Ruby und Niall
Tequila hoch und Ethan und Niall schleppten sie an den Straßenrand und gaben acht, dass sie sich nicht auf die Schuhe kotzte. Niall hob blinzelnd sein Gesicht in den dunklen Himmel. Er konnte eine Menge ertragen, aber kotzende Frauen gehörten nicht dazu. Ruby entschuldigte sich undeutlich, murmelte, dass sie Okay sei, und fragte dann mit erstaunlich klarer Stimme: "Was willst du in Boston? Warum ausgerechnet Boston?" Als würde diese Stadt ihr besondere Kopfschmerzen bereiten.
"Ich hab ein paar Freunde da", sagte Niall, "da komme ich besser über die Runden, hoffe ich."
"Kein besseres Pflaster für eine Monstershow."
Was weißt du schon von Monstershows
, dachte Niall. Er dachte daran, wie sie mit dem Barkeeper geknutscht hatte, und wünschte sich, sie hätte diese bunt gestrickte Mütze nicht auf dem Kopf. Diese wundervolle Haarfarbe. Es war nicht gefärbt, da kannte er sich aus. In ihrem Gesicht waren einige Sommersprossen, die im Sommer sicher noch deutlicher wurden. Vielleicht zogen sie dann über die Stirn, über die Wangen und den Nasenrücken. Er hatte gelogen, als er gesagt hatte, dass Bier ihm Pickel machte. Bier war zu mühselig, wenn man sich versenken wollte.
Das Geld, was er vom Mexikaner für das Eisbärenfell bekommen hatte, steckte noch in seiner Hosentasche. Ethan hatte die Flasche Tequila bezahlt und gesagt, sie würden in der WG abrechnen und Niall dachte, dass er das im Suff vergessen würde.
"Wenn das Bein wieder Okay ist, arbeite ich wieder als Fahrer", sagte er.
"Ich möchte in mein Bett", murmelte Ruby. Als sie vor der Olson-Pension standen, sagte Niall, er würde draußen vor der Tür warten und Ruby weitere Situationen ersparen, die ihr später peinlich sein könnten. Er rauchte eine Zigarette, stand dort an die Wand gelehnt und hielt das Gewicht auf die Krücke gestützt. Nicht ein Wagen kam in der Zeit vorbei, die Ampelanlagen waren ausgeschaltet und nur ganz aus der Ferne ertönte das Bellen eines Hundes. Es dauerte nicht lange und Ethan kam zurück.
"Hab sie ins Bett gepackt", sagte er, "sie wird den Tag morgen verfluchen und sich vermutlich wundern, wer ihr die Schuhe und die Hose ausgezogen hat." Er grinste.
"Du hast dich anständig benommen, nein?", sagte Niall, ließ Ethan an seiner Zigarette ziehen.
"Reden alle beim Wanderzirkus so wie du?" Ethan ahmte Nialls Betonung nach. Sie schlichen mitten auf der Straße zur Talbot Street weiter, weil die dort Bahnen besser geräumt waren.
"Das ist so eine ähnliche Frage wie die nach dem Namen vom Mexikaner."
"Deshalb willst du zurück nach Boston."
In der Küche der WG entdeckten sie Luke, der den Kühlschrank geplündert hatte und bei Kerzenlicht inmitten der angebrochenen Verpackungen und Resten saß.
"Diesmal nicht festgenommen worden?", fragte Ethan. Niall hinkte ins Bett. Er hatte einen Platz auf der Couch im Flur gefunden, zog sich den einen Schuh aus und zog sich die gestreifte Decke über den Kopf. Er konnte noch eine ganze Weile das Gespräch aus der Küche hören. Sie unterhielten sich über Motive, die Luke an irgendwelche Wände gesprüht hatte.
Rubys Sonntag begann um halb elf mit einem dicken Kopf und schlechter Laune. Sie hockte sich in die Dusche, weil sie unsicher auf den Beinen war, ließ das Wasser auf sich herunterregnen, bis sie sich besser fühlte, zog sich an und lüftete das Zimmer. Es roch wie in einer Destille. Der erneute Anruf ihrer Mutter hatte sie wütend gemacht, aber das war auch schon alles. Ein schlechtes Gewissen hatte sie nicht, es war nicht ihre Schuld, dass alles so gekommen war.
Mrs. Juárez klopfte bei ihr an und fragte, ob sie auf die beiden Kleinen aufpassen könne. Ruby saß zwei Stunden mit den Mäusen zusammen, spielte mit ihnen und zog ihnen die Winterausstattung an, weil sie draußen einen Schneemann bauen wollten. Gemeinsam zogen sie Mr. Ice einen alten Schal an, machten ihm Mund, Augen und eine Nase aus zerbrochenen Ästen.
"Er hat keine Finger", sagte das Mädchen weinerlich, als habe sie Mitleid mit einem behinderten Schneemann.
"Das macht nichts", sagte Ruby, "er braucht keine Finger. Hunde haben auch keine."
"Er ist ein Schneemann, kein Schneehund. Er braucht Finger." Sie war den Tränen nahe und ihr Bruder schmollte, weil sie sich als Heulsuse mal wieder in den Vordergrund drängte.
"Okay", sagte Ruby. Mit einem Kind an jeder Hand marschierte sie in den Supermarkt und kaufte ein Paar Haushaltshandschuhe aus Gummi. Diese füllten sie mit Schnee und steckten sie an Mr. Ice's Seiten.
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