Oder vielmehr: sie ist ihre sklavische Dienerin. Denn das ist das Seltsame an dieser Sultana, daß alle ihre Freundinnen ihre Dienerinnen sind, selbst des Großwesirs Frau, Esma Sultana. Und die ist, wie Sie zugeben müssen, Madonna, eine Purpurgeborene!“
    „Aber wenn ihr Venezianer die Gunst des Großwesirs habt. . .“
    „Die haben wir!“
    „ . . . dann braucht ihr die Mißgunst der Frauen doch nicht zu fürchten. Denn Sie sagten doch, der Wesir sei allmächtig.“
    Bragadin schwieg.
    Er war zu vorsichtig, um sich selbst in Fondi eine Kritik an Ibrahim zu erlauben.
    „Ibrahim ist allmächtig“, erläuterte darum Cantemir, „soweit ein Mann allmächtig sein kann.“
    Giulia warf ihm einen Blick zu, der eine Frage sein und zugleich zünden sollte.
    „Einer von zweien muß siegen“, antwortete der Grieche dem Blick, „und Roxelane ist eine Frau.“
    „Nun verstehe ich!“ rief Giulia.
    „Und die Sultana hat keine Nebenbuhlerin bei Soliman“, scherzte Bragadin galant, „da Italiens schönste Frau die Burg von Fondi noch immer dem Serail vorzieht.“
    „Ich bin eine Gonzaga!“ sagte Giulia stolz; aber sie lächelte dabei, und so war der Verweis nur gelind.
    In diesem Augenblick erhob sich Don Felipe.
    Den ganzen Abend hatte er zu Madonnas Füßen gesessen, ohne es auch nur durch ein einziges Wort mit den beiden weitgereisten, erfahrenen Männern aufnehmen zu können.
    Jetzt beurlaubte er sich.
    Er wolle am nächsten Morgen nach Neapel, sagte er.
    Felipe hätte das Erblassen eines der Ehrenmädchen sehen können. Aber in diesen Räumen gab es nur Madonna und keine andere Frau, auch für Felipe nicht, gerade für ihn nicht. Denn sein Abschied war nur eine Flucht. Hatte er auch nicht am Gespräch teilnehmen können, so hatte er doch Madonnas Blicke verstanden.
    Giulia jedoch war verletzt.
    Sie hatte für den guten Jungen tatsächlich keine Verwendung, doch Eigenmächtigkeiten von Menschen, die sie als ihr gehörig betrachtete, sah sie nicht gern.
    So fiel der Abschied kürzer aus als sonst, und sie vergaß auch, ihn ihrer Freundschaft zu versichern.
    Er dagegen verließ die Halle mit Überstürzung, aus Furcht, ihr seine Tränen nicht länger verbergen zu können.
    So wenig Bedeutung der junge Mann den ganzen Abend auch gehabt hatte, so erwies sich sein Aufbruch dennoch als empfindliche Störung. Aber um zu zeigen, wie kühl der kleine Zwischenfall sie lasse, knüpfte Madonna Giulia bei Bragadins letzter Bemerkung wieder an:
    „Wenn Ihre Türken, wie Sie scherzten, Ser Piero, mich der Roxelane auch zur Nebenbuhlerin geben wollten, müßten sie doch zuerst einmal bis Fondi Vordringen. Und das werden sie bleibenlassen, Ihre Freunde!“
    „Nach Fondi?“ lachte Bragadin. „O Madonna, Sie verlangen viel von den armen Türken!“

31
    In dieser Nacht ohne Mond gab es eine glatte See. Nur ganz leichter Wind kräuselte die Fläche. Aber bei der Finsternis sah auch das niemand, selbst nicht die Männer im Boot sahen es, die bei Fackellicht Langusten speerten.
    Unmerklich schwebten sie mit dem leisen Atmen des Meers auf und ab zwischen den Felsen und hatten nur Augen für ihre Beute, die das Licht verführen und anlocken sollte.
    Wenige Lichter trieben so in der einsamen Bucht, und in dem einen Boot waren drei. Der Jüngste stand mit dem Dreizack im Bug und bespähte die Tiefe, in der es im Widerschein der Fackel wie von Korallenwänden erglühte.
    Unbeweglich stand der Fischer, und auch die beiden andern hielten den Atem an.
    Ein Heben des Armes dann, ein Verharren, ein Abmessen, ein Zielen ...
    Und jetzt zischte das tödliche Eisen hinab.
    Aber nicht nur die Languste kam verzweifelt gespreizt ins Boot. Einen Augenblick beleuchtete die Fackel halbnackte Gestalten. Dann verlosch sie im Wasser, wie auch die Schreie der Fischer unter harten Fäusten erstickten.
    Drei Rudersklaven waren gewonnen.
    Bald waren auch die andern Lichter erstorben, und nun lag völlige Finsternis über Meer und Land.
    Bei dieser Bucht berührte der Wald den Strand. Und hier begann auch der Anmarsch der Zweitausend auf Fondi.
    Selbst schärfste Späher hätten von den Wildpfaden des Waldes her nur hin und wieder ein

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