Roxelane
persische Hauptstadt ein, die sich Täbris nennt.
Aber ob auch das Fetwa Gut und Blut der Ketzer, die darin wohnen, verfallen erklärt hatte, ließ Seine Hoheit es dennoch nicht zu, daß auch nur einem einzigen Einwohner ein Haar gekrümmt wurde. Indessen war der Große Padischah selbst ebenfalls nach Täbris gekommen, und nun wurde feierlicher Siegesdiwan gehalten. Ibrahim Pascha wie auch sein Kiaja Iskender Tschelebi und die höchsten und hohen Würden erhielten Ehrenpelze und küßten dem Kaiser die Hand.
Der Marsch auf Bagdad begann im September.
In den Pässen des Orontes wurde er außerordentlich beschwerlich. Viele Lasttiere fielen, an hundert Stückwagen mußten verbrannt und die Kanonen in der Erde vergraben werden.
Das schlimmste aber war, daß Ibrahim Pascha die Schuld an diesen Vorfällen seinem Stellvertreter beimaß und daß Seine Majestät darauf Iskender Tschelebi das Amt nahm.
Diese Absetzung war das Zeichen zur größten Trauer, die dem Sklaven ohne Namen, der dieses schreibt, jede Freude an der Eroberung Bagdads raubte.
In der Wintermitte erfolgte die Einnahme der Stadt. Und an einem Diwantag kam vom Kaiser der Befehl zur Hinrichtung des abgesetzten Iskenders.
Der hohe und gütige Herr ist nicht mehr, und sein Andenken wurde beschimpft.
Denn nicht mit der Schnur und nicht durch das Schwert wurde er getötet. Auf dem offenen Marktplatz von Bagdad hat man ihn wie einen Erbärmlichen gehenkt.
Allah sei seiner Seele gnädig! Amin.
Geradezu abgerungen soll Ibrahim Pascha dem Kaiser die Zustimmung haben. In jedem Fall war der Todesbefehl ein Triumph des Seraskers über seinen Kiaja. Und seit diesem Tag ist Ibrahim Paschas Stolz so ohne Maßen geworden, daß er sich jetzt Serasker Sultan nennt und der Wolke nicht achtet, die unseres Erhabenen Padischahs Stirne umschattet.
Und die Leute sprechen, daß der Kaiser Iskender Tschelebi gern wieder lebendig machen würde und daß er in der Nacht nach dem Mord einen Traum gehabt habe.
Im himmlischen Licht sei ihm Iskender erschienen, dessen Leiche noch unbestattet am Galgen schwang. Von Scham und Angst sei der Padischah erfüllt gewesen, als der Geist des unschuldig Gemordeten sich ihm genähert und nach der kaiserlichen Kehle gegriffen habe. Und alle Qualen eines Gehenkten habe der Kaiser erleiden müssen, bevor er mit einem gräßlichen Schrei erwacht sei.
Der Sklave, der dieses schreibt, kennt keine anderen Träume als seine eigenen, und so weiß er auch nur um den gräßlichen Schrei des Erwachens und um die Nächte des Kaisers, die voll Unruhe sind. Immer war es so, daß täglich Briefe vom Kaiser zum Großwesir und vom Großwesir zum Kaiser gingen. Jetzt aber rührt sich Ibrahim Pascha tagsüber kaum noch von der Seite des Erhabenen Herrn, und nachts schläft er bei ihm im Palast des Schahs, der dem Kaiser zum Wohnsitz dient.
Und die Sklaven des hochseligen Iskender Tschelebi sollen nicht öffentlich versteigert, sondern dem kaiserlichen Hofstaat zugeschlagen werden, und die Peiks weiland des hohen Herrn sind kaiserliche Pagen geworden. Dennoch ist keiner unter ihnen, der den Herrn nicht beweinte. Alle denken wie das Heer.
Das Heer aber murrte zu Haleb gegen die Lügen über Iskender und grollt nun zu Bagdad über des hochverdienten Mannes schimpfliches Ende. Und sie sagen: Wenn Iskender ein Dieb gewesen sei, so sei
jeder ein Dieb - und wenn Iskender ein Verräter gewesen sei, so habe jeder verraten. Dagegen geht in den Regimentern die Rede, Ibrahim sei ein Freund der Ketzer und Christen und vergieße nur das Blut unschuldiger Gläubiger.
Doch der Sklave und Schreiber des Briefes sagt dieses: Viele der hohen Herren, die Gläubige wurden, entbehrten der Heilslehre des Propheten, als sie noch unwissend waren und jung, und ist dennoch heute kein Fehl an ihnen, und Allah will ihnen wohl. Ibrahim jedoch ist zwar kein Christ mehr, doch trägt er das Zeichen der Christen, ein schlechtes Kreuz.
Rötlich ist das Kreuz und kaum noch versilbert. Das Monogramm des Sohnes der Maria ist nach Art der Griechen auf ihm, und auf dem rechten Balken ist von der Hand eines Ungeübten ein ,S‘ eingegraben.
Alles ist so, wie es dem Sklaven gesagt wurde im Basar.
Allah aber ist groß. Und ist kein Gott außer Ihm. Und Mohammed ist Sein Prophet.
Dieses ist, was der Sklave gemäß hohem Befehl schreibt zu Bagdad, dem Hause des Heils, der Stadt der alten Kalifen, die erbaut ist aus den Ziegeln von Babylon und eine Stätte der Ketzer war; jetzt aber -Preis sei
Weitere Kostenlose Bücher