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Roxelane

Titel: Roxelane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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so mußten dessen Großmutter sowie dessen drei Tanten ungeküßt nach Hause fahren. Wenigstens von Mustafa konnten sie dieses Mal nicht geküßt werden.
    In völliger Ratlosigkeit blieb Saffieje mit ihren Damen zurück, und es sah ganz danach aus, als würde sich das Gewitter über eine von ihnen entladen, als Mustafas Lehrerin, die sich am meisten gefährdet fühlte, vorwurfsvoll darauf hinwies, wie der Prinz ihr schon immer ausgerissen und dann jedesmal zu Beig Hanum gerannt sei. Als eine schwache Möglichkeit des Erfolgs deutete sie dabei an, daß man vielleicht auch einmal in Beig Hanums früherer Wohnung nachsehen könne.
    Dieser Vorschlag war ganz offenbar eine der kümmerlichen Ausflüchte, wie sie eben nur die Angst hervorbringt, und schon sah die Arme ihren Hinweis einer verletzenden Ablehnung verfallen, als Beig Hanum in ihrer alttürkischen Derbheit sagte, was keine andere der Damen vor Saffieje Sultanas Ohren zu sagen sich getraut hätte. Beig Hanum nannte die Ursache ihrer an sich erfreuenden Umbehausung mit Namen, nämlich Roxelane, den neuen Stern am Himmel der Narren.
    Da erst horchte Ihre Hoheit auf.
    Närrin hin ... Närrin her! Über Roxelane hatte Soliman gelacht, möglicherweise zwar, höchstwahrscheinlicherweise sogar nur verächtlich gelacht. Das war auch Saffiejes Meinung. Immerhin fand sie, dies Geschöpf sei bei ihm gewesen, während er sie selbst, seine Gattin Saffieje, keines Abschieds gewürdigt habe.
    Das genügte!
    Unter diesen Umständen hätte Roxelane ein Eichhörnchen sein können - Saffieje hätte es gehaßt.
    Saffieje stand auf.
    Saffieje wollte sehen.

13
    Es war die Stunde Roxelanes und Mustafas.
    Wohl hatte Roxelane wegen dieser Zusammenkünfte Bedenken. Am Dnepr hätte sie einem frischgefangenen Steppenwolf auch nicht so ohne weiteres die Hand zwischen die Zähne gesteckt. Ihr unbefugter Verkehr mit dem Prinzen paßte also gar nicht zu der klugen Zurückhaltung, die sie sich aus Gründen ihrer Sicherheit selbst auferlegt hatte.
    Aber in diesem Fall überrannte das Gefühl ihre Klugheit. Hatte sie Soliman nicht, so hatte sie nun doch seinen Sohn, bei dem sie in einer kindlichen Form wiederfand, was sie am Vater kennengelernt hatte, kleine Züge, über die sie schmunzelte oder gerührt war.
    Jetzt freilich war sie genauso Kind wie Mustafa oder Mustafa genauso erwachsen wie sie.
    Beide waren ganz bei der Sache.
    Um nichts Geringeres handelte es sich nämlich, als einen Asper, eine hauchdünne, winzige Silbermünze, aus dem Handgelenk mit einer Nagaika zu treffen, die sich noch in Roxelanes Besitz gefunden hatte. Und das war nun eine Kunst, zu deren Ausübung der jungen Dame im Harem wenig Gelegenheit gegeben worden war.
    Es war erstaunlich, daß sie es trotzdem nicht verlernt hatte.
    Mustafa schämte sich dagegen selbstverständlich sehr, daß ein Mädchen so etwas könne und er nicht.
    „Anpacken am äußersten Ende, den Stiel - schau her!“ erläuterte Roxelane ganz rot vor Eifer. „So! Und nun, wenn die Schnur nach oben schwingt, gerade dann, wenn sie schwebt, also gleichsam steht -zielen - runterreißen und ...!“
    Und der Asper wirbelte tatsächlich durch die Luft.
    „Alai, Alai! Schrecklich schön!“ rief Mustafa mit einer Begeisterung, die er seiner Persisch-Lehrerin niemals gezollt hätte.
    Es war in jeder Hinsicht ein Höhepunkt für das Mädchen sowohl wie für den Jungen.
    Um so beklagenswerter war es, daß Roxelanes Erfolg bei den ungesehenen Angehörigen ihres eigenen Geschlechts überhaupt keinen Anklang fand.
    Besonders nicht bei Saffieje.
    Unbemerkt war sie mit ihren Damen eingetreten, war Zeuge des kindlichen Jubels ihres Sohnes geworden, und nun war es alles andere als Jubel, was die Sultana zu verbreiten beabsichtigte.
    Roxelane war ohne ihren Kaftan. Der größeren Bewegungsfreiheit wegen stand sie nur im Hemd und in der Hose da, beide durch einen Gürtel zusammengehalten.
    Und alle Frauen aus Saffiejes Gefolge sahen Roxelane so, sahen ihren schlanken, noch halb kindlichen Körper mit den festen und doch schon reizvoll betonten Formen, sahen ihre gesunde Haut mit den frischen Farben und das Rotgold ihrer Haare. Aber alle sahen auch, wie anders ihr Gesicht war als sonst die Gesichter im Harem, und darum konnte jede in ihr nur eine unschöne, halbwilde Barbarin erblicken, die man in unzureichender Kleidung bei unziemlichem Tun überrasche.
    Auch Saffiejes Eifersucht konnte und wollte nichts anderes wahrnehmen, ohne daß sich ihr Haß deswegen im mindesten

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