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Roxelane

Titel: Roxelane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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dem Erhabenen Padischah, unserm Herrn! - den Rechtgläubigen wiedergewonnen wurde.
    Und der Sklave schreibt es im achten Monat des neunhunderteinundvierzigsten Jahres der Hedschra vor Frühlingsanfang.“
    Vielerlei Nachrichten erreichten in Abwesenheit des Kaisers Konstantinopel.
    Daß die Laufbahn des jungen Aloysio Gritti jäh durch dessen Tod unterbrochen worden war, erregte nicht sehr viel Teilnahme. Gritti galt als Geschöpf des Großwesirs Ibrahim und hatte als guter Hasser selbst viele Feinde. Es gab also genug, die es ihm gönnten, daß die Siebenbürger ihn überfallen und in vierundzwanzig Stunden zu Tode gemartert hatten.
    Dagegen wurde die Freude über den persischen Sieg durch die Kunde von Chaireddin Barbarossas Niederlage sehr gedämpft.
    Des Alten Mißerfolg in Fondi wurde wohl bewitzelt, doch behaupteten auch viele, daß die Vergeudung von Kräften im italienischen Abenteuer das Unglück mitverschuldet habe. Denn der Verlust von Tunis und Algier bedeute ein Unglück für das Reich und eine schwere Beeinträchtigung der Seefahrt.
    Karl dem Fünften war es nämlich gelungen, in Goletta, die Hafenfestung von Tunis, einzudringen. Außer dem riesigen Waffenarsenal Barbarossas sowie an hundert von dessen Schiffen war auch Tunis selbst dabei in des Siegers Hand gefallen.
    Mit Bitterkeit stellte man Vergleiche zwischen der Eroberung persischer Städte und der von Tunis an.
    In Täbris und Bagdad war nicht ein einziger Einwohner getötet worden. Auf Tunis jedoch hatte Karl, der Bundesgenosse der Perser, seine Spanier losgelassen. In zwei Tagen waren deren Schwertern dreißigtausend rechtgläubige Tunesier erlegen; zehntausend aber waren als Sklaven weggetrieben worden.
    Bei sehr vielen trübte auch noch die Nachricht von Iskenders Tod die Siegesfreude. Ohne daß man wußte, wer sie gebracht hatte, machte sie die Runde durch die Stadt, und manche meinten, gerade sie werde die größten Folgen haben.
    Denn jedermann wußte, daß Iskender als Zweitkommandierender der Kandidat von Roxelane Sultana gewesen war. Die ganze Stadt empfand dessen Hinrichtung darum auch als eine schwere Niederlage von Solimans Frau. Offenbar hatte in dem Kampf zwischen ihr und Ibrahim der Großwesir gesiegt, und schon erging man sich in Vermutungen über eine grundlegende Neuordnung im Harem.
    Doch Roxelane Sultana schien sich immer noch sehr sicher zu fühlen. Jedenfalls ging sie sofort zum Angriff über.
    Mit dem ganzen Pomp eines Staatsbesuchs fuhr sie vor den Augen von ganz Konstantinopel beim Hause des Gehenkten vor, um seiner Witwe ihr Beileid auszusprechen. Dabei machte sie nur den Anfang! Die andern Sultaninnen - auch die purpurgeborenen Prinzessinnen -folgten ihrem Beispiel. Denn seit dem Tode der Walide hatte sich die Welt des Harems daran gewöhnt, in Roxelane ihr Haupt zu sehen. Und in diesem Augenblick war sie es mehr als je.
    Nur zwei Sultaninnen schlossen sich aus; Tamara und Esma.
    Statt Iskenders Witwe zu besuchen, bemühte sich Tamara Sultana zu ihrer Schwester Esma, was so gut wie ein Bündnisangebot war. Esma hatte sich in ihr Bett verkrochen, weil sie ihre rotgeränderten Augen niemand sehen lassen wollte.
    Aber Tamara abzuweisen hatte man nicht gewagt. Und so brach die ältere Schwester, ein wenig zu sehr und zu grell geputzt und ein wenig zu spitz im Gesicht, in Esmas Schlafzimmer ein, wie ein Raubvogel auf eine Maus stößt.
    Alles Trennende der letzten zehn Jahre war weggefegt.
    „Wen, glaubst du“, rief Tamara schon beim Eintreten, „wen habe ich gesehen, als ich hierher kam? Unsere Schwester Dschanfeda! Unsere Älteste! Mit ihrem ganzen Troß! Mich wundert nur, daß sie nicht noch die Küchenesel aufgeboten hat. Eine Ewigkeit habe ich an der Straßenkreuzung warten müssen, bis alles vorüber war.“
    „Kommt Dschanfeda auch her?“ fragte Esma verstört.
    „Bilde dir das nicht ein“, lachte Tamara aber nur. „Zu dir? Was sollte sie wohl bei dir? Du bist doch nicht wichtig! Nein, mein Kind. Dschanfeda macht Nino Hanum einen Besuch, deiner Nino, die du doch so sehr liebst, daß du ihr eine Hochzeitsfeier ausrichtetest, und die nun als die Witwe eines Mannes, den dein Ibrahim aufhängen ließ, eine große Persönlichkeit wurde!“
    Esma warf sich in die Kissen zurück. „Es ist schrecklich“, schluchzte sie, „alle sind sie gegen Ibrahim.“
    „Zweifeltest du daran?“ fragte Tamara ungerührt.
    Sie hatte ihren Ferhad verloren, und ihr würde es nicht das geringste ausmachen, wenn die Schwester ihren

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