Rubinroter Schatten - Frost, J: Rubinroter Schatten - Eternal Kiss of Darkness (Night Huntress World/ Cat & Bones Welt 2)
ausgerechnet Gesetzeshüter gewesen, hätte Mencheres es dennoch riskiert.
Gorgon kam in den Garten. Wie erwartet folgte Radjedef ihm, statt abzuwarten, bis Gorgon ihn ankündigte.
» Herr, du hast Besuch«, verkündete Gorgon.
» Danke«, antwortete Mencheres. Gorgon trat den Rückzug an, bevor der Gesetzeshüter ihn unwirsch dazu auffordern konnte. Er hatte nicht zum ersten Mal mit Radjedef zu tun.
» Menkaure«, sagte Radjedef, Mencheres bei seinem Geburtsnamen nennend. » Ich bin überrascht, dass du nicht versucht hast, deinen Aufenthaltsort vor mir geheim zu halten.«
» Ich bin deiner Spielchen müde, Radje«, gab Mencheres zurück, sich der Kurzform von Radjedefs Namen bedienend, die dieser als Kind schon gehasst hatte.
Die Lippen seines Widersachers zuckten so leicht, dass es vermutlich niemandem aufgefallen wäre. Mencheres aber bemerkte es und lächelte in sich hinein. Nach viereinhalb Jahrtausenden war Radjedef noch immer nicht über seine kindlichen Komplexe hinweg. Hätte er sie verarbeitet, würden sie sich heute vielleicht als Freunde, nicht als Feinde gegenüberstehen.
» Niemandem bereiten Spiele mehr Spaß als dir«, erwiderte Radjedef kühl und setzte sich ungebeten zu Mencheres. Mit einer ausladenden Handbewegung deutete er in Richtung Haus. » Welch eine erbärmliche Unterkunft. Ist dein Aufenthalt hier so eine Art Buße?«
Mencheres zog gelangweilt die Augenbrauen hoch. » Nicht einmal du würdest nur vorbeikommen, um dich über meine gegenwärtige Wohnsituation lustig zu machen.«
Radjedef lächelte. » Ich habe Kontakt zu vielen Quellen aufgenommen, alter Freund. Man erzählt sich ganz schreckliche Dinge über dich. Wiederholter Diebstahl. Mord. Einkerkerung. Schwarze Magie. Gegen wie viele Gesetze, glaubst du, hast du allein in diesem Jahr schon verstoßen?«
» Wären deine Quellen verlässlich, würdest du mir diese Frage vor dem Rat statt unter vier Augen stellen«, antwortete Mencheres gelassen. » Du hast keinerlei Beweise gegen mich in der Hand. Hattest nie welche. Such dir einen neuen Zeitvertreib, Radje. Wii soll äußerst unterhaltsam sein.«
» Jeder weiß, dass du deine Gemahlin umgebracht hast, indem du durch schwarze Magie Geister heraufbeschworen und sie ihr auf den Hals gehetzt hast«, verkündete Radjedef streng.
Mencheres zuckte nur mit den Schultern. » Wenn alle es sagen, dürftest du es leicht beweisen können.«
» Du weißt, dass alle, die Patras Ermordung beigewohnt haben, dir ergeben sind«, antwortete Radje mit einem Aufflackern purer Bitterkeit in der Stimme.
Mencheres hatte also angeblich Gespenster auf seine Gemahlin losgelassen… Na ja, ganz so war es nicht gewesen. Doch die Tatsache, dass die schwerste Anschuldigung, die Radjedef gegen Mencheres erheben konnte, größtenteils der Wahrheit entsprach, Radjedef aber trotzdem nichts nützte, hätte Mencheres fast ein Lächeln ins Gesicht gezaubert.
Fast.
» Was wirst du tun, Radje, wenn ich nicht mehr als Hassobjekt für dich zur Verfügung stehe?«
Ein Leuchten erschien in Radjedefs schwarzen Augen. » Ich habe nicht vor, dich umzubringen, alter Freund. So würde ich mein Ziel nicht erreichen… und es wäre auch eine zu große Gnade für dich.«
» Vielleicht bin ich aber dennoch bald nicht mehr hier«, murmelte Mencheres in einer seltenen Anwandlung unbedachter Offenheit.
Radjedef lächelte. » Mir blutet das Herz bei dem Gedanken.«
Nicht so sehr, wie wenn ich es dir mit Silber durchbohren würde, dachte Mencheres finster. Die Vorstellung war zwar verlockend, aber eine solche Tat hätte schwerwiegende Folgen gehabt. Die Gesetzeshüter waren das zentrale Machtorgan in der Vampirgesellschaft. Mencheres hätte einen anderen Meister umbringen können und lediglich einen Krieg zwischen sich und den Verbündeten des anderen riskiert. Tötete er aber einen Gesetzeshüter, hatten alle Vampire Grund, sich gegen ihn zu verbünden. Nach den letzten Kriegen, in die er verwickelt gewesen war, hatte Mencheres zu viele Feinde, die nur darauf warteten, dass er einen solch dummen Fehler beging, was er natürlich nicht tun würde. Nicht solange Bones und andere, die ihm lieb waren, die Konsequenzen würden tragen müssen.
» Ich bin müde«, sagte Mencheres. In diesem Augenblick spürte er das Gewicht all seiner Lebensjahre auf sich lasten; der endlose Zwist, die Schuld, die Mühsal, alles wurde ihm plötzlich zu viel. Mit einem Mal wollte er Radjedef wissen lassen, dass er seine ausgefeilten Rachepläne
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