Roxelane
Hanum. Wofür Dede Semid schon sorgte.
Und zudem war das Neue Serail groß genug. Selbst das Hauptgebäude allein war noch eine Stadt von ineinandergebauten Palästen.
Was bedeutete es also unter diesen Umständen schon, zwei, drei Räume für die Hanum herrichten zu lassen, mochte der Padischah nun später nach ihr fragen oder nicht.
Freilich wäre die Sache noch viel einfacher gewesen, wenn Frau Dede Semid nicht so hartnäckig darauf bestanden hätte, daß Roxelanes Wohnung unmittelbar neben dem Saal ihrer Mädchenkompanie liegen müsse, wogegen sie ihrerseits für eine geziemende Bedienung der Dame sorgen wolle.
Aber gerade die angrenzenden Gemächer gehörten leider bereits zum Palast Saffieje Sultanas.
Dede Semid überwand auch diese Schwierigkeit, indem sie mit der Hofmeisterin Ihrer Hoheit sprach.
Die Würdenträgerin ließ sich wohl erst ein wenig bitten, willigte dann aber doch ein, auf dem einen Flügel zwei Räume abzutreten, um dafür auf dem andern vier weit schönere Zimmer zu erhalten.
Und dieser Tausch war ihr um so willkommener, als Beig Hanum, die Amme des Prinzen Mustafa, schon seit langem mit ihren Räumen unzufrieden gewesen war. Eine Amme aber, und gar die eines Prinzen und Schahzadeys, eines mutmaßlichen Thronfolgers also, gehörte zu den einflußreichsten Persönlichkeiten, die man sich denken konnte. Galt eine Amme doch mit ihren Milchkindern als verwandt, und darum verbot der Koran auch die Heirat, wenn Frau und Mann von derselben Amme gesäugt worden waren.
Selbstverständlich gewährte die Hofmeisterin Dede Semids Bitte erst nach einer Rückfrage bei Beig Hanum und dann nur als eine Gnade, und ebensowenig unterließ sie zu bemerken, daß alles nur geschehe, damit Seine Majestät nicht durch die Erwähnung einer so untergeordneten Person, wie es Dede Semids frühere Schülerin sei, womöglich noch belästigt werden möge.
Damit war eine Bedingung genannt worden. Denn in Wirklichkeit geschah alles nur, um ein Mädchen, das einmal Saffieje Sultanas Zorn erregt hatte, auf diese Weise in Vergessenheit geraten zu lassen. Trotzdem versprach Dede Semid alles. Sie konnte das ruhig, da sie wußte, daß Roxelane es auf das bestimmteste ablehnen würde, sich Soliman in irgendeiner Form in Erinnerung zu bringen, was jedoch
keineswegs hinderte, daß Dede Semid von ihrem seltsamen Glauben an Roxelanes Zukunft besessen blieb.
Doch danach fragte die Hofmeisterin sie nicht, und ehe die Sonne unterging, war somit alles erledigt.
Auch die Umgebung der neuen Hanum wurde bis dahin bestellt.
Als Gesellschafterin erbat sich Roxelane ihre frühere Schlafsaalgenossin Nino.
Dies dunkeläugige Mädchen mit der weißen Haut und dem gemmenhaft feinen Profil war als Kind bei der Eroberung einer griechischen Insel erbeutet worden, und wenn Roxelane über religiöse Dinge auch ihre eigenen Ansichten hatte, so wurde sie doch immer heimatlich davon angerührt, wenn jemand in denselben griechischen Glaubensübungen aufgewachsen war wie sie selbst.
Durch Roxelanes und Ninos Ausscheiden schmolz Dede Semids Kompanie auf sechs Guedlicki zusammen. Und dadurch wieder wurde eine von den vier Dienerinnen überflüssig. Die anstelligste von ihnen bekam dann auch zu ihrem nicht geringen Stolz die Beförderung als Kammerfrau bei einer wirklichen Hanum.
Außerdem ließ es sich Dede Semid selbst nicht nehmen, wenigstens nachts um Roxelane zu sein, damit es ihrem Schützling nicht an
Wärterinnen für ihre Träume fehle. Denn das war nicht etwa eine
Frage der Sicherheit, sondern der Etikette, und mit der nahm Dede
Semid es nun einmal sehr genau.
Auch der Padischah hatte seine Bettwächter, und weder im Abend-noch im Morgenlande hätte es der Würde eines Menschen höheren Standes entsprochen, allein zu schlafen. Ob es nun ein Herr oder eine Dame war - Pagen oder Hofdamen oder Dienerinnen durften im Schlafzimmer ebensowenig fehlen wie etwa eine Nachtlampe, und es gereichte Dede Semid zur Genugtuung, daß Roxelane wenigstens hierin nichts zu vermissen brauchte.
Denn sonst waren die saalartigen Zimmer noch ziemlich kahl. Viel mehr als die Bettsofas, die tags zum Sitzen dienten, als ein paar Tische, Spiegel, Teppiche, Vorhänge befanden sich nicht darin, und es war eine Annehmlichkeit, daß die Brautgeschenke Roxelane zu einem wohlhabenden, ja reichen Mädchen gemacht hatten, dem auch die Bequemlichkeit und der Prunk auf die Dauer nicht zu fehlen
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