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Roxelane

Titel: Roxelane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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gelegt hätte. Ihrer leidenschaftlichen Seele war die Unsicherheit der letzten Tage eine Marter gewesen, und schwer war es ihr gefallen, sie ohne ein äußeres Zeichen von Bedrücktheit zu ertragen. Um sich dann aber auch noch selbst für Ibrahim einsetzen zu können - dazu hatte sie sich geradezu Gewalt antun müssen!
    Welchen Nutzen jedoch durfte sie im Hinblick auf Soliman von Roxelane erwarten? Gar keinen. Weniger als das. Für Saffiejes unbeirrbares Gefühl war Roxelane eine Feindin. Und mochte diese Feindin auch nur ein Werkzeug von Solimans Rache gewesen sein -für die Sultana genügte es, daß ihr Gatte sich so weit habe vergessen können, diesem abstoßenden Mädchen eine ganze lange Nacht hindurch für läppische Possenreißereien seine Zeit zu schenken, für eine Nacht, die ihr selbst gehört habe!
    Gerade weil sie Roxelane jede Gleichberechtigung absprach, fühlte sich die stolze Frau nur um so mehr dadurch beschimpft, daß sie selbst, wenn auch nur für eine Nacht, von ihr verdrängt worden sei. Die ganze Tiefe dieser Demütigung aber erschöpfte sie erst jetzt, da sie den Mißbrauch zu erleben glaubte, den diese Hergelaufene, diese dem Harem Aufgedrängte mit dem betreibe, was Saffieje als ihr ausschließliches Eigentum ansah, und was ihr auch tatsächlich nach Solimans Liebe am höchsten stand.
    Denn für Saffieje war es ausgemacht, daß die Verhaßte auf dem Umweg über den Sohn ihre eigene Niedrigkeit wieder dem Vater Ln Erinnerung bringen wolle.
    Als wenn der Sohn nicht ihr, Saffiejes, Kind sei!
    Das Pfand ihrer und Solimans Liebe!
    Das Pfand, das Soliman immer wieder zu ihr, Saffieje, zurückbringen müsse. Und das man ihr jetzt stehlen wolle! Das Kind und den Mann, beide wolle man ihr stehlen, schrie es in Saffieje, und der kaiserliche Thronfolger, dessen Mutter sie sei, habe durch den Atem dieser Ausgestoßenen aus Bagdscheserai eine Befleckung erlitten.
    Das alles empfand Saffieje, als sie Mustafa von Roxelanes Seite riß, und was sie empfand, brach mit unwiderstehlicher Wildheit aus ihr hervor.
    Ängstlich und geduckt verharrten ihre Damen. Denn die Herrin schleuderte manches heraus, was zu verschweigen schicklicher gewesen wäre.
    Roxelane aber blieb regungslos.
    Sie sah sich überfallen, sah sich einer Gefahr gegenüber, größer als alle Gefahren der Steppe. Ganz wach war sie. Bis ins letzte war sie von jener tierhaften Wachsamkeit durchdrungen, die nicht denkt, sondern das Richtige tut.
    Saffieje aber nahm der Gegnerin Erstarrung für Trotz.
    „In einen Sack gehörst du genäht“, rief sie, „mit einer Katze in einen Sack und ersäuft!“
    Damit schlug sie zu.
    Mitten in Roxelanes Gesicht krallte sie ihre Nägel und riß sie herunter.
    Roxelane fühlte es nicht.
    Da stand wohl eine Roxelane, Aber die eigentliche Roxelane, die wirkliche, stand unsichtbar daneben.
    Und es sei seltsam, ging es der durch den Sinn, daß diese Sultana mit nichts anderem zu drohen wisse als mit dem Sack, genau wie die arme Marinka auf der Kosakeninsel Chortiza. Doch deren Sohn habe wie tot auf der Erde gelegen. - Wie nun aber, dachte die wirkliche Roxelane weiter, wenn Saffieje auch nur ihren Sohn verteidige?
    „Du Schamlose, du!“ schrie Saffieje.
    Und nun gab es nur noch eine einzige Roxelane, die sichtbare, die mit ihrem Fleisch und Blut den Schlag fühlte - die fühlte, wie ihr das Hemd von den Schultern gerissen wurde, und die nun schützend die Arme über ihrer Brust kreuzte.
    Sonst tat Roxelane nichts.
    Ein Wissen war in ihr, daß nichts tun, sich nicht an der Sultana vergreifen, ihr stärkster Gegenschlag sei. Während ihr das Blut über die Wangen lief, sah sie sich selbst bereits als Siegerin und Saffieje vor sich am Boden. Roxelane wußte keineswegs, auf welche Weise das wohl geschehen könnte; aber daß es so sein würde, daran glaubte sie. Inzwischen hatte sich jedoch Saffiejes Hofmeisterin vor Roxelane geworfen.
    „Hoheit!“ beschwor sie ihre Herrin. „Hoheit werden sich doch nicht mit Ihren erlauchten Händen an diesem Mädchen vergeuden! Das ist Sadie der Frau Dede Semid. Man wird der Gouvernante aufgeben, die Unschickliche zu bestrafen.“
    Im Ernst war das letzte die geringste Sorge der Dame. Aber auf eine Beleidigung Roxelanes mehr kam es ihr nicht an. Wogegen ihr sehr daran lag, ihre Sultana all diesen Peinlichkeiten zu entziehen.
    Im Augenblick wurde das aber durch Dede Semid verzögert, deren Name soeben noch von der Hofmeisterin ins Treffen geführt worden war und die jetzt sehr zur

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