Roxelane
dachte, nicht ihren Willen wollte, hatte ihre Schönheit das Spiel verloren. Donna Giulia wollte nicht Liebe, sondern Macht.
So hatte sie denn den Angriff begonnen und mehr erobert, als sie gewollt hatte.
Wohl waren seine Blicke wieder glühend geworden. Aber anstatt in Qual zu verkohlen, hatten sie helle Brände hinausgeschleudert, durch die auch sie ergriffen worden war. Und schließlich waren ihr und sein Fieber ein einziges Feuer geworden, das sie beide miteinander verschmolzen hatte. Unersättlich waren sie gewesen.
Jetzt aber ekelte es Donna Giulia in ihrem Hochmut vor der Unwiderruflichkeit des Geschehenen, jetzt, da sie nach ihrem Vermeinen sehen mußte, daß sie einen Körper genossen habe, dem der Geist fehle.
Mit einem Seufzer regte Felipe sich.
Sein rechter Arm fuhr über seine Augen, als wische er Träume von ihnen ab. Und darauf besah er sich die fremde Welt, die ihn umfing. An Giulias unbewegtem Gesicht blieb sein Blick haften.
Bis ans Kinn hatte sie sich in seinen schwarzen Mantel gehüllt, und nun meisterten ihn ihre Augen.
„Wer bist du?“ fragte er noch halb im Schlaf.
Doch nun erkannte er sie und versuchte ein Lachen, dem unter ihrem Starren alles Glück erstarb.
„Ach, du...“, flüsterte er.
Sie erhob sich
„Ziehen Sie sich an, Don Felipe.“
Eine Nacht versank in dem Ton, mit dem sie das sprach.
„Aber Giulia...", bat er wie ein gescholtenes Kind.
„Sie sollen sich ankleiden, befahl ich!“ wiederholte sie aber nur, um ihn dann noch zu höhnen: „Oder hatten Sie auf einige Flitterwochen gerechnet?“
In Wahrheit hätte Felipe nichts gegen Flitterwochen gehabt. . . „Man wird etwas anderes finden, Sie für Ihren romantischen Dienst zu entschädigen.“ Grausam und bedacht stieß sie jedes Wort in ihn hinein. „Auch Ihr Pferd haben Sie ja verloren. Doch sorgen Sie sich bitte nicht. Es gibt noch genug Pferde in Fondi, und ich werde meinem Vogt befehlen, Sie in allem zufriedenzustellen.“
Wild sprang er auf.
„Du vergißt, was zwischen uns war!“ schrie er sie an. „Du..du...!“ Er konnte nicht weiterreden.
Sie aber lächelte.
„Alles vergaß ich“, lächelte sie, „wenn Sie das meinten. Und Sie täten auch gut, zu vergessen. Hören Sie! Nichts war und wird sein. Nicht das geringste geschah. Sie haben mich heraufbegleitet und vor meiner Tür gewacht. Das ist alles.“
„Ich verstehe, Madonna“, sagte er.
„Ziehen Sie sich an!“
Ob es nun Gehorsam oder Trotz war — er begann sich anzuziehen. Madonna lächelte nicht mehr.
Was sich vorbereitete und sich in ihr — ihr selbst noch unbewußt -zu immer festeren Umrissen verdichtete, konnte nicht geschehen, ehe der Mann nicht völlig angekleidet war. Ein nackter Don Felipe hätte alles verraten. Und nach dem, was zwischen ihnen gesprochen worden war, schämte er sich auch selbst, noch so vor Donna Giulia zu stehen, wie er stand.
Sie aber ließ bei allem, was er tat, kein Auge von ihm, und das machte ihn unsicher.
Er wußte nicht, daß sie sich gegen ihn verhärten, daß sie ihn abgeschmackt und lächerlich zu finden hoffte. Daß sie ihn so finden wollte! Und es gab nun einmal Hantierungen des Alltags, bei denen es schwer war, vor kritischen Augen eine vollendete Anmut zu bewahren. In seine enge Strumpfhose zu steigen, wuchs sich für Felipe auf diese Weise zu einer schwierigen Aufgabe aus.
Sie aber haßte ihn.
Denn da sie den Haß so verzweifelt gerufen hatte, war er jetzt da.
So etwas wie dieser unreife Mensch werde nun in die Welt ziehen und sich ihrer rühmen, überlegte sie, bis zur Übelkeit erbittert.
Mit ganzen Worten, mit halben und mit Schweigen könne er das tun, ja er könne sich sogar mit seinem Degen vor ihren Ruf stellen, und was geschehen sei, brauchte sich gar nicht ereignet zu haben - immer sei ihr das Köstlichste genommen, der Ruf der Unberührtheit. Solange sie keines Mannes Frau gewesen war, hatten ihr viele Männer gehört, und nun trauerte sie um das, was sie zu einer Seltenheit und so anziehend gemacht hatte.
Cantemir fiel ihr ein. An seine Geschichte von der Herzogin mußte sie denken.
Diese sei in demselben Fall gewesen wie sie jetzt. Und sie wunderte sich selbst, wie richtig doch vor Stunden erst ihre Antwort gewesen sei: Der Mann, der die Herzogin nackt gesehen habe, hätte sein Schicksal erleiden sollen, statt zu fliehen. Das sei ihre Antwort gewesen! Immer aber seien die Männer feige, wenn es gelte, sich für eine Frau zu opfern. Wenigstens eine heroische Rolle müsse
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