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Roxelane

Titel: Roxelane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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Obelisk war ein Seil gespannt worden, auf dem ein ägyptischer Tänzer sich zeigte. Und damit auch dem einfachsten Gemüt nichts fehle, versuchten zwischendurch Matrosen und Soldaten, sich Preise auf Masten zu erklettern, die mit Seife und Öl beschmiert waren. Schwerttänze, Ringkämpfe, Wettläufe, Reit- und Turnierkünste, Vorführungen mit wilden Großkatzen und Giraffen, mit Bären und Riesenschlangen, Gaukler, Schattenspieler und Possenreißer - das alles und noch viel, viel mehr wechselte mit Banketten, mit wissenschaftlichen Disputationen, mit Badegesellschaften und Konzerten, und jeder Tag endete mit nächtlicher Beleuchtung und Feuerwerk. Soliman hatte Roxelane wieder, und über drei Wochen dauerte das Fest, das der Beglückte ihr gab.
    Dabei hatte Roxelane auch noch die Freude, alle ihre Söhne um sich zu sehen. Denn Selim hatte aus Konia nach Konstantinopel kommen dürfen. Er hatte seinen Harem und, um sie den Eltern zu zeigen, die beiden Töchter mitgebracht, die ihm in diesem Jahr geboren worden waren.
    Das Urteil über der Kaiserin nunmehr ältesten Sohn war geteilt und war es um so mehr, weil man bei der Erwähnung des Schahzadeys nicht mehr von Mustafa, sondern zumeist von Selim und höchstens noch von Bajesid sprach.
    Es gab viele Leute, die wie Mirmah Selims gesunden Wirklichkeitssinn schätzten und seinen Leistungen als Regent und General Gerechtigkeit widerfahren ließen.
    Andere wieder verübelten es ihm sogar, daß er es seinem Stiefbruder Mustafa im Versemachen gleichtun wollte, nur damit er, wie man meinte, im goldenen Dichterverzeichnis unmittelbar nach seinem Vater den Reigen eröffnen könne. Seine untersetzte, wenn auch keineswegs unbeholfene Gestalt, sein breites, ziemlich gewöhnliches Gesicht erweckten ihm wenig Freunde - seine Vorliebe für den Juden Nassy und den Wein dagegen Feinde genug.
    Über seines Vaters Soliman Neigung zu einem befeuernden Trunk, eine Vorliebe, die allmählich einer eifernden Enthaltsamkeit gewichen war, hatte man immer hinweggesehen und dessen Freundschaft mit Ibrahim sogar verstanden. Denn der Grieche war nicht nur ein Mann von großen Verdiensten, sondern auch von geschliffenem Geist und ungewöhnlichem Geschmack gewesen.
    In bezug auf Joseph Nassy aber war man anderer Meinung.
    Viele betrachteten ihn schon darum mit größtem Mißtrauen, weil er im Hinblick auf seine Freundschaft mit Selim sogleich seine ganze Verwandtschaft hätte nachkommen lassen.
    Er selbst war noch als ein Dom Zuan Miquez nach Konstantinopel gekommen. Ursprünglich hatte er nämlich zu den ,Moranen“ gehört, den Juden, die in Portugal zwangsweise getauft worden waren, und seinen alten Glauben hatte er erst wieder einem ebenso reichen wie schönen Judenmädchen zuliebe angenommen. Mit dem erheirateten Geld gedachte er nun sein Glück bei Hof zu machen.
    Daß es aussichtslos sei, bis zum Kaiser Vordringen zu wollen, hatte er sich bei seinem Scharfblick selbst gesagt. Es war zu bekannt, daß Soliman die Juden nicht liebte. Darum hatte Nassy auf Selim gesetzt, hatte ihm nicht nur einen unbeschränkten Kredit eröffnet, sondern sich ihm auch durch Geschenke an Juwelen und vor allem an erlesenen Weinen angenehm zu machen gewußt.
    „Und jetzt sagt man, Selim lerne hebräisch“, lachte Dschihangir. „Man kann nie genug lernen“, meinte Roxelane.
    „Und nie genug trinken“, erwiderte Dschihangir.
    Auch Bajesid lachte.
    Er war ein so kecker und bildhübscher Junge geworden, daß Selim Grund gehabt hätte, eifersüchtig zu sein. In letzter Zeit zeigte selbst Mirmah eine große Vorliebe für ihren jüngsten Bruder, von dem es bereits hieß, daß er demnächst seinen eigenen Hofstaat bekommen werde.
    Außer Dschihangir und Bajesid waren dann nur noch Mirmah Sultana, Dede Semid und Nino zu einer heiteren Kaffeegesellschaft um Roxelane versammelt.
    „Ihr wißt doch“, fuhr Dschihangir fort, „daß Selim davon träumt, den Venezianern einmal Zypern wegzunehmen? Natürlich der Weine wegen! Nassy hat ihn auf den Geschmack gebracht, und Selim hat seinem Liebling versprochen, ihn zum König von Zypern zu machen. Selbstverständlich im Rausch! Aber der Jude hat sich sein Königswappen schon malen lassen und es in seinem Hause aufgehängt. Joseph I. König von Zypern' steht darunter. Und davor pflegt sich dann der Durchlauchtige selbst aufzupflanzen, wenn er seine Kundschaft empfängt.“
    Auch die Damen lachten, als Dschihangir nun den reichen Bankier karikierte.
    Zum Schluß allerdings

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