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Roxelane

Titel: Roxelane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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Sdiwestern.“
    Daß Tamara hoffte, nach Roxelanes Verdrängung selbst Solimans Ratgeberin zu werden, sagte sie nicht.
    Immer dachte sie an die Macht und bis jetzt immer vergeblich. Blind und taub wurde sie über diesen Gedanken.
    Sie hätte ihn aber nicht zu verschweigen brauchen; denn Esma lehnte ohnedies ab.
    Die kleine Sultana war traurig. Sie litt darunter, daß Ibrahim und Roxelane, die beiden Menschen, die sie am meisten liebte, im Kampf gegeneinander standen.
    Sie wußte nicht, um wen sie mehr Angst empfinden müsse, um Roxelane oder um Ibrahim. Denn obwohl Ibrahim Sieger war, fürchtete sie zuweilen auch für ihn. Und das geschah immer dann, wenn sie an einen Galgen in Bagdad dachte. Roxelane hatte schlimmstenfalls Verbannung aus dem Neuen Serail zu erwarten-was allein jedoch konnte die Vergeltung für den Mord an Iskender sein?
    Esma schauderte es, und sie wußte selbst nicht warum.
    Was könne Roxelane wohl Feindliches tun? versuchte sie sich selbst zu beruhigen. Immer sei die Schwägerin nur gütig gewesen.
    „Du wagst es nicht?“ drängte Tamara. „Gegen wen willst du Ibrahim dann schützen, wenn nicht gegen sie?“
    „Es scheint, du kennst unsern Bruder wenig“, erwiderte Esma. „Ihm ein Mädchen zu bringen, hätte gar keinen Zweck.“
    „Es muß aber Zweck haben!“ erhitzte sich Tamara. „Was auch kommen mag — einer von beiden muß fallen: sie oder dein Mann.“ „Dann ... O Tamara, sei mir nicht böse! Ich möchte lieber erst noch einmal mit ihr reden.“
    Und da Tamaras Gesicht versteinerte, beschwor Esma die Schwester von neuem: „Sie ist meine Freundin, bedenk das, Tamara!“
    „Sprich mit ihr“, sagte Tamara nach einer Weile ziemlich kühl, doch wenigstens ruhig, „und wenn du zu einem Entschluß gekommen bist, laß es mich wissen.“
    „Du willst doch nicht schon gehen“, bettelte Esma, als sie Tamaras Anstalten zum Aufbruch sah. „Wenn du mich verläßt, bin ich ganz allein.“
    Ein wenig gerührt war Tamara nun doch, und so küßte sie Esma mit so viel Wärme, wie sie nur aufbringen konnte. Esma war für sie jetzt wieder die kleine Schwester, das Kind.
    „Wir werden uns öfter sehen“, versprach die Scheidende. „Jetzt aber muß ich fort.“
    „Nach Hause?“ bedauerte Esma.
    „Das auch“, erklärte Tamara und fügte ohne jede Verlegenheit hinzu: „Vorher will ich nur noch Nino Hanum mein Beileid aussprechen.“
    Zu einem letzten Kuß beugte Tamara sich nieder.
    Und dann war Esma wirklich allein.
    33
    Vor der Küste Kleinasiens ankerte auf der Reede der kleinen Insel Tenedos eine buntscheckige Flotte. Sie war das, was Chaireddin Barbarossa von seinem Kriegszug heimbrachte. Denn mit der Erstürmung von Goletta, der Kehle von Tunis, hatte Karl der Fünfte wohl an hundert von Barbarossas Schiffen erobert; aber unter ihnen waren nur wenige Galeeren der Hohen Pforte gewesen. In der Hauptsache waren dem Sieger erbeutete Kauffahrer und kleine Schnellsegler in die Hände gefallen.
    Den größten Teil der türkischen Flotte hatte Barbarossa dagegen fest in seiner Hand behalten. Er hatte sich damit durchgeschlagen und war durchaus nicht der Mann, hinterher nun etwa müßig zu bleiben. Kein Karl und kein Doria hatten ihn an der Verheerung der spanischen Mittelmeerküste hindern können, und die Insel Minorka war so gründlich von ihm ausgeraubt worden, als wenn er nicht der Besiegte, sondern der Sieger gewesen wäre.
    Und nun lagen neben den Galeeren und Galeotten vom Goldenen Horn Beuteschiffe ganz anderer Herkunft und Bauart. Die seefesten Klinkerbauten der Naus waren darunter, die wie die hansischen Koggen viereckige Rahsegel und Aufbauten wie Festungstürme trugen. Auch fehlten die größeren Ferrandinen ebensowenig wie die glattbeplankten spanischen Karavellen, die hundertriemigen wendigen Sagitien und die maltesischen Scampadien.
    Alle diese geraubten Schiffe aber waren mit Beute an jungen Menschen und Gütern angefüllt. Hatte Barbarossa auch Algier und Tunis verloren, so kehrte er doch keineswegs mit leeren Händen zurück. Trotzdem war es nicht der Wind, der ihm die Einfahrt in die Dardanellen verwehrt hätte. Aus ganz anderen Gründen ankerte er vor den sanft ansteigenden Hängen von Tenedos und zeigte nicht die geringste Lust, nach Konstantinopel zurückzukehren.
    Vielmehr war es Konstantinopel oder Stambul, die Herrin der Welt, die in der bescheidenen Gestalt einer kleinen, aber scharf gebauten Feluke bei ihm erschien. Vor der frischen Winterbrise hatte die Feluke mit

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