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Roxelane

Titel: Roxelane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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entdeckt. Das Feuer hatte den Hauptturm, den Bergfried, ergriffen, und Giulias Hemd und Haut warfen den blutroten Schein zurück.
    Doch umsonst zischten die Pfeile, pfiffen die Kugeln hinter ihnen her. Allah hatte es anders bestimmt.
    Pfeile und Kugeln trafen nicht.
    Und Berittenen nachzusetzen hätte für Fußgänger wenig Zweck gehabt. Keiner von den Korsaren wußte ja auch, wer da entschlüpfte! So verklang denn allmählich der Hufklapp, und was der Brand der Burg von der weißen Gestalt im flatternden Hemd enthüllt hatte, deckte die Finsternis wieder zu.
    Vier Stunden ließ Barbarossa plündern.
    Groß war die Beute an Frauen und Mädchen und Rudersklaven. An Schätzen hatte sich dagegen weniger vorgefunden, und so wurden Vespasio Colonnas Sarg und die Särge seiner Vorfahren von der Höhe des Kirchbergs gestürzt und alle Marienbilder zertrümmert, als seien die Ahnen und die heilige Jungfrau schuld am Entkommen von Vespasios Witwe und Nachfolgerin in der Herrschaft.
    Die Herrin von Fondi öffnete am nächsten Morgen hoch im Gebirge die Augen.
    In einer verlassenen Holzhütte geschah das, die nichts als ein Unterstand für Holzfäller war und ihren Gästen nur eine Schütte Laub als Bett bieten konnte.
    Das meiste zur Erwärmung hatte also der Sommer für die Dame tun müssen. Eine Satteldecke und ein Reitermantel waren von Felipe beigesteuert worden. Sonst aber war Madonna so gut wie unbekleidet. Denn der Ritt und die Büsche hatten Fetzen aus ihrem Hemd gemacht.
    Fest und tief schlief neben der Dame der ermüdete Jüngling. Geräuschvoll röchelte er die Luft ein und stieß sie ebenso wieder aus. Und diese Laute erweckten Donna Giulia erst völlig.
    Sie starrte ihn an, sie kehrte sich zu ihm hin, und über ihn gebeugt, betrachtete sie mit wachsender Neugier sein Gesicht.
    Wenig über zwanzig mochte der Mann alt sein, der da mit offenem Munde vor ihr lag, nicht viel mehr als sie selbst jetzt. Gleichaltrig waren sie, und dennoch fühlte sie sich ihm unsagbar überlegen.
    Für sie war alles, was vor ihr lag, nichts weiter als Kreatur.
    Das schwarze Schnurrbärtchen, dessen Enden unter den Atemstößen erzitterten, die aufgebäumte Oberlippe, hinter der das Bärtchen halb verschwand, das herabhängende Kinn..., tierhaft und pflanzenhaft erschien ihr das alles.
    Noch wiesen diese Züge keine Fältchen auf, während ihr eigenes Gesicht doch schon winzige Spuren künftiger Falten trug, Spuren, die niemand außer ihr kannte und die sie sich selber verbarg.
    Doch dieses Knabengesicht!
    Wenn es jemals einen Kummer und ein Verlangen ausgedrückt hatte, so war mit dem Kummer auch jeder Ausdruck verschwunden. Dumm und leer fand Donna Giulia das Gesicht dieses Schläfers mit dem offenen Mund.
    Sie schüttelte sich.
    Und dann dachte sie nach.
    Denn gewesen war dies:
    Immer höher hatte die Flucht sie geführt. Tief unten aber war eine Stadt verbrannt und eine Burg. Menschen hatten das Leben oder die Freiheit verloren. Die Zerstörung hatte ein Fest gefeiert.
    Und das alles war nur ihretwegen geschehen.
    Denn daß der Überfall nur ihr gegolten habe - daran zweifelte sie nicht. Und dieser Gedanke hatte sie gebläht, wie der Wind das Segel bauscht.
    Unmögliches sei möglich gemacht worden, um sie zu besitzen! hatte es in ihr gehämmert. Von Heiden sei das unternommen worden, und wie der Ruf jener Roxelane, so habe auch ihr Ruhm bereits alle Meere überflogen!
    Mochte darum auch ihr Verlust an Menschen und Habe groß sein, so hatte doch der Rausch eines unbändigen Stolzes sie erfaßt.
    Felipe indes . . .
    Felipe war stumm geblieben.
    Nur im Hemd hatte sie in seinen Armen gelegen, und die letzte Strecke Wegs hatte er sie sogar getragen.
    Doch seine Hände waren bei allem wie gefesselt gewesen und hatten sich so wenig geregt wie seine Lippen. Zwar hatte auch ihr Mann sie nie berührt. So groß war ihre Macht über ihn gewesen, daß er sie bei seinem Tode als Mädchen zurückgelassen hatte.
    Sie wollte keine Kinder, keine Schmerzen und entstellenden Geburten. Immer schön und immer neu und jungfräulich wollte sie bleiben für das Begehren der Männer. Auch jetzt war das wieder ihr Wille.
    Doch in der vergangenen Nacht hatte sie ein anderes überwältigt. Und als ihre Schönheit nun zum erstenmal auf eine Probe gestellt worden war, die jede Zofe bestand - da hatte dieser Knabe ihr eine Niederlage bereitet.
    Denn es war eine Niederlage gewesen! Was er immer auch für Gedanken gehabt haben mochte - wenn er nicht ihre Gedanken

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