Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Roxelane

Titel: Roxelane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
Vom Netzwerk:
wir ihn mit unserer lieben Esma verheirateten, wäre das andere nicht so schwer“, wagte Saffieje einen letzten Vorstoß, um dann auf einen Blick Hafsa Chatuns hin jedoch gleich wieder einzulenken. „Ich denke nur“, fuhr sie mit halber Entschuldigung fort, „daß er Esma an Jahren vielleicht besser anstehen würde als der gesetzte Achmed?“
    Der dankbare Blick, mit dem Esma ihre Schwägerin Saffieje streifte, erlosch schnell genug.
    Ibrahim hatte das Ohr des Sultans und brauchte den Harem zu wenig, als daß die Damen ihn in den Sattel gesetzt hätten. Selbst Saffieje hätte sich zu einer andern Zeit nicht dazu hergegeben. Und so dumm war sogar die harmlose Esma nicht, um nicht zu erkennen, weswegen ihre Mutter und ihre Schwestern ihn nicht wollten.
    Dann lieber Mustafa. Oder Ferhad. Oder Achmed.
    Entschieden wurde allerdings über keinen der drei; wohl aber über
    Ibrahim, nämlich dahin, daß er weder in den Diwan noch in Esmas Bett gelangen solle.
    Das war es, warum die Augen der kleinen Sultana allen Glanz verloren. Denn während sie in ihrer wohlverhangenen Kutsche gewesen war, hatte sie den jungen Mann wiederholt bei öffentlichen Anlässen gesehen. Und mochte er noch so gefährlich sein - deswegen empfand sie ihn keineswegs als weniger betörend.
    Beim Aufbruch hatten die Damen sich ausgesprochen, aber nichts beschlossen.
    Doch nun wollte Hafsa Chatun ihren Enkel sehen. Auch zeigte sich Saffieje gern als Mutter. Und überhaupt gehörte es sich, daß der Knabe kam, um seiner Großmutter die Hand zu küssen. Nur . . . war er leider mal wieder nirgends zu finden.
    Der aufgescheuchte Hofstaat des Prinzen beschwor, daß es in letzter Zeit an allen Nachmittagen so gewesen sei. Zur Stunde des Gebets sei der Prinz dann immer wieder erschienen.
    „Er wird bei seiner Amme sein“, entschied Saffieje.
    Und der Schwarm stob davon.
    Aber statt des Prinzen erschien die Amme selbst und beklagte sich bitter, daß man ihr das Kind vorenthalte. Sie tat das mit der größten Unbefangenheit, ohne sich durch die Gegenwart der allerhöchsten Herrschaften stören zu lassen.
    Die Hoheiten waren auch weit davon entfernt, daran Anstoß zu nehmen, sondern begegneten ihr mit einer Teilnahme, der nichts von Herablassung anhaftete.
    Beig Hanum gehörte eben zur Familie.
    In eine der Hofklassen wäre die große, starkknochige Frau auch nur schwer einzureihen gewesen. Wohl nur auf den Almen des kleinasiatischen Olymps mochte Beig als begehrenswert gelten. Dort hinauf ließ ihr Vater seine Großherden noch immer wie zur Zeit Osmans und Ertoghruls treiben, und dort wußte man die Fähigkeiten im festen Zupacken besser zu schätzen als im Serail.
    Aber nicht nur durch ihr Äußeres, sondern durch zwei andere Eigenschaften unterschied sie sich noch recht wesentlich von den übrigen Damen.
    Sie war eine Freie und als Freie geboren, was im kaiserlichen Harem nur die Sultanstöchter von sich sagen konnten. Die andern erhielten die Freiheit erst durch eine rechtmäßige Eheschließung.
    Der zweite Unterschied Beigs von den andern bestand darin, daß sie eine Türkin von reinem Blut war. Und das waren auch die geborenen Prinzessinnen kaum noch. Denn das Blut Osmans, das in ihren Adern wie in denen des Padischahs floß, war durch das kaukasische, serbische, slawonische, griechische und andere Blut der Ahninnen bis zur Unwahrnehmharkeit verdünnt.
    Wenn jedoch ein osmanischer Prinz schon kein Türke mehr war, so sollte er doch wenigstens eine türkische Amme haben.
    Und Mustafas Amme war sowohl die Tochter türkischer Eltern wie auch die Witwe eines türkischen Saims, eines großen kleinen Herrn, der beim Aufgebot von seinem umfangreichen Leben außer sich selbst noch dreißig und einige wohlgerüstete und gut berittene Sipahi mit ihren Knechten zu stellen hatte.
    Nur einem doppelten Unglück Beig Hanums verdankte Solimans Harem denn auch noch über die Zeit des wirklichen Ammendienstes hinaus ihre Anwesenheit: Beig hatte ihr eigenes Kind kurz nach dessen Geburt und bald darauf durch den Krieg ihren Gatten verloren, einen ritterlichen Herrn, dem sie sehr zugetan gewesen war. Seitdem galt ihre ganze Liebe ihrem ,Söhnchen“, ihrem Mustafa, dessen erste Erziehung sie argwöhnisch überwachte.
    Dagegen konnte auch Saffieje nichts tun. Wie alle andern hatte sie sich der Auffassung zu beugen, daß ihr Sohn nun einmal mit seiner Amme, seiner zweiten Mutter, verwandt sei.
    Diese zweite Mutter nun beklagte sich über das Verschwinden des Schlingels, und

Weitere Kostenlose Bücher