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Rubinrot

Rubinrot

Titel: Rubinrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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Ich war sechzehneinhalb. Genauso alt wie Charlotte. In meinem Alter war Marie-Antoinette schon längst verheiratet gewesen. (Das wusste ich nicht aus dem Geschichtsunterricht, sondern aus dem Film mit Kirsten Dunst, den Leslie und ich auf DVD angeschaut hatten.) Und Johanna von Orleans war sogar erst fünfzehn, als sie . . .
    »Ach nein?« Gideons Stimme triefte vor Spott. »Was weißt du denn zum Beispiel über Geschichte?«
    »Genug«, sagte ich. Hatte ich nicht gerade erst ein A im Geschichtstest gehabt?
    »Tatsächlich, ja? Wer regierte England nach Georg I.?«
    Ich hatte keinen blassen Schimmer. »Georg II.?«, sagte ich auf gut Glück.
    Ha! Er sah enttäuscht aus. Es schien zu stimmen.
    »Und von welchem Königshaus wurden die Stuarts 1702 abgelöst und warum?«
    Mist! »Ähm - das hatten wir noch nicht«, sagte ich.
    »Nee, ist klar.« Gideon wandte sich an die anderen. »Sie weiß nichts von Geschichte. Sie kann noch nicht einmal angemessen sprechen. Egal, wohin wir springen, sie würde auffallen wie ein bunter Hund. Außerdem hat sie überhaupt keine Ahnung, worum es geht. Sie wäre nicht nur vollkommen nutzlos, sie wäre eine Gefahr für die ganze Mission!«
    Wie bitte? Ich konnte noch nicht mal
angemessen
sprechen? Mir fielen aber gerade einige sehr angemessene Schimpfwörter ein, die ich ihm gern an den Kopf geworfen hätte.
    »Ich denke, du hast deine Meinung deutlich genug zum Ausdruck gebracht, Gideon«, sagte Mr de Villiers. »Jetzt wäre es interessant zu erfahren, was der Graf zu alldem zu sagen hat.«
    »Das könnt ihr nicht tun.« Das kam von meiner Mum. Ihre Stimme klang plötzlich ganz erstickt.
    »Der Graf ist sicher hocherfreut, dich kennenzulernen, Gwendolyn«, sagte Mr George, ohne ihren Einwurf zu beachten. »Den Rubin, die Zwölfte, die Letzte im Kreis. Das ist ein feierlicher Moment, wenn ihr beide euch gegenübertretet.«
    »Nein!«,
sagte Mum.
    Alle schauten sie an.
    »Grace!«, sagte meine Großmutter. »Nicht schon wieder!«
    »Nein«, wiederholte Mum. »Bitte! Es ist doch nicht nötig, dass er sie kennenlernt. Es muss ihm reichen, dass sie mit ihrem Blut den Kreis komplett macht.«
    »Komplett gemacht
hätte«,
sagte Dr. White, der immer noch in der Akte blätterte. »Wenn wir nach dem Diebstahl nicht noch einmal ganz von vorne hätten anfangen müssen.«
    »Wie dem auch sei: Ich möchte nicht, dass Gwendolyn ihn kennenlernt«, sagte Mum. »Das ist meine Bedingung. Gideon kann das allein übernehmen.«
    »Es liegt sicher nicht bei dir, darüber zu entscheiden«, sagte Mr de Villiers und Dr. White rief:
»Bedingungen!
Sie stellt
Bedingungen!«
    »Aber sie hat recht! Niemandem ist damit gedient, wenn wir das Mädchen da mit reinziehen«, sagte Gideon. »Ich werde dem Grafen erklären, was passiert ist, und ich bin sicher, er ist meiner Meinung.«
    »Er wird sie auf jeden Fall sehen wollen, um sich selber ein Bild machen zu können«, sagte Falk de Villiers. »Das ist nicht gefährlich für sie. Sie muss nicht mal das Haus verlassen.«
    »Mrs Shepherd. Ich versichere Ihnen, Gwendolyn wird nichts zustoßen«, sagte Mr George. »Ihre Meinung über den Grafen beruht vermutlich auf Vorurteilen, die auszuräumen uns allen eine große Freude wäre.«
    »Ich fürchte, das würde Ihnen nicht gelingen.«
    »Sicher möchtest du uns mitteilen, aufgrund welcher Informationen du den Grafen - einen Menschen, dem du nie begegnet bist - derart ablehnst, liebe Grace«, sagte Mr de Villiers.
    Mum presste ihre Lippen aufeinander.
    »Wir hören!«, sagte Mr de Villiers.
    Mum schwieg. »Es ist . . . nur so ein Gefühl«, flüsterte sie schließlich.
    Mr de Villiers verzog seinen Mund zu einem zynischen Lächeln. »Ich kann mir nicht helfen, Grace, aber ich habe dauernd den Eindruck, du verschweigst uns etwas. Wovor fürchtest du dich denn?«
    »Wer ist dieser Graf überhaupt und warum soll ich ihn nicht kennenlernen?«, fragte ich.
    »Weil deine Mutter
so ein Gefühl
hat«, sagte Dr. White und zupfte sein Jackett zurecht. »Der Mann ist übrigens schon weit über zweihundert Jahre tot, Mrs Shepherd.«
    »Und das soll er auch bleiben«,
murmelte Mum.
    »Der Graf von Saint Germain ist der fünfte der zwölf Zeitreisenden, Gwendolyn«, sagte Mr George. »Du hast vorhin im Dokumentenraum sein Porträt gesehen. Er ist derjenige, der die Funktion des Chronografen überhaupt erst begriffen und die alten Schriften aufgeschlüsselt hat. Er fand nicht nur heraus, wie er mit dem Chronografen in jedes beliebige Jahr,

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