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Roxelane

Titel: Roxelane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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danach aus, und Seine Majestät war ein Freund rascher Entschlüsse.
    Nicht nur die Minister, soweit sie mit militärischen Aufträgen beehrt worden waren, sondern auch der Großwesir, der das Heer nicht begleiten sollte, und die höchsten Staatsbeamten, die Sekretäre der Tughra, des kaiserlichen Namenszugs, die der Finanz, die Bittschriftmeister; aber auch der Mufti mit den beiden Kadiaskeren, den Heeresrichtern, und anderen hohen Ulema waren bereits drüben oder schickten sich an, mit ihrem zahllosen Gefolge den Bosporus zu überqueren.
    Der ganze Große Diwandienst stand in Kawak bereit. Denn ein Kriegsdiwan zu Pferde war angesagt, in dem letzte Entscheidungen für das Heer und das Reich getroffen werden sollten.
    Dagegen war der Kislar Aga nicht hinzugezogen worden, was vom Harem als betrübend empfunden wurde, weil es zur weiteren Folge hatte, daß auch nicht ein einziger schwarzer Eunuch zu Kawak stand. Und wenn man nun auch nicht annahm, daß der Kaiser mit der Tatarin geschlafen habe, so war es doch für die Frauen ein schwer ertragbarer Zustand, womöglich für die Dauer vieler Monate über alle Einzelheiten der Vorgänge im Köschk Hebetullah in Unwissenheit bleiben zu müssen.
    Unter diesen Umständen gewannen natürlich die kleinsten Zeichen eine Bedeutung.
    Und zu diesen Zeichen gehörte auch das Verhalten Dede Semids. Dede Semid machte ihr Versprechen wahr.
    Von einer Amtsstelle lief sie zur andern, erhob Vorstellungen, beschwor und scheute sich durchaus nicht, für Roxelane einzutreten. Das alles tat sie wie im Fieber, ohne an etwaige Folgen zu denken, und mit ihrer unverbrauchten Willenskraft erzielte sie zuletzt auch einen kleinen Erfolg.
    Sie brauchte nicht einmal erst die hohen Instanzen zu bemühen, wie sie gedroht hatte, sondern drang bereits in der Sphäre des mittleren Dienstes mit ihrem Ersuchen durch.
    Ihre sonst so vorsichtige Zurückhaltung belohnte sich jetzt. Die war zu bekannt, als daß es keinen Eindruck gemacht hätte zu sehen, wie Dede Semid sich plötzlich allen Gefahren einer Parteinahme aussetzte. Einige wenige überlegten sogar, daß Roxelane Hanum Dede Semids Zögling gewesen sei und daß die Gouvernante daher vielleicht mehr wisse als die andern. Nur so konnte sich diese Gruppe Dede Semids Haltung erklären.
    Doch bevor sich die Befürchtung verbreiten konnte, man begehe möglicherweise einen Fehler, mit der Anbetung des aufgehenden Gestirns allzulange zu warten, da sahen sich diese einzelnen bereits im Gegensatz zur allgemeinen Auffassung, die dann auch sie als die Allerweltsstimmung annahmen.
    Und die ging schließlich dahin, daß eine Hanum unmöglich wie eine Guedlicki gehalten werden könne, und daß es schon genüge, ein Werkzeug des kaiserlichen Mißvergnügens gewesen zu sein, um auf eine ehrenvollere Unterkunft Anspruch zu haben.
    Auf diese Weise trug jedermann, den es anging, vorsichtig allen Möglichkeiten Rechnung und deckte sich für den schlimmsten Fall mit schuldiger Ehrfurcht vor kaiserlicher Majestät den geschmeidigen Rücken.
    Vor allem jedoch war es eine ganz besondere Möglichkeit, die man für Roxelane noch voraussah.
    Zwar konnte sie mit Gleichgültigkeit, ja sogar in Ungnaden entlassen sein, doch eher noch rechnete man mit so etwas wie einer Zukunft für sie, in der Art der Hofzwerge etwa, die zur Belustigung der hohen Herrschaften dienten oder gar von Kulka, dem berühmten Narren der Walide, dessen Schandmaul selbst den Wesiren Respekt einflößte, wenn er dem Melancholiker Soliman bisher auch nie mehr als höchstens ein flüchtiges Lächeln hatte abnötigen können.
    Bei Roxelane aber hatte der Kaiser hellauf gelacht!
    Das wenigstens schien verbürgt.
    Und je festere Formen die Bestätigung des Gerüchts annahm, um so wahrscheinlicher wurde es allen, daß Roxelane, wenn Soliman sie nicht während des Feldzugs vergessen sollte, dazu ausersehen sei, Kulkas Ruhm zu verdunkeln.
    Wenige Stunden später erfuhr auch Hafsa Chatuns Hofnarr schon davon, daß ihm in Roxelane Hanum eine Nebenbuhlerin erstanden sei, worüber der sonst keineswegs dumme Mensch so in Wut geriet, daß er sich zu den gröbsten Ausfällen gegen die rothaarige Mißgeburt, wie er Roxelane nannte, hinreißen ließ.
    Schon bildeten sich also Parteien: hier Kulka .. . dort Roxelane.
    Aber daß die Tatarin eine Nebenbuhlerin für Saffieje Sultana sein könne - an diesem Gedanken, der mit der Zeit immer abwegiger erschien, hielt niemand mehr fest. Dagegen befriedigte man die Ansprüche der

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